Von Dax bis S-Dax: Wer aufsteigt und wer absteigt
Es gibt reichlich Veränderungen in den deutschen Aktien-Indizes. Ein Überblick über die Auf- und Absteiger - und eine Antwort auf die Frage, was das für Anleger bedeutet.
Es ist ein Kommen und Gehen. Unternehmen wie die Biotechnologiefirma Brain aus Hessen oder der Hamburger Windanlagenbauer Senvion haben in diesem Jahr den Sprung an die Deutsche Börse gewagt. Dagegen denkt man bei der Fluggesellschaft Air Berlin angeblich über einen Abschied vom Parkett nach. Ob Wertpapiere eines Unternehmens an der Börse zugelassen werden und in welchem Index sie notiert sind, hängt von ihrer Umsatzstärke und ihrer Marktkapitalisierung (also dem Börsenwert) ab: Letzterer errechnet sich aus der Anzahl der ausgegebenen Aktien multipliziert mit dem Aktienkurs.
Firmen können selbst darüber entscheiden, ob sie dem Marktsegment General oder Prime Standard zugeordnet werden, wobei die Aufnahme in den Prime Standard mit umfassenderen Pflichten einhergeht. So müssen die Unternehmen jedes Quartal über ihr Geschäft berichten, Ad-hoc-Mitteilungen über börsenrelevante Entwicklungen auch in Englisch veröffentlichen und mindestens eine Analystenkonferenz pro Jahr abhalten. Nur Unternehmen, die zum Prime Standard zugelassen sind, können in die Auswahlindizes Deutscher Aktienindex (Dax), M-Dax, Tec-Dax oder S-Dax aufgenommen werden.
Die Aufnahme in einen solchen Index oder das Ausscheiden daraus hat große Bedeutung für die betroffenen Unternehmen. Ist die Aktie im Leitindex Dax notiert, bedeutet dies natürlich einen Imagegewinn und erhöhte Aufmerksamkeit der Investoren. Ob Unternehmen innerhalb der Indizes auf- oder absteigen, richtet sich wiederum nach ihrem aktuellen Börsenwert.
"Privatanleger sind dagegen eher zu spät dran"
Auch für Anleger ist der Auf- und Abstieg interessant. Allerdings ist der beste Zeitpunkt, die Aktie zu kaufen, beim Aufstieg etwa in den Dax bereits vorbei. „Die Unternehmen haben in der Regel bereits eine tolle Entwicklung hinter sich, wenn sie aufsteigen“, erklärt Malte Diesselhorst von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Institutionelle Anleger haben deshalb stets einen Blick darauf, welche Firmen als Aufstiegskandidaten gehandelt werden – und versuchen, früh einzusteigen. „Privatanleger sind dagegen eher zu spät dran“, sagt Diesselhorst.
Das bestätigt auch eine Studie der Landesbank Baden-Württemberg: Die Analysten haben untersucht, wie sich Aktien aus dem Euro-Stoxx50 kurz vor und nach dem Indexwechsel entwickeln. Besonders stark legen die Aufsteiger demnach in den fünf Tagen vor dem Indexentscheid zu: In der Vergangenheit gewannen sie im Schnitt 3,6 Prozentpunkte mehr als die anderen Aktien im Index. Ist dann bekannt, welche Titel aufrücken, flaut der Effekt ab. Kurz bevor der Indexwechsel dann tatsächlich vollzogen wird, legen die Papiere noch mal zu. Doch ist der Wechsel durch, „ist in aller Regel die Luft raus“, schreiben die Analysten. Das macht es für Privatanleger schwer, bei diesem Spiel mitzuspielen. Zumal Anlegerschützer ohnehin raten, nicht ausschließlich darauf zu schauen, wer auf- und wer absteigt. Wichtiger sei die langfristige Entwicklung eines Unternehmens, sagt Diesselhorst.
Volkswagen und der Deutschen Bank in der Krise
Dabei macht es durchaus einen Unterschied, in welchem Index die Papiere notiert sind. So sind im Tec-Dax zum Beispiel meist sehr junge Firmen vertreten. Sie machen zwar schnell hohe Gewinne – entsprechend groß ist aber auch das Risiko für den Absturz. Im Dax gibt es dagegen viele Konzerne, die bereits seit Schaffung des Indizes dabei sind und stabile Renditen abwerfen wie BASF, Allianz oder Bayer. Auch diese Regel lässt sich nicht pauschalisieren. So stecken mit Volkswagen und der Deutschen Bank derzeit gleich zwei der Dax-Traditionskonzerne in der Krise. Wem der ganze Trubel um die Auf- und Absteiger zu viel ist, sollte lieber in Fonds investieren: zum Beispiel in einen Dax-ETF, der die Entwicklung des Leitindexes nachbildet. Damit vollziehen die Anleger die Veränderungen im Index automatisch nach – ohne sich Gedanken machen zu müssen, ob sie nun verkaufen oder kaufen sollen.
