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Die Coronavirus-Krise setzt auch der Lufthansa schwer zu.
© imago images/Frank Sorge

„Maximal stille Beteiligung“: Widerstand in Union gegen aktive Einflussnahme auf Lufthansa

Die Coronavirus-Krise hat auch die Lufthansa in Turbulenzen gebracht. Denkbar ist, dass der Bund mit 25 Prozent einsteigt. Dagegen gibt es Vorbehalte.

In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion formiert sich Widerstand gegen eine aktive Einflussnahme auf die Deutsche Lufthansa im Gegenzug für staatliche Hilfen. "Der Staat sollte sich aus einem bislang gut gemanagten Unternehmen raushalten. Das heißt: maximal eine stille Beteiligung und keine politische Vertretung im Aufsichtsrat", sagte der stellvertretende Chef der Unionsfraktion Ulrich Lange, der auch für Verkehr zuständig ist, der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS). Einem "Spiegel"-Bericht zufolge will der Staat bei Lufthansa einsteigen, um die Airline zu retten. Die ARD berichtete ohne Nennung von Quellen, es gebe eine Grundsatzeinigung auf das Rettungspaket.

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Nach dem Bericht der FAS fürchtet die Union einen zu großen politischen Einfluss auf die Lufthansa. Vergangene Woche hatte Berlins Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup mehr Langstreckenflüge der Airline für die Hauptstadt gefordert. "Wenn wir zurzeit in Deutschland darüber reden, dass eine Deutsche Lufthansa mit etwa zehn Milliarden Euro unterstützt werden soll, dann ist es eine naheliegende Überlegung, den nationalen Carrier zu fragen, was er für seine Hauptstadt tut", sagte Lütke Daldrup am Mittwochabend in Berlin.

Aus Gewerkschaftssicht muss der Bund trotz Milliardenbeträgen zur Rettung der Lufthansa nicht zwangsläufig auch Einflussmöglichkeiten bekommen. "Der Staat muss nicht im Aufsichtsrat vertreten sein", sagte Nicoley Baublies, Vertreter der Gewerkschaft UFO (Unabhängige Flugbegleiter Organisation), gegenüber "Welt am Sonntag".

"Bedingungen für die Staatskredite lassen sich auch vertraglich regeln", so der Gewerkschafter, der bis Anfang 2018 selbst im Kontrollgremium der Airline saß und früher UFO-Chef war. "Im operativen Geschäft bieten Staatsvertreter im Aufsichtsrat keinen Mehrwert", so Baublies. Der UFO-Vertreter, der sonst als harter Kritiker von Carsten Spohr gilt, stützt damit die Ansicht des Lufthansa-Chefs. Spohr hatte sich gegen eine Mitsprache des Staates im Geschäftsbetrieb als Bedingung für Steuermilliarden ausgesprochen.

CDU-Wirtschaftsrat: Staatsbeteiligung absolute Ausnahme

Nach Auffassung des CDU-Wirtschaftsrates darf sich der Bund nur vorübergehend an der kriselnden Lufthansa beteiligen. "Die Hilfen des Staates sind für die schnelle Überwindung der Krisen vorgesehen", sagte der Generalsekretär des CDU-nahen Verbands, Wolfgang Steiger, der Deutschen Presse-Agentur.

Direkte Staatsbeteiligungen kämen "nur als absolute Ausnahme infrage". Steiger betonte: "Diese müssen eine eng begrenzte Übergangslösung darstellen. Hier muss der Staat von Beginn an verdeutlichen, dass er die jeweiligen Unternehmensbeteiligungen nur krisenbedingt eingegangen ist und in absehbarer Zeit wieder aussteigen wird."

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Steiger warnte, die Politik dürfe sich auf diesem Wege keinen dauerhaften Einfluss auf Unternehmen sichern. "Die aktuelle Notlage darf nicht als Hebel benutzt werden, unsere Wirtschaftsordnung zu verändern." Dies gelte umso mehr, als dass die Lufthansa "einzig und allein wegen der Corona-Krise und der danach verhängten staatlichen Maßnahmen in die schwierige Lage geraten" sei. "Wenn jetzt Teile der Bundesregierung diese Anfrage nutzen wollen, um sich erheblichen Staatseinfluss auf dieses Unternehmen zu sichern, ist das ein seltsames Gebaren aus der Politik", sagte Steiger

Mehr zum Coronavirus:

Die Bundesregierung plant laut einem Bericht des "Spiegel" einen Direkteinstieg bei der angeschlagenen Fluggesellschaft Lufthansa. Dem Magazin zufolge geht es um Hilfen im Gesamtvolumen von rund zehn Milliarden Euro. Der "Spiegel" berief sich auf Angaben aus Verhandlungskreisen. Die Lufthansa ist wegen der Coronavirus-Krise in Schwierigkeiten geraten.

