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An insgesamt sieben Kassen können chinesische Kunden im KaDeWe nun über Alipay bezahlen.
© Thilo Rückeis

Weltmeister im Geldausgeben: Wie die Berliner Wirtschaft von Touristen aus China profitiert

Sie gehen gern ins KaDeWe und in die Einkaufszentren. Für zahlungsfreudige Reisende aus Fernost rüsten viele Shops nun auch technisch auf.

Von Laurin Meyer

Das KaDeWe hat noch gar nicht geöffnet, da stehen schon die ersten Kaufwütigen vor dem großen Haupteingang. Das Berliner Luxuskaufhaus versprüht auch von außen seinen Charme. Doch deshalb sind sie nicht gekommen, die zahlreichen Touristen aus China. Sie warten nur darauf, durch die Regale mit teuren Handtaschen oder edlen Schuhen zu stöbern.

Und seit Oktober dürften die sich im KaDeWe ganz besonders wohlfühlen. Da bietet das Kaufhaus nämlich etwas, das sie aus ihrer Heimat kennen: Alipay, den Zahlungsdienst Nummer eins in China. An vorerst sieben Kassen können sie mit Alipay bezahlen. Dabei braucht man weder Bargeld noch eine Karte – stattdessen ein Smartphone. An der Kasse zeigt der Kunde lediglich das Display mit seinem persönlichen Code vor. Der Verkäufer scannt diesen nur noch ein, und der Kaufpreis wird vom hinterlegten Konto des Kunden abgebucht.

Einführung zahlt sich aus

Alipay hat über 520 Millionen Nutzer und beherrscht in China mehr als die Hälfte des Marktes. Die Zahlungsplattform gehört zu Alibaba, dem zweiten chinesischen Tech-Giganten neben Tencent. „Der Service wird sehr gut angenommen“, freut sich David Freund, verantwortlich für das Tourismus-Management der KaDeWe-Gruppe. Seit dem Start sei auch schon ein kontinuierlicher Anstieg der täglichen Transaktionen zu erkennen.

Händler wollen es den Gästen aus dem Reich der Mitte so angenehm wie möglich machen. Das hat einen einfachen Grund: Chinesen sind Weltmeister im Geldausgeben. Auf ihren Fernreisen würden sie durchschnittlich über 3000 Euro im Land lassen – mehr als jede andere Nation, behauptet der Finanzdienstleister Wirecard. Eine Zahlung, die das Finanzhaus über Alipay unter anderem auch für das KaDeWe abwickelt, ist im Schnitt knapp 800 Euro schwer.

Chinesen auf Platz eins

„Neben unseren lokalen Kunden sind chinesische Reisende seit Jahren die umsatzstärkste Gruppe im KaDeWe“, sagt Freund. Die Verkaufsschlager dort seien Accessoires französischer und italienischer Luxusmarken. Aber auch Reisegepäck und Haushaltswaren stünden hoch im Kurs – vor allem von deutschen Herstellern.

Das chinesische Geld bleibt hierzulande vor allem in den Einkaufszentren, weiß Christian Tänzler vom Berliner Stadtvermarkter „Visit Berlin“: „Chinesen gehen liebend gerne shoppen.“ Und vor allem Marken, wie sie im KaDeWe zu bekommen sind, seien gefragt. So sei ein Markenartikel, vornehmlich eine teure Handtasche oder ein Reisekoffer, für viele Chinesen ein Statussymbol. Das unterscheide Chinesen auch von anderen Touristen-Nationen, sagt Tänzler. Reisende aus Russland seien vor allem auf Schmuck aus, Argentinier oder Brasilianer interessierten sich häufig für Technik und Kinderspielzeug.

