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Vom Kindermädchen zur Konzernlenkerin. Ferdinand und Ursula Piëch bei der Meisterfeier des VfL Wolfsburg im vorigen Jahr.
© dapd

Nachlassregelung: Wenn Piëch stirbt: Uschi übernimmt

Auto-Patriarch Ferdinand Piëch ist 73 und denkt an die Zukunft. Sollte er einmal nicht mehr sein, wird seine Frau das Firmenimperium lenken - und viel Einfluss bei VW und Porsche haben.

Das ehemalige Kindermädchen Ursula Piëch steigt neben der BMW-Erbin Johanna Quandt, deren Tochter Susanne Klatten und der Unternehmerin Maria-Elisabeth Schaeffler zur wichtigsten Frau der ansonsten von Männern dominierten Autoindustrie auf. Wie am Wochenende bekannt wurde, soll die Ehefrau von VW-Patriarch und Porsche- Enkel Ferdinand Piëch die milliardenschweren Unternehmensanteile ihres Mannes nach seinem Tod verwalten. Dann könnte sie auch eine Rolle im Aufsichtsrat von Volkswagen übernehmen.

Der 73-Jährige hat seinen Part an Porsches Finanzholding SE – sie hält jeweils die Mehrheit der Aktien von Porsche und Volkswagen – und an der Salzburger Porsche Holding, einer der größten Autohändlergruppen der Welt, in zwei Stiftungen österreichischen Rechts eingebracht.

An der Porsche SE hält Piëch knapp sieben Prozent, an der Salzburger Holding, die VW im Rahmen der Übernahme von Porsche für 3,55 Milliarden Euro kaufen soll, zehn Prozent. „Mir liegt die gesicherte Zukunft unserer Unternehmen am Herzen. Deswegen und im Sinne der Nachhaltigkeit habe ich mich – ähnlich wie Bosch es getan hat – für die Stiftung entschieden“, sagte Piëch dem Nachrichtenmagazin „Focus“. Rückhalt kommt vom Betriebsrat. „Für die Arbeitnehmer ist dies ein positives Signal der nachhaltigen Stabilität. Die schon längere Zeit existierenden Stiftungen schaffen langfristige Sicherheit bei der Struktur der Anteilseigner und sind ein Bekenntnis zum Unternehmen und den Menschen, die dort ihren Lebensunterhalt verdienen“, sagte Betriebsratschef und VW-Aufsichtsrat Bernd Osterloh dem „Handelsblatt“.

Den Vorsitz der beiden Stiftungen „Ferdinand Karl Alpha“ und „Ferdinand Karl Beta“ hat Piëch. Stirbt er, soll ihm seine Frau Ursula folgen. Die von Familie und Freunden Uschi genannte Österreicherin, mit der Ferdinand drei seiner zwölf Kinder gezeugt hat, wurde ebenso wie Maria-Elisabeth Schaeffler in der Branche lange unterschätzt. Ursula Piëch sei für ihren Mann eine entscheidende Ratgeberin, auch in Autofragen, heißt es in seinem Umfeld. Sie habe ihren in der Industrie als aggressiv geltenden Ferdi zudem milder gemacht, sagen Familienangehörige. Piëchs Nachkommen, etwa aus der Beziehung zu seiner Schwägerin Marlene Porsche, bekommen nur begrenzt Einfluss auf die Stiftungen. Piëch hat nach eigener Einschätzung eine stabile Lösung gefunden. „Dabei weiß ich die Mehrheit meiner Erben hinter mir“, sagte er.

2011 will Volkswagen mit Porsche und der Salzburger Vertriebsholding zum integrierten Autokonzern zusammengehen – hinter Toyota die Nummer zwei der Branche. Dem Clan Porsche-Piëch dürften am Ende rund 35 Prozent der Anteile am neuen Konzern bleiben. Langfristig sind weitere Zukäufe bei den Beteiligungen am Lastwagenhersteller MAN und am japanischen Autohersteller Suzuki geplant.

Welch ein kühler Stratege Ferdinand Piëch ist, zeigte sich im Mai vergangenen Jahres. Mit Strohhut auf dem Kopf stützte er sich auf seine Frau, während die beiden in aller Herrgottsfrühe auf die Frühstücksterrasse des Fünf-Sterne-Hotels Romazzino auf Sardinien schlenderten. Die Botschaft des Vorabends, bei Risotto mit Venusmuscheln: Ferdinand Piëch ist wieder da, hat die einer Erkrankung folgende Schwächephase überstanden. Mit gewohnt messerscharfen Worten hatte der VW-Patriarch und Milliardär unter der sardischen Abendsonne vor Journalisten einen weiteren Kontrahenten zur Strecke gebracht: Porsches damaligen Chef Wendelin Wiedeking.

Bei solchen Anlässen ist Ursula Piëch stets an seiner Seite. Die Haare blond gefärbt, die weibliche Figur in knappen Röcken und tief ausgeschnittenen Dekolletés, die Kleider am liebsten bunt, haben viele in Unternehmen und Branche sie lange unterschätzt. Gewitzt ist sie, eloquent – und gleichsam Außenministerin Piëchs, der sich kommunikativ in größerem Kreis schwertut. Sogar über Autofragen diskutieren die beiden. Die Marken des Konzerns stellen Ferdinand Piëch bis heute alle wichtigen Innovationen vor, karren die neuesten Modelle vor dessen Salzburger Domizil. Wenn es eng werden könnte, stellen sie auch Ehefrau Ursula einen Wagen hin, sagen Beteiligte. Wie er schätzt auch sie schnelle Vehikel. Den Lamborghini dürfe er eigentlich nur zum Tanken fahren, erzählte Piëch auf Sardinien mit breit gezogenen Mundwinkeln. Und die Strafmandate dürfe er bezahlen.

Als Unternehmerin ist Ursula Piëch bislang nicht hervorgetreten. Aber man könne sie sich schon im Aufsichtsrat vorstellen, heißt es in VW-Kreisen. Mit Konzernchef Martin Winterkorn versteht sie sich jedenfalls gut, trotz seines Fahrstils. Während der Fahrt vom Flughafen auf Sardinien chauffierte Winterkorn das Ehepaar Piëch im neuen Polo. Sie habe sich vorsichtshalber im Laufe der Fahrt nach einer Tüte erkundigt, berichtete Ursula Piëch später prustend. (HB)

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