DAX-AUFSTEIGER
PROSIEBENSAT1
Branche: Medien
Mitarbeiter: 4200
Gewinn (2014): 360 Millionen Euro
Marktkapitalisierung: 9,8 Milliarden Euro
Der Medienkonzern krönt seine Wachstumsgeschichte mit dem Einzug in den Dax. Vor allem in der Digitalsparte läuft es für das Unternehmen rund: Dort betreibt man mit Maxdome eine eigene Online-Videothek und ist an mehreren Online-Portalen beteiligt – unter anderem am Vergleichsportal Verivox.
DAX-ABSTEIGER
K+S
Branche: Düngemittel und Salze
Mitarbeiter: 14000
Gewinn (2015): 782 Millionen Euro
Marktkapitalisierung: 4,5 Milliarden Euro. Weil die Aktie des Konzerns massiv an Wert verloren hat, ist das Unternehmen in den M-Dax abgestiegen. K+S hat mit sinkenden Kalipreisen zu kämpfen und sah sich mit einer Übernahmeofferte des Konkurrenten Potash konfrontiert. Zudem stehen Vorwürfe gegen die Firma wegen Wasserverunreinigung im Raum.
M-DAX-AUFSTEIGER
ALSTRIA OFFICE
Branche: Immobilien
Mitarbeiter: 63
Gewinn (2014): 37 Millionen Euro
Marktkapitalisierung: 1,9 Milliarden Euro
Der Immobilienkonzern aus Hamburg hat den Konkurrenten Deutsche Office übernommen und sich dadurch für den M-Dax qualifiziert. Das Unternehmen kauft und vermietet Bürogebäude.
STEINHOFF
Branche: Möbel
Mitarbeiter: 91114
Gewinn (2015): 13,6 Milliarden Euro
Marktkapitalisierung: 22 Milliarden Euro
Der Mutterkonzern der Billigmöbelkette Poco steigt in den M-Dax auf. Gegründet in der niedersächsischen Provinz hat die Firma ihren Sitz heute in Südafrika. 17 Jahre war sie deshalb nur an der Börse in Johannisburg vertreten – erst seit Dezember ist sie in Frankfurt gelistet. Neben Möbeln handelt Steinhoff auch mit Haushaltswaren und Textilien.
M-DAX-ABSTEIGER
ELRING KLINGER
Branche: Automobilzulieferer
Mitarbeiter: 7700
Gewinn (2014): 154 Millionen Euro
Marktkapitalisierung: 1,5 Milliarden Euro
Der Autozulieferer Elring Klinger steigt in den S-Dax ab. Das Unternehmen hat zuletzt trotz Umsatzwachstum weniger Gewinn erwirtschaftet. Der Grund sind höhere Kosten für Sonderschichten und Luftfracht. Noch dazu hat Elring Klinger gerade ein Vorstandsmitglied verloren – weil es Meinungsverschiedenheiten über die strategische Ausrichtung gab.
KLÖCKNER
Branche: Stahl- und Metalldistribution
Mitarbeiter: 9600
Gewinn (2015): -350 Millionen Euro
Marktkapitalisierung: 880 Millionen Euro
Der Stahlhändler Klöckner & Co hat Probleme mit seinem Nordamerika-Geschäft – das hat im vergangenen Jahr zu herben Verlusten geführt. Als Grund nennt das Unternehmen den starken Preisverfall durch Überkapazitäten. Helfen soll ein Sparprogramm. Nun müssen die Anleger auch noch den Abstieg aus dem M-Dax verkraften.
S-DAX-AUFSTEIGER
WASHTEC
Branche: Fahrzeugwäsche
Mitarbeiter: 1700
Gewinn (2015): 36,5 Millionen Euro
Marktkapitalisierung: 183 Millionen Euro
Die WashTec-Gruppe mit Sitz in Augsburg ist der weltweit führende Anbieter von innovativen Lösungen rund um die Fahrzeugwäsche. Das Unternehmen ist mit eigenen Tochtergesellschaften in Mittel- und Osteuropa, Nordamerika sowie in Asien/Pazifik vertreten. Das vergangene Jahr war nach vorläufigen Zahlen das beste in der Firmengeschichte.