Dem "Spiegel" zufolge sollen 5,5 Milliarden Euro in Form einer stillen Beteiligung des Bundes an die Lufthansa fließen. Im Gegenzug verlangt die Bundesregierung dafür demnach eine Garantiedividende von neun Prozent. Außerdem wolle der Staat mit 25,1 Prozent direkt bei der Lufthansa einsteigen, was knapp eine Milliarde kosten dürfte. Weitere 3,5 Milliarden Euro solle die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beisteuern. Hierfür wolle die Regierung eine Bürgschaft übernehmen, hieß es.

Lufthansa will sich bisher nicht äußern

Eine Sprecherin der Lufthansa wollte sich auf Anfrage zu dem Bericht nicht äußern. Mehreren Medienberichten zufolge dauern die Verhandlungen über das Hilfspaket allerdings noch an. Auch bezieht sich die Berichterstattung des "Spiegel" offensichtlich nur auf die Regierungsseite. Über die Konditionen für das Unterstützungspaket müsste jedoch auch eine Einigung mit der Lufthansa erzielt werden.

In einem Schreiben an die Bundesminister für Finanzen und für Wirtschaft, Olaf Scholz (SPD) und Peter Altmaier (CDU), hatten sich die Lufthansa sowie die Gewerkschaften Verdi und Piloten-Vereinigung Cockpit (VC) am Donnerstag für die grundsätzliche Bereitschaft der Bundesregierung zur Unterstützung bedankt. "Wir wissen sehr zu schätzen", dass sie "Hilfe in Aussicht gestellt haben", hieß es. "Nachhaltiger Erhalt von möglichst vielen Arbeitsplätzen" sei das Ziel.

Finanzielle Unterstützung, die Österreich, Belgien und die Schweiz für die Lufthansa-Töchter Austrian Airlines, Brussels und Swiss gewähren, sollen dem "Spiegel" zufolge auf die Hilfen des Bundes angerechnet werden. Einen entsprechenden Beschluss gibt es aus der Schweiz, Austrian Airlines hat Hilfen beantragt. Als Gegenleistung für mögliche Unterstützung fordern aber auch andere betroffene Regierungen Mitsprache- und Vetorechte.

Piloten zu Gehaltsverzicht von bis zu 45 Prozent bereit

Bereits am Donnerstag hatten sich die Lufthansa-Piloten zu einem Gehaltsverzicht von bis zu 45 Prozent bereit erklärt. Die Piloten "bekennen sich zu ihrer Verantwortung", erklärte der Präsident der Piloten-Vereinigung Cockpit (VC), Markus Wahl. Voraussetzung sei aber, dass sich auch der Konzern "zu seinen Mitarbeitern bekennt", um "die Kreise gemeinsam mit diesen sozialpartnerschaftlich zu überwinden", pochte Wahl auf einen Erhalt der Arbeitsplätze.

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Wegen der Pandemie ist der Flugbetrieb bei der Lufthansa, ebenso wie auch bei anderen Fluggesellschaften fast vollständig zum Erliegen gekommen. Da aber weiterhin laufende Kosten entstehen, wird das Unternehmen durch Milliardenverluste belastet. Die meisten Mitarbeiter befinden sich in Kurzarbeit.

Der Linken-Umweltexperte Lorenz Gösta Beutin rief dazu auf, Staatshilfen für die Lufthansa "an überprüfbare Klimaschutz-Auflagen" zu binden. Er verwies auf das Beispiel Frankreichs, wo eine Halbierung der CO2-Emissionen pro Passagier bis 2030 verlangt werde. Vor einem zu großen Einfluss des Staates auf die Fluggesellschaft warnte dagegen FDP-Fraktionsvize Frank Sitta. "die jetzt angedachten Staatsbeteiligungen wecken bei Vielen die Begierde nach Staatskonzernen früherer Jahre", sagte Sitta. (Reuters, AFP)

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