zum Hauptinhalt
Verbraucherschützer Klaus Müller mit der Musterfeststellungsklage.
© dpa

Verbraucherschützer Klaus Müller zur VW-Klage: "Wir hoffen, dass Volkswagen nicht zu sehr taktiert"

Klaus Müller, Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, spricht im Interview über seine Erwartungen an die erste Musterfeststellungsklage.

Herr Müller, fahren Sie auch einen manipulierten VW-Diesel?

Nein, wir haben zwar auch einen Volkswagen, aber einen Benziner – eine Familienkutsche aus dem Hause Skoda.

Dann haben Sie es besser als die Millionen VW-Kunden, die auf ihren schmutzigen Dieselautos sitzen. Wie viele Menschen werden bei Ihrer Musterfeststellungsklage gegen VW mitmachen?

So ganz genau wissen wir das nicht. Die Musterfeststellungsklage ist ja ein neues Instrument. Derzeit haben über 55000 Menschen unseren Newsletter abonniert und interessieren sich für die Klage. Davon muss man wahrscheinlich ein paar Hundert abziehen: Anwälte von Volkswagen, Journalisten und andere Interessierte. Aber selbst dann kann man wohl getrost davon ausgehen, dass die Musterfeststellungsklage ein großer Erfolg wird. Auch wenn sie zugegebenermaßen etwas umständlich ist. Wir haben immer gefordert, auf das Klageregister zu verzichten und die Bindungswirkung erst nach einem Urteil zu erzielen.

Eine größere Öffentlichkeitswirkung als den Fall VW hätte sich die Musterfeststellungsklage nicht wünschen können, oder?

Richtig ist, dass VW der politische Katalysator war. Ohne diesen Vorfall hätte es keine Mehrheit im Deutschen Bundestag für das neue Gesetz gegeben. Andererseits ist ein Fall wie VW nicht typisch für die Musterfeststellungsklage, weil er sehr komplex ist. Der VZBV leistet bei der ersten Musterfeststellungsklage Pionierarbeit. Das wäre bei einem politisch und emotional weniger aufgeladenen Fall sicher einfacher gewesen.

Sie fangen jetzt mit VW an, kommt als nächstes Daimler an die Reihe?

Schuster bleib bei deinen Leisten. Der VZBV konzentriert sich jetzt mit Unterstützung des ADAC erst einmal auf VW, weil dieser Fall zeitlich der dringendste ist. Ende dieses Jahres werden viele Fälle verjähren, wenn die Betroffenen nichts tun. Deshalb drängt die Zeit. Gut wäre, wenn Volkswagen bei seiner bisherigen Taktik bleibt und versucht, seine Unschuld vor Gericht zu beweisen. Wir hoffen, dass der Konzern nicht mit Prozesstaktiken die Eröffnung des Klageregisters hinauszögert und dass wir uns endlich in der Sache auseinandersetzen können.

Eigentlich war die Musterfeststellungsklage für Alltagsärgernisse gedacht. Fälle, die viele Menschen betreffen, aber in denen es jeweils um kleine Summen geht. Wen haben Sie auf der Liste: Energieversorger, Banken, Airlines?

Sie haben Recht. Eigentlich zielt diese Form der Sammelklage in Deutschland auf Fälle, in denen der Schaden für Verbraucherinnen und Verbraucher zwischen 50 und 1500 Euro liegt. Das ist die klassische Schadensgröße, bei der man sich als Verbraucher tierisch ärgert. Für viele Menschen ist das viel Geld, aber dennoch würden sie deswegen nicht vor Gericht ziehen. Insofern sind die Klassiker für die Musterfeststellungsklage Fälle, in denen Verbraucherzentralen schon in der Vergangenheit erfolgreich geklagt haben – beispielsweise gegen zu hohe Strompreise oder falsche Bankabrechnungen. Wir haben oft vor dem Bundesgerichtshof Recht bekommen, aber davon konnten nur sehr wenige Verbraucher profitieren. 99,9 Prozent der Geschädigten sind leer ausgegangen. Das soll sich künftig ändern.

Haben Sie konkrete Pläne?

Wir haben viele Ideen, aber wir müssen uns jetzt erst einmal um VW kümmern. Das bindet zurzeit unsere Ressourcen komplett. Wir freuen uns daher über zusätzliche Finanzmittel im sechsstelligen Bereich und zwei neue Stellen für die Umsetzung der Musterfeststellungsklage – jetzt können wir ein sechsköpfige Team aufbauen. Das wurde am Donnerstag letzter Woche im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages beschlossen. Damit können wir unsere Aufgabe als klagebefugter Verband im Rahmen der Musterfeststellungsklage wahrnehmen.

Zur Startseite