WÜSTENROT
Branche: Finanzdienstleistungen
Mitarbeiter: 13000
Gewinn (2015): 274 Millionen Euro
Marktkapitalisierung: 1,8 Milliarden Euro
Der Anbieter von Versicherungs- und Bausparverträgen konnte zuletzt trotz Niedrigzinsphase den höchsten Gewinn der Firmengeschichte verzeichnen. Weil ein Großaktionär sich von Aktien trennt, die nun in Streubesitz sind, rückt der Finanzdienstleister in den S-Dax auf.
HAPAG-LLOYD
Branche: Reedereien
Mitarbeiter: 9500
Gewinn (2015): 366 Millionen Euro
Marktkapitalisierung: 2,0 Milliarden Euro
Deutschlands größte Container-Reederei ist 2015 dank der Fusion mit dem chilenischen Konkurrenten CSAV in die Gewinnzone zurückgekehrt und nutzte den Erfolg für den Sprung aufs Parkett. Die Branche leidet seit Jahren unter hohen Überkapazitäten und schrumpfenden Frachtpreisen.
S-DAX-ABSTEIGER
HORNBACH BAUMARKT
Branche: Bau- und Gartenmarkt
Mitarbeiter: 16660
Gewinn (2015): 69 Millionen Euro
Marktkapitalisierung: 830 Millionen Euro
Das Unternehmen mit Sitz in Bornheim (Pfalz) ist einer der größten Betreiber von Bau- und Gartenmärkten in Europa. Die Tochtergesellschaft der Hornbach Holding, die weiterhin im S-Dax notiert ist, hatte zuletzt mit steigenden Kosten zu kämpfen und musste in Folge im vergangenen Geschäftsjahr einen Ergebniseinbruch hinnehmen.
MLP
Branche: Finanzdienstleistungen
Mitarbeiter: 1500
Gewinn (2014): 39 Millionen Euro
Marktkapitalisierung: 400 Millionen Euro
2003 war der Finanz- und Versicherungsvertriebler noch im Dax gelistet, jetzt rutscht er sogar aus dem S-Dax. MLP konnte zuletzt weniger Produkte für die Altersvorsorge verkaufen. Auch bekam die Firma weniger erfolgsabhängige Prämien für das betreute Vermögen.
SIXT LEASING
Branche: Automobil-Leasing und Service
Mitarbeiter: 300
Gewinn (2015): 22,5 Millionen Euro
Marktkapitalisierung: 355 Millionen Euro
Der Autovermieter hat seine Leasingsparte im Mai 2015 an die Börse gebracht. Im selben Jahr konnte das Unternehmen seinen Gewinn im Vergleich zum Vorjahr deutlich steigern. Wachstumsmotor ist der Verkauf von Neuwagen übers Internet. Der Dienstleister übernimmt für Firmenkunden das komplette Leasing der Flotte.
TEC-DAX-AUFSTEIGER
SLM SOLUTIONS
Branche: Anlagenbau
Mitarbeiter: 146
Gewinn (2014): -7,3 Millionen Euro
Marktkapitalisierung: 361 Millionen Euro
Knapp zwei Jahre nach dem Börsengang steigt die Firma für 3-D-Druck in den Tec-Dax auf. Das Geschäft wächst – vor allem in Südostasien und Nordamerika.
SÜSS MICROTEC
Branche: Halbleiterindustrie
Mitarbeiter: 659
Gewinn (2014): 8,4 Millionen Euro
Marktkapitalisierung: 178 Millionen Euro
Die Aktie von Süss MicroTec war bis 2013 im Tec-Dax vertreten, jetzt kehrt sie zurück. Das Unternehmen stellt Anlagen für die Halbleiterindustrie her.
TEC DAX ABSTEIGER
QSC
Branche: Telekommunikation
Mitarbeiter: 1500
Gewinn (2014): -34 Millionen Euro
Marktkapitalisierung: 149 Millionen Euro
Trotz Stellenabbau hat die Telekommunikationsfirma zuletzt einen Verlust gemacht. Ein Grund dafür sind Schwierigkeiten bei der Auslagerung von IT-Dienstleistungen.
LPKF LASER
Branche: Maschinenbau
Mitarbeiter: 800
Gewinn (2014): 12,7 Millionen Euro
Marktkapitalisierung:
Der Weltmarktführer für Lasersysteme ist seit 1998 an der Börse notiert. 2015 war für das Unternehmen wegen sinkender Umsätze kein gutes Jahr.