Interessenkonflikt: Wenn Senatoren die Aufsicht über Unternehmen haben
Die Industrie- und Handelskammer stößt sich an der Besetzung der Aufsichtsräte in zahlreichen landeseigenen Unternehmen. Die IHK vermutet Interessenkollisionen. Eine juristische Handhabe gibt es nicht.
Berlin - Einen Rechtsverstoß könne man zwar nicht erkennen, aber „ein Geschmäckle“, heißt es im Ludwig-Erhard-Haus. Denn häufig übernehme ein Senator oder Staatssekretär, dem auch die Fach- oder Rechtsaufsicht für das jeweilige Unternehmen obliege, dort auch einen Aufsichtsratsposten. Die IHK sieht darin einen Interessenkonflikt – denn wie soll ein Senator gleichzeitig die Interessen des Landes und eines einzelnen Unternehmens vertreten können?
Unter den Fällen auf der Liste der IHK, die dem Tagesspiegel vorliegt, stechen die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) hervor, bei denen Umweltsenatorin Karin Lompscher (Linke) im Aufsichtsrat sitzt. Als ein Beispiel für eine mögliche Interessenkollision wird dort die Vergabe eines Winterdienstauftrages an die BSR genannt, für den es vermutlich auch andere Interessenten gegeben hätte. Ein anderes Beispiel: Die Untersagung der „Gelben Tonne Plus“ durch Lompschers Behörde habe die Absatzchancen des BSR-Produkts „Orange Box“ erhöht, moniert die IHK. Das führe „zur Ausschaltung der zum Wohl der Allgemeinheit wichtigen wettbewerblichen Konkurrenz“.
Hier mag man einwenden, dass Alba, also ausgerechnet die Firma des IHK-Präsidenten Eric Schweitzer, die „Gelbe Tonne Plus“ starten wollte. Wenn die IHK nun just bei diesem Thema eine Interessenkollision behauptet, könnte das für politische Beobachter erst recht ein Geschmäckle haben. Allerdings ist der Gedanke der IHK im Grundsatz interessant. Wenn etwa Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) als Aufsichtsratvorsitzender der Berlinwasser Holding Entscheidungen trifft, strebt er dann als Senator eine preiswerte, flächendeckende Wasserversorgung an – oder als Aufsichtsrat möglichst hohe Gewinne? „Hier liegt eine Interessenkollision nahe“, urteilt die IHK.
Eigentlich schließt das Regelwerk des Landes Berlin solche Konstellationen aus. Die „Hinweise für die Berufung von Mitgliedern der Überwachungsorgane“ hält fest, dass niemand als Aufsichtsrat berufen werden soll, der „an der Ausübung der Rechts- oder Fachaufsicht über das Beteiligungsunternehmen beteiligt ist“. Allerdings sind davon die BSR, die Berliner Verkehrsbetriebe und die Wasserbetriebe ausgenommen – damit fehlt jede Handhabe. In drei weiteren Landesbetrieben auf der IHK-Liste sind Senatoren oder Staatssekretäre Aufsichtsräte, obwohl ihre jeweilige Behörde die Fach- oder Rechtsaufsicht hat. Es geht um die Investitionsbank Berlin, die BF Rückversicherung und das IT-Dienstleistungszentrum Berlin. Die IHK will alle Landesunternehmen dem „Berliner Corporate Governance Kodex“ des Senats für Landesbeteiligungen unterwerfen und Ausnahmeregelungen streichen.
Moritz Döbler
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