SpaceX und Elon Musk: Wie in guten alten Zeiten - und wie in Hollywood
Die Amerikaner fliegen wieder ohne russische Hilfe zur ISS. Elon Musk träumt nach dem erfolgreichen Start schon von dem nächsten Ziel.
Berlin - Dass es im Grunde so ist wie ganz früher, wird so richtig sichtbar erst in ein paar Monaten werden. Dann, wenn alles gut geht, werden sich über dem Himmel vor der Küste Floridas plötzlich ein paar große Fallschirme öffnen. Und kurz darauf wird es das geben, was im Mai 1961 schon den Erfolg der ersten bemannten Weltraummission der Amerikaner besiegelte: „Splash down“, die Wasserung der Raumkapsel, gefolgt von der Bergung der Besatzung.
Die USA sind am Samstag nach einem Jahrzehnt ohne ein eigenes Raumfahrzeug, das Astronauten transportieren kann, nun zur kompletten bemannten Raumfahrt zurückgekehrt. Und es wird wieder gewässert werden statt gelandet, wie es die Space Shuttles zwischen 1981 und 2011 erfolgreich taten – mit einer Ausnahme, der Columbia-Katstrophe 2003 (das erste Shuttle-Unglück mit der "Challenger" geschah während des Starts, am 28. Januar 1986).
Der letzte bemannte Splashdown ist inzwischen mehr als 45 Jahre her. Es war kein gutes Ende: Bei Apollo CSM-111 gab es im April 1975 massive Probleme. Alle drei Astronauten überlebten, mussten aber zwei Wochen in einer Klinik in Honolulu verbringen.
Ansonsten ist inzwischen aber alles neu. Vom Material über das Wirtschaftsmodell bis hin zur Mode. Letztere, die neuen Raumanzüge, sind weit weniger klobig als früher, und sie sollen auch im übertragenen Sinn eine Art neue Leichtigkeit vermitteln. Das Logo, das auf allem steht, ist auch ein anderes. Es lautet nicht Nasa, sondern SpaceX. Das private Unternehmen, gegründet und geführt von Elon Musk, dem Mann, der einst mit PayPal Milliarden machte und diese dann komplett in ein paar neue Firmen steckte, darunter auch der E-Autobauer Tesla, ist der Komplettdienstleister. Die Nasa zahlt. Raumkapsel, Raketenstufen und eben sogar die weltraumtüchtige Kleidung, alles stammt von dem Unternehmen aus Hawthorne in Kalifornien.
Musk hat, so sagt er es zumindest, selbst jahrelang gerade am Design der Raumanzüge mitgewirkt. Die sollten auch cool aussehen, um, so Musk weiter, „Kids für den bemannten Raumflug zu begeistern“. Weil selbst Musk aber nicht alles alleine machen kann, holte er sich einen Kostümdesigner aus Hollywood nach Hawthorne: Jose Fernandez, der unter anderem Filme wie „Captain America“ und „The Avengers“ ausgestattet hat. Zu Plänen, diese orbitalen Anziehsachen mit ihren Helmen aus dem 3-D-Drucker bei zukünftigen Flügen wiederzuverwenden, ist bislang nichts bekannt.
Fast alles andere allerdings ist für mehrfache Benutzung konzipiert. Raketenstufen, die auf Plattformen im Meer senkrecht landen, gehören dazu, wie die Kapseln, die nach dem Splashdown überholt und wieder gestartet werden sollen .
Grundsätzlich anders – und grundsätzlich abgeschaut von den Russen, ist am neuen „Post-Shuttle“-Konzept der Amerikaner die Trennung des Transportes von Menschen und Material. Die Raumfähren konnten und sollten sowohl tonnenweise Material als auch bis zu acht Personen transportieren. Selbst das Hubble-Teleskop wurde per Shuttle in den Orbit gebracht. Die Russen dagegen vertrauten für den Service zur Internationalen Raumstation von Anfang an auf Frachter einerseits und bemannten Kapseln andererseits. Ein Transportraumschiff der Amerikaner wird ebenfalls von SpaceX gebaut. Aber auch Boeing will ein solches Schiff anbieten, ist mit der Entwicklung aber hinterher.
Die Trennung von Personen- und Güterzügen ins All ergibt aus Musks Sicht auch noch aus anderen Gründen Sinn. Sein Unternehmen will mittelfristig nicht nur Dienstreisen und Frachtservice in den Orbit anbieten, sondern auch zahlungskräftige Privatpersonen schwerelos machen – und dann auch um einige Dollar leichter. SpaceX hat die ersten solchen Flüge – Inclusive Aufenthalt auf der ISS – schon für 2021 angekündigt. Ein Platz soll derzeit 55 Millionen Dollar kosten. Auch hier allerdings waren die Russen Vorreiter, als sie 2001 mit Dennis Tito den ersten Weltraumtouristen mit zur ISS nahmen.
Dass der Start am Samstag so gut verlief, dürfte für Musk und für die Führungsriege der Nasa auch eine persönliche Genugtuung sein. Jedenfalls kommentierte Musk den Erfolg mit den Worten: „Das Trampolin funktioniert“, anschließend lachte er gemeinsam mit Nasa-Chef Jim Bridenstine herzlich. Damit spielte er auf eine Bemerkung des Chefs der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos an. Der hatte sich einst darüber mokiert, dass US-Astronauten jahrelang auf russische Raketen angewiesen waren, um zur ISS zu kommen. Die Nasa könne ihre Astronauten ja auch „mit einem Trampolin zur ISS“ befördern, hatte er gestichelt.
Die Zusammenarbeit zwischen SpaceX und der Nasa beruht auf einer Vereinbarung von 2008. Nach drei gescheiterten Startversuchen in den Jahren 2006 bis 2008 hatte das Unternehmen, das sich damals mit nur rund 80 Mitarbeitern noch Start-up nennen konnte, 2008 eine Rakete erfolgreich in die Erdumlaufbahn gebracht. Noch im selben Jahr vereinbarte man mit der Nasa einen Vertrag über 12 Transportflüge zur ISS. 2012 gelang dann der erste Versorgungsflug und damit die erste Privatmission zur ISS. Für SpaceX – inzwischen bei 8000 Mitarbeitern angelangt – war dieser Samstag aber nur eine Zwischenetappe. „Das ist hoffentlich der erste Schritt auf dem Weg zu Zivilisation auf dem Mars“, frohlockte Musk nach dem Start. Zumindest findet er auch dafür genügend Anschauungsmaterial in Hollywood.