Erneuerbare Energien: Wer Wind sät ...
... will Rendite ernten. Die Versicherer investieren in Wind- und Solarparks, allen voran: die Allianz. Kleinere Versicherer bleiben zurück.
140 Meter sind es bis nach oben, dorthin, wo die Maschinen stehen, der Generator, das Getriebe, die Hydraulik – was eben so nötig ist, um den Wind einzufangen und zu Strom zu machen. Auch die Windfänger sind hier oben aufgehängt. Von der Schaltzentrale der Anlage aus recken sich die mächtigen, 60 Meter langen Flügel in die Luft.
Über 3000 Kilowattstunden Strom liefert eine solche Windmühle in der Stunde, das ist genug, um den Bedarf einer vierköpfigen Familie für ein ganzes Jahr zu sichern. Zehn von solchen Windrädern stehen hier in Calau, am Südrand des Spreewalds, umgeben von Kiefern und Feldern. Sie alle zusammen produzieren so viel Strom, dass damit der Jahresbedarf von 26 000 Vier-Personen-Haushalten gedeckt werden kann.
Brandenburg gehört zu den größten Windenergieproduzenten
Seit 2014 ist der Windpark in Betrieb – eine moderne Anlage. Davon profitieren die Techniker, die regelmäßig nach dem Rechten sehen. Sie müssen nämlich nicht wie bei den alten, kleinen Windmühlen auf Leitern nach oben klettern, sondern können den Aufzug nehmen. Sieben Minuten braucht der, um oben anzukommen. Vom Dach aus hat man einen weiten Blick – auf die futuristische Halle des Badeparadieses Tropical Island, auf die Braunkohlereviere in der Lausitz und auf viele weitere Windparks in Brandenburg.
Denn Calau, das 8000-Seelen-Örtchen, in dem einst der Kalauer erfunden worden sein soll, ist mit seiner Anlage nicht allein. Brandenburg gehört zu den größten Windenergieproduzenten Deutschlands. Dennoch ist Calau besonders: Während die meisten Windmühlen in der Hand von Versorgern sind, gehört die Anlage in Calau einem Finanzinvestor – der Allianz.
Deutschlands größter Versicherer verspricht sich einiges von dem Engagement. Die Erträge fließen regelmäßig – und was wichtig ist – unabhängig von dem, was an den Finanzmärkten passiert. „Das ist ein Korrektiv zu den Kapitalmärkten“, sagt Jürgen Gerke, Chef der Allianz Capital Partners (ACP). Die ACP ist der konzerneigene Investment-Manager für alternative Anlageformen. Mag Griechenland taumeln, die Börse crashen oder die Europäische Zentralbank die Zinsen noch weiter senken, der Wind weht weiter, die Windräder drehen sich – und bringen solide Renditen.
Die Allianz investiert
Zwischen fünf bis sechs Prozent erwirtschaftet die Allianz derzeit mit ihren Windmühlen. 2,4 Milliarden Euro ihrer knapp 800 Milliarden Euro Kapitalanlagen hat die Allianz-Gruppe daher bereits in ihre 50 Wind- und sieben Solarparks investiert, der Löwenanteil entfällt auf die Allianz Deutschland. Die größte Konzerntochter hat seit wenigen Wochen einen neuen Chef. Manfred Knof ist Nachfolger von Markus Rieß.
Der hatte im Rennen um die Nachfolge an der Konzernspitze gegen den hausinternen Wettbewerber Oliver Bäte den Kürzeren gezogen und wechselt nun zum Allianz-Konkurrenten Ergo. An der Anlagestrategie der Allianz Deutschlands ändert der Wechsel jedoch nichts. Auch Knof will sich von den volatilen Kapitalmärkten und den dauerhaft niedrigen Zinsen unabhängiger machen.
Von dem Geld ihrer deutschen Versicherten kauft die Allianz daher Immobilien, investiert in Infrastrukturprojekte und in erneuerbare Energien. 1,8 Milliarden Euro stecken bereits in Wind- und Solarparks, jedes Jahr sollen weitere 350 Millionen Euro hinzukommen. „Wir würden gern noch mehr machen“, sagt Knof, „wir nutzen alles, was geht.“ Allerdings prüfen die Münchner sehr genau, wo sie einsteigen – und wo nicht. Prokon etwa sei keine Alternative gewesen, „das hat nicht gepasst“, betont Gerke.
Kleinen Versicherern fehlt Geld und Know-how
Nicht nur die Allianz, auch andere Versicherer haben die erneuerbaren Energien als lukrative Anlagen entdeckt. Der weltgrößte Rückversicherer, die Munich Re hat 1,8 Milliarden Euro ihrer 227 Milliarden Euro umfassenden Kapitalanlagen in erneuerbare Energien und Infrastrukturprojekte investiert, rund 400 Millionen Euro stecken davon allein in Windparks. Alle deutschen Versicherer zusammen sind nach Angaben des Branchenverbands GDV mit insgesamt rund drei Milliarden Euro in erneuerbaren Energien engagiert. Angesichts von Kapitalanlagen von 1,45 Billionen Euro dürfte hier jedoch noch Luft nach oben sein.
Das Problem: Vor allem kleinere Versicherer haben oft nicht das Know-how und das Kapital, in Windparks einzusteigen. Hinzu kommt die Angst, dass die Politik an den Rahmenbedingungen schrauben und die Subventionen senken könnte. Abschreckende Beispiele gibt es aus anderen europäischen Ländern reichlich. So haben Italien und Spanien die Unterstützung für den Solarstrom zurückgefahren – und zwar rückwirkend.
Norwegen hat die Vergütung für Gasleitungen gekürzt. Zwar weht der Wind in Portugal heftiger und scheint die Sonne in Spanien länger, dennoch setzen Versicherer wie die Allianz gern auf Deutschland. Sie bauen darauf, dass der Regulierungsrahmen verlässlich bleibt und die Renditen kalkulierbar. „Der politische Wille ist da“, lobt Investmentchef Gerke. „Deutschland hat aus wenig sehr viel gemacht.“
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