Viele Geschäfte wollen jetzt auch profitieren

Das favorisierte Shopping-Terrain der Chinesen ist wohl auch deshalb der Berliner Kurfürstendamm – dort, wo sich alle bekannten Luxusmarken aneinanderreihen. Dem Personal sind die Vorlieben der Chinesen bekannt. In vielen Läden kann man angeblich schon mit Alipay zahlen, wenn nicht, soll das schon ganz bald möglich sein, versichern die Mitarbeiter. Bis dahin hält es so manch ein Store noch spontan: „Wir probieren erst einmal alles, was der chinesische Kunde wünscht“, sagt eine Verkäuferin. „Und dann schauen wir, ob die Bezahlung funktioniert hat.“ Falls nicht, ließen sich meistens aber Alternativen finden. Tänzler lobt diese Haltung der Händler: „Beim Shoppen erwarten Chinesen die Standards, die sie auch zu Hause haben“, sagt er. Und für die Berliner Wirtschaft sei es förderlich, diese Standards zu erfüllen.

Berlin ist abgehängt

Dennoch hinke die Hauptstadt im innerdeutschen Vergleich hinterher. „Andere Städte wie München sind unter den Chinesen noch bekannter.“ Auch deshalb, weil es dorthin mehr direkte Flugverbindungen gibt. Die Hauptstadt hat über die Airline Hainan aktuell nur eine Direktfluganbindung nach China. „Für Berlin ist das ein Wettbewerbsnachteil“, sagt Tänzler.

Im vergangenen Jahr buchten Touristen aus China laut Beherbergungsstatistik rund 300 000 Übernachtungen in Berlin, fast sieben Prozent mehr als 2016. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen. Tourismusverbände schätzen, dass sich die Zahl chinesischer Auslandsreisen bis 2030 knapp verdreifachen wird. Der Wirtschaftsboom und die drastisch gesunkene Armut im letzten Jahrzehnt haben dazu geführt, dass sich mehr und mehr Menschen aus China Auslandreisen leisten können. Bislang haben schätzungsweise aber nur rund sieben Prozent der 1,3 Milliarden Einwohner einen Reisepass. Aber die Chinesen, die hier sind, würden immerhin viel Geld ausgeben, sagt Tänzler.

Auch Drogerieketten buhlen um die Chinesen

Das erkennen zunehmend auch andere abseits des Luxussegments. Als die Massenmarke H & M vergangene Woche die Kollektion eines berühmten US-Designers vertrieb, waren es dort vor allem Chinesen, die sich mit den exklusiven Stücken eindeckten. Die Kollektion war vielerorts noch am selben Tag ausverkauft. Aber es gebe auch einen starken Trend weg von den bekannten internationalen Marken hin zu lokalen Brands. „Das Label ‚Made in Berlin‘ kommt zum Beispiel gut an“, sagt Tänzler.

Und noch weitere rüsten auf, darunter der Besteck- und Topfhändler WMF. Als Pilotprojekt können chinesische Kunden zunächst an den Kassen in einer Filiale in Frankfurt über Alipay zahlen, bald soll das auch bundesweit funktionieren, so der Plan. Seit Oktober geht das zudem auch in den Filialen der Drogeriekette Müller. Der Händler hat Alipay pünktlich zur „Golden Week“ an den Start gebracht, einer chinesischen Feiertagswoche, die häufig für längere Reisen genutzt wird.

Pioniergeist in diesem Bereich zeigte Rossmann. In den Filialen der Drogeriekette können Kunden schon seit Sommer 2017 mit Alipay bezahlen. „Chinesische Touristen sind für uns eine zunehmend wichtigere Zielgruppe“, sagte Geschäftsführer Raoul Roßmann damals zur Einführung. Die Kunden aus Fernost stehen vor allem auf Kosmetik- und Bioprodukte, aber auch auf Babynahrung. So ist deutsches Milchpulver immer noch sehr beliebt, nachdem vor knapp zehn Jahren Hunderttausende Kinder in China an verunreinigtem Milchpulver erkrankt waren.

Beratung auf Chinesisch

Im KaDeWe können die umworbenen Kunden nicht nur chinesisch bezahlen, sie können sich auch auf Chinesisch beraten lassen. Denn einige der Verkäufer des Luxuskaufhauses sprechen ihre Sprache fließend. „Gerade chinesischen Kunden ist eine Beratung in ihrer Muttersprache sehr wichtig“, sagt KaDeWe-Manager Freund. Aktuell sucht das Haus sogar Verstärkung. Demnächst soll ein neuer chinesischer „Sales Assistent“ anfangen – und zwar in Vollzeit.

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