Fitnessstudios in Berlin: Werden Insolvenzanträge für Hard Candy zurückgenommen?
Der vorläufige Insolvenzverwalter Torsten Martini rechnet damit, dass die Brüder Jopp die Gläubiger, die Anträge gestellt haben, ausbezahlen. Training ist jetzt nur noch im Europa-Center möglich.
Viele der Hard Candy-Studios sind weiter dicht, dennoch sieht es jetzt so aus, als ob die Insolvenzanträge für die Jopp AG zurückgezogen werden. "Die Jopp AG wird die Insolvenzanträge wahrscheinlich für erledigt erklären lassen", sagte der vorläufige Insolvenzverwalter, Torsten Martini, dem Tagesspiegel.
Der Rechtsanwalt hatte am Montag die Brüder Jürgen und Ralf Jopp getroffen. Martini geht davon aus, dass die Jopp AG genügend Geld aufbringt, um die Forderungen der Gläubiger, die am Freitag beim Amtsgericht Charlottenburg Anträge auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen den Berliner Fitnesskonzern gestellt hatten, zu begleichen. In einem solchen Fall würden die Gläubiger ihre Insolvenzanträge zurückziehen. Über die Finanzkraft des Unternehmens und über die Außenstände gegenüber anderen Gläubigern sagt das jedoch nichts aus.
So hat Vattenfall den Strom in sieben der neun Hard Candy-Studios abgestellt, weil Stromrechnungen nicht bezahlt worden sind. Seit Mitte vergangener Woche ist die Mehrzahl der Clubs dicht. Trainiert wird derzeit nur noch in dem Studio im Europa-Center. Der Club in der Mall of Berlin am Leipziger Platz ist seit Montag geschlossen. Auch Mitarbeiter klagen über Rückstände beim Lohn.
Kunden sind in Sorge
Bei der Verbraucherzentrale Berlin häufen sich die Anfragen von besorgten Kundinnen und Kunden. Viele haben ihre Verträge im voraus bezahlt und fürchten nun, dass das Geld verloren ist. Jana Brockfeld von der Verbraucherzentrale ist der Auffassung, dass die Mitglieder wegen der gravierenden Mängel und Leistungsstörungen in den Clubs ein außerordentliches Kündigungsrecht haben.
Die Verbraucherschützerin rät dennoch dazu, der Jopp AG eine Frist von zwei Wochen zur Abhilfe zu setzen und in dem Schreiben zugleich die fristlose Kündigung anzukündigen, sollte der Studiobetrieb nicht wieder normal laufen. Nach Ablauf der Frist könne man dann außerordentlich kündigen, sagt die Verbraucherschützerin. Mitglieder mit Prepaid-Verträgen müssten neben der außerordentlichen Kündigung auch die Rückerstattung eines Teils ihrer im voraus gezahlten Mitgliedsbeträge verlangen.
Sollte es doch noch zu einem Insolvenzverfahren kommen, kann der Insolvenzverwalter entscheiden, ob er die Verträge fortführt oder nicht. Falls nicht, haben die Kunden einen Anspruch darauf, aus der Insolvenzmasse ausbezahlt zu werden. Wie viel man bekommt, hängt davon, wie viel Geld zu verteilen ist und wer vorab entschädigt werden muss. „Die externen Kunden kommen am Schluss“, sagt jedoch Frithjof Jönsson von der Verbraucherzentrale Berlin.
"Ich versuche, den Betrieb fortzuführen"
Am Freitag hatte das Amtsgericht Charlottenburg Torsten Martini, der bei der Berliner Kanzlei Leonhardt Rattunde arbeitet, zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestimmt. "Ich versuche, den Betrieb fortzuführen, wenn es geht", hatte Martini am Sonntag dem Tagesspiegel versichert. "Ich tue mein Bestes."
Martini würde gern alle Studios wieder ans Laufen bekommen, nicht nur die Hard Candy-Clubs am Leipziger Platz und im Europa-Center. Doch sollten die Brüder Jopp die Gläubiger, die hinter den Insolvenzanträgen stehen, auszahlen, wäre Martini wieder aus dem Geschäft und Jürgen und Ralf Jopp am Ruder. Sie sind die Vorstände des gleichnamigen Unternehmens und stehen hinter den Hard Candy-Studios, obwohl in diesen vor allem die Namensgeberin, Popstar Madonna, dominiert.
Ihre Fotos hängen überlebensgroß an den Wänden, ihre Videos laufen auf den Bildschirmen. Doch Madonna hat, außer dass sie 2013 zur Eröffnung des ersten Hard Candy-Studios nach Berlin gekommen ist und ein paar Tanzschritte gezeigt hat, mit dem Geschehen nicht viel zu tun. Hinter den Studios steht ein Finanzinvestor namens New Evolution Ventures, der mit Madonna das Konzept der Hard Candy-Studios entwickelt hat und nun Lizenzgebühren von den Betreibern in aller Welt kassiert.
Billige Verträge mit Vorauskasse
In Berlin ist das die Jopp AG. Die Brüder Jopp haben in kurzer Zeit neun Hard Candy-Clubs eröffnet, fast alle in Top-Lagen und mit Premium-Ausstattung. Viele der Studios haben einen Pool und eine Sauna. Dafür waren die Mitgliedschaften, die in den vergangenen Monaten angeboten wurden, günstig. Lebenslange Verträge für knapp 1000 Euro oder 18-Monats-Verträge für 620 Euro drücken den Monatsbeitrag weit unter das sonst übliche Niveau - wenn sie vom Unternehmen eingehalten werden.
In einem Interview mit der B.Z. hatten die Unternehmer Anfang Juni vereinzelte Zahlungsschwierigkeiten gegenüber freien Trainern und einen kurzfristigen finanziellen Engpass eingeräumt, zugleich aber darauf verweisen, dass sie einen siebenstelligen Betrag vom Käufer der vier "Superwomen"-Studios erwarten.