Innovationspreis Berlin-Brandenburg: Wenn die Straßen Strom erzeugen
Solarwege, Leuchtbeton und eine Schul-Cloud: Zehn Ideen konkurrieren um den „Innovationspreis Berlin Brandenburg“.
In der Stadt der Zukunft könnte sogar Beton „intelligent“ sein – zumindest wenn es nach den Gründern des Berliner Start-ups SIUT geht. Ihr „intelligenter Lichtfaserbeton“ ist in der Lage, Informationen, die beispielsweise von einem Zug eingehen, zu verarbeiten und in Lichtsignale umzuwandeln. So sehen am Gleis wartende Fahrgäste beim Blick auf den Boden, welche Waggons eines einfahrenden Zuges bereits voll sind und werden über die Lichtsignale im Beton an die Stellen geführt, an denen sich die Zugtüren der Abteile öffnen werden, in denen noch ausreichend Platz ist.
Der Lichtfaserbeton ist eine von zehn Innovationen, die es in die Finalrunde für den „35. Innovationspreis Berlin Brandenburg“ geschafft haben und am Donnerstag bekannt gegeben wurden. Aus insgesamt 174 Bewerbungen hatten die 17 Juroren aus Wissenschaft und Wirtschaft zehn Einreichungen ausgewählt. Bis zu fünf von ihnen erhalten am 30. November den mit 10.000 Euro dotierten Preis. Ziel des Wettbewerbes sei es aber auch, „den Marktzugang von innovativen Produkten zu erleichtern“, sagte Christian Rickerts, Berlins Staatssekretär für Wirtschaft, Energie und Betriebe.
Emissionsfreie Züge für intelligente Bahnhöfe
Neben dem intelligenten Beton, wollen auch andere Teilnehmer die Verkehrswelt verbessern. Denn in den intelligenten innenstädtischen Bahnhof der Zukunft fährt in einigen Jahren vielleicht schon kein gewöhnlicher Dieselzug mehr ein, sondern der Batterietriebzug Talent 3 der Firma Bombardier Transportation. Das Besondere an dem Zug: Er ist, dank Lithium-Ionen-Batterien auf dem Dach, in der Lage, auch auf Strecken ohne Oberleitung zu fahren.
Damit wäre er eine emissionsfreie Alternative für die rund 2000 Dieselzüge der Deutschen Bahn, die derzeit auf dem Teil des Schienennetzes in Betrieb sind, der nicht elektrifiziert ist – das sind immerhin 40 Prozent aller Strecken.
Ein Batterietriebzug ist bereits gebaut und in der Testphase. Er soll Mitte 2019 seine Zulassung erhalten und in der Region Alb-Bodensee in Baden-Württemberg für die Deutsche Bahn zum Einsatz kommen. „Ab 2023 könnte es zur Serienauslieferung kommen“, schätzt Stefan von Mach, Chefingenieur bei Bombardier.
Medikamente, Lötanlagen und nachhaltige Rohstoffe
Omeicost Therapeutics arbeitet an einem verträglicheren Medikament zur Behandlung von Vorhofflimmern – eine der häufigsten Ursachen für Schlaganfälle, von denen mehr als 30 Millionen Menschen weltweit jedes Jahr betroffen sind. Das Hasso-Plattner-Institut entwickelt mit verschiedenen Partnern, unter anderem dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, eine Schul-Cloud, mit der die Digitalisierung in Deutschlands Schulen Einzug finden soll.
Das Berliner Start-up 5micron hat zusammen mit der Siemens Mobility SPA mit ePos ein automatisches Positionierungssystem für das Ankoppeln von Elektrofahrzeugen an die Ladeinfrastruktur entwickelt. Eine vollautomatische Lötanlage von ATN will neue Maßstäbe bei der Verlötung von Solarmodulen setzen.
Das Integrated Positioning System des Instituts für Optische Sensorsysteme am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt sorgt für Orientierung ohne GPS-Signal. Es kann so auf dem Mond oder in Tunneln eingesetzt werden und könnte auch beim autonomen Fahren Anwendung finden. Die Software EchoRing von R3 Communications soll zukünftig für Echtzeit-Kommunikation in der Industrie 4.0, etwa zwischen Maschinen, sorgen. Sie verringert dabei die Verzögerungszeit von Standard-Funkchips.
Einen weiteren Beitrag zur Energiewende dürften die nachhaltigen Rohstoffe von SiQaI leisten. Durch ein neues Verfahren wird eine nahezu abfallfreie Produktion der kritischen Rohstoffe Aluminiumoxid und Silizium, die etwa in Akkus oder Batterien Verwendung finden, ermöglicht.
Straße der Zukunft erzeugt Energie
Ein smarte Alternative zu Beton entwickelt auch Solmove. Die Solarmodule des Unternehmens können auf Rad-, Fußwegen oder Straßen verlegt werden. Die Stabilität ist so hoch, dass sogar Lkws über die Platten fahren können. Der gewonnene Solarstrom kann ins Stromnetz eingespeist werden, soll in Zukunft aber auch induktiv, also ohne Kabel, an E-Autos, die darauf fahren, abgegeben werden können. „Damit können bereits vorhandene Flächen zusätzlich für die Energieerzeugung genutzt werden“, so Gründer Donald Müller-Judex.
Den ersten Radweg gibt es bereits in Erftstadt bei Köln. Weitere Solar-Straßen-Projekte sind in Berlin geplant. Müller-Judex hat schon jetzt weitere Ideen für Anwendungsmöglichkeiten der Panel, so könne man „die Platten auch erwärmen, um im Winter den Schnee wegzutauen.“ Schnee schippen muss in der Stadt der Zukunft dann auch keiner mehr.
Leonhard Rosenauer