Energiewende: Wenn der Kühlschrank Ratschläge gibt
Intelligente Infrastruktur kann das Leben einfacher machen und die Umwelt retten: Senator Müller besuchte innovative Unternehmen in Berlin.
Berlin - Die Energiewende wird nicht nur von der Hauptstadt aus gesteuert, sie muss am Ende auch hier umgesetzt werden. Welchen Beitrag dazu eine intelligente Infrastruktur leisten kann, darauf bekam Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) am Montag einen gar nicht so kleinen Vorgeschmack. Gemeinsam mit den energiepolitischen Sprechern der Fraktionen im Abgeordnetenhaus brach er auf Einladung des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) zur ersten „Infratour“ auf. Mit dem Wasserstoffbus ging es zu vier Stationen, die „Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit formulieren“, wie Udo Marin, Geschäftsführer des VBKI, es ausdrückt.
Im großen Stil tut das die Younicos AG in Adlershof mit inzwischen 60 Mitarbeitern. Seit 2005 beschäftigt sie sich damit, wie Energiesysteme gemanagt werden können. Ziel ist es, die Leistung im Netz konstant zu halten. „Heute passiert es mal, dass ein Kraftwerk ausfällt“, sagt Sprecher Philip Hiersemenzel. „In Zukunft wird es verstärkt darum gehen, Schwankungen zu kompensieren, die durch den Einsatz von Wind- und Sonnenenergie bedingt sind.“ Weniger, weil die Sonne nicht scheint – das sei einkalkuliert. „Sondern weil sich kurzfristig mal eine Wolke davor schieben kann“, sagt er. Younicos simuliert die Versorgung einer Insel allein mit Erneuerbaren Energien. Damit das gelingt, stehen in der Halle riesige Batterien.
Infrastruktur für Elektromobilität
Gleich zwei der besuchten Unternehmen widmen sich dem Thema Mobilität. Frank Pawlitschek, Gründer von Ubitricity, will das Stromtanken für alle einfacher machen. Auch und gerade für diejenigen, die Ladesäulen bereitstellen. So eine kostet bislang etwa 5000 Euro. „Wir verlagern die Abrechnungskosten in dieses Gerät“, sagt der 38-Jährige. Der kleine Apparat ist für 170 Euro zu haben und statt an die Tankstelle ans Auto geknüpft. Jeder Fahrer kann einen im Kofferraum haben. Wird er zwischen Säule und Fahrzeug geschaltet, erkennt er Standort und Anbieter und leitet den Ladevorgang ein. Am Ende jeden Monats erhält der Kunde – gleich einer Handyrechnung – die Quittung inklusive Einzelnachweisen. Weshalb die Technik in dem mobilen Zähler so viel günstiger sei, will der Senator wissen. „Weil sie nicht Vandalismus standhalten muss“, sagt Pawlitschek. Das private Gerät erledigt alles auf einfachste Art. „Die Säule liefert den Strom und bleibt dumm.“ Denkbar ist so, eine Steckdose in einen Standard-Strommast zu integrieren.
Autos vom Nachbarn leihen
Das Unternehmen Nachbarschaftsauto.de bietet ein alternatives Carsharing-Modell an. „Die meisten Wohnstraßen sind zugeparkt mit Autos, die manchmal tagelang nicht bewegt werden“, sagt Chef Christian Kapteyn. Sein Internetportal führt Menschen, die ein Auto benötigen und solche, die eines verleihen können, zusammen. Den Preis, beantwortet er Müllers Nachfrage, bestimmt jeder Vermieter selbst. „Günstiger als ein konventioneller Verleih ist das allemal. Und das Portal gewährleistet Versicherungsschutz.“ Von 10 000 Nutzern bundesweit leben 2500 in Berlin.
Die letzte Station der Tour führt die Delegation am Montag an den Ernst-Reuter-Platz. Der Verein Connected Living e.V. veranschaulicht, wie auch im Haushalt der Stromverbrauch reduziert werden kann. Grzegorz Lehmann schließt ein Gerät in der Versuchsküche an. Prompt ploppt auf einem Display am Kühlschrank ein Hinweis auf. „Ihr Brotbackautomat steht jetzt zur Verfügung“, heißt es da. „Wenn Sie nachts backen, ist der Strom billiger – und Sie können morgens ein frisches Brot genießen“, schlägt er vor. Wer könnte da widerstehen.