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Allison Dring und Daniel Schwaag. Im Hintergrund hängt ein "Prosolve"-Element an der Wand mit den charakteristischen Ringen
© Mike Wolff

Berliner Architekten-Duo "Elegant Embellishments": Wie man aus Umweltverschmutzung Häuser baut

Im Berliner Büro der Architekten Allison Dring und Daniel Schwaag entstehen Fassadenelemente, die Emissionen aus der Luft filtern. Und die Elemente sind aus einem ganz und gar ungewöhnlichen Stoff.

Die Geschichte von Daniel Schwaag und Allison Dring beginnt in London. Dort lernten sich die beiden kennen. Sie kommt ursprünglich aus Kalifornien, er aus Bayern, beide studierten für einige Zeit in der britischen Metropole Architektur. "In so einer großen Stadt kommt man mit all den Nachteilen von Megacitys in Berührung", sagt Schwaag. In dieser Zeit entstand die Idee eines funktionalen Elements für Fassaden. "Wenn man durch eine Stadt wie zum Beispiel Peking läuft, dann merkt man, wie verpestet die Luft ist, aber die Architektur ignoriert das!", kritisiert Schwaag. "Heute sollten Gebäude mehr Anforderungen erfüllen als uns nur ein Dach über dem Kopf zu bieten", ist er überzeugt. Die beiden experimentierten mit ersten Modellen herum, waren damit immer wieder auf Ausstellungen wie der London Architecture Biennale im Jahr 2006 vertreten.

2009 zogen Schwaag und Dring nach Berlin und gründeten Elegant Embellishments Ltd. Der Start-up-Boom in der Hauptstadt und die günstigen Mieten zogen sie an. Das Büro der beiden liegt in der Axel-Springer-Straße, Betonfußboden, Whiteboard an der Wand, ein Rennrad dagegengelehnt. Hier erfanden sie "Prosolve". Das sind Fassadenelemente, die Umweltschmutz aus der Luft filtern können. Die Elemente erinnern an übergroße Poren. "Das ist Biodesign", sagt Schwaag. Er steht auf und greift etwas aus dem Regal, das aussieht wie ein Stein, etwa so groß wie ein Tischtennisball. "Prosolve imitiert ein Korallen-Skelett, wie das hier", sagt er. Das Skelett hat lauter Löcher und erinnert tatsächlich an das Design von Prosolve. Oder eher anders herum: Man kann sehen, wie viel sich die beiden für Prosolve von dem Meeresbewohner abgeschaut haben. "Korallen sind vom Wasser umgeben und können Nährstoffe aufnehmen, egal von woher sie kommen", erklärt Dring. Die Prosolve-Elemente sind strahlend weiß, weil sie mit Nano-Titandioxid beschichtet sind. Das wandelt die Stickoxide in der Luft zu Kalziumnitrat um, das an der Fassade kleben bleibt und mit dem nächsten Regen abgewaschen wird. Am Boden düngt es dann die Pflanzen.

Nachhaltigkeit als Design-Parameter

Für Schwaag und Dring ist Nachhaltigkeit vor allem ein Design-Parameter. "Wir sind keine Gutmenschen", sagt Schwaag und lächelt. Ihre Motivation ist auch nicht das Geld - es wirkt eher, als treibe die beiden vor allem die Lust am Tüfteln, die Lust daran, neue Gedanken zu denken und spielerisch Lösungen für Probleme zu finden.

Im Laufe ihrer Arbeit ist ihnen eines bewusst geworden: Die Klimawandeldebatte wird falsch geführt, weil sie sich nur auf die zukünftigen CO2-Emissionen bezieht. "Dass wir alle aufhören, Auto zu fahren, wird nicht geschehen, also muss man andere Wege gehen", sagt Schwaag. "Was wir entwickeln, muss mit unserem Lebensstil vereinbar sein, sonst setzt es sich nicht durch." Und selbst wenn es der Weltbevölkerung gelänge, ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren, sei es dann noch immer fraglich, ob das ausreiche, um die zusätzliche Erwärmung der Erde auf unter zwei Grad zu drücken. Die beiden sind überzeugt davon, dass Reduktion der Emissionen nur der halbe Weg ist. Die andere Hälfte: Die emittierten Stoffe aus der Atmosphäre filtern.

Baumaterial und Energie gewonnen

Allerdings hat Prosolve einen kleinen Schönheitsfehler; die Elemente werden aus Kunststoff gefertigt, sind also erdölbasiert. Also machten Schwaag und Dring sich daran, ein Material zu entwickeln, das besser zu der nachhaltigen Philosophie von Prosolve passt. Moderne Kunststoffe verwarfen sie schnell, denn die bestehen meist aus Stärke. Und um die herzustellen, muss man pflanzliche Rohstoffe anbauen, und dann tritt die Plastikherstellung in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion.

Bei ihren Versuchen stießen die beiden auf den Grundstoff Kohle: Wenn man Pflanzen kontrolliert verkohlt, kann man den darin gebundenen Kohlenstoff fixieren. "In der Pflanze ist er nur so lange gebunden, bis sie stirbt", sagt Schwaag. "Kohle selbst hingegen ist sehr stabil, man kann den Kohlenstoff für tausende Jahre binden." Aus der so gewonnenen Kohle fertigen die beiden in Zusammenarbeit mit der Universität der Künste und der Technischen Universität achteckige Platten, die zu 70 Prozent daraus bestehen. Mit diesen Platten kann man Fassaden verkleiden, sie haben eine sehr gute Isolierwirkung, "Biochar" haben die beiden Architekten sie getauft. Bei der Verkohlung entsteht gleichzeitig Wärme. "Auf diese Weise bekommen wir Baumaterial und Energie", sagt Dring.

Den Kreis geschlossen

Die Prototypen der Platten sind auch tatsächlich pechschwarz. "Im Moment möchten wir noch, dass man sieht, dass sie aus Kohle bestehen", sagt Schwaag. Später sollen sie dann auch mit dem Nano-Titandioxid beschichtet werden. Besonders teuer sind die Platten übrigens nicht. "Sie kosten ähnlich viel wie herkömmliche Materialien", sagt Schwaag.

Extra angebaut werden sollen die Pflanzen aber nicht, denn dann wäre ja nicht viel gegenüber dem modernen Kunststoff gewonnen. Stattdessen ist anderes denkbar: Heute werden die Stümpfe von abgeernteten Pflanzen stehen gelassen und später untergepflügt. Einen Teil dieser Stümpfe könnte man stattdessen verkohlen. "Unser Ansatz ist interessant, weil wir mit bereits vorhandenen Materialströmen arbeiten", sagt Schwaag.

Und wenn die Gebäude abgerissen werden, in denen Biochar verbaut wurde, kann man die Platten einfach schreddern und in der Erde vergraben. "Man könnte sie aber auch in leere Kohleminen bringen", sagt Schwaag. Die beiden hätten dann den Kreis geschlossen.

Weitere Informationen: madefromair.info

Dieses Stück erschien zuerst im Wirtschaftsmagazin "Köpfe" aus dem Tagesspiegel-Verlag, das Sie hier bekommen können: Tagesspiegel Köpfe bestellen

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