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Netzwerk trifft Banker: Die Bergfürst-Gründer Dennis Bemmann (li.) und Guido Sandler.
© Doris Spiekermann-Klaas

Crowdinvesting in Berlin: Wenn der Bergfürst ruft

Vielen innovativen Unternehmen fehlt es an Wachstumskapital. Die Berliner Gründer Guido Sandler und Dennis Bemmann wollen das mit ihrer Handelsplattform ändern.

Der Name verrät nichts. Bergfürst, das klingt zunächst nach Alpenrestaurant oder einem Geschäft für Trachtenmode. Es macht neugierig, und genau das wollten Guido Sandler und Dennis Bemmann erreichen. „Mit Bergfürst verbinden die Menschen gar nichts“, sagt Sandler. „Das ist gut, denn unsere Idee ist vollkommen neu.“ Bergfürst ist eine elektronische Handelsplattform, auf der Privatinvestoren sich mit kleinen Beträgen an innovativen Unternehmen in der Wachstumsphase beteiligen können. „Wir verbinden das traditionelle Börsengeschäft mit den Vorteilen neuer Technologien im Internet“, sagt Sandler. „So können wir ein Angebot machen, was bisher kein Finanzinstitut bieten kann.“ Bergfürst ist ein Online-Marktplatz und zugleich ein Netzwerk für Investoren und Firmen.

Für seine Plattform nutzt Bergfürst die Idee des Crowdinvestings: Viele Investoren leisten einen kleinen Beitrag (in diesem Fall mindestens 250 Euro) und durch die Masse (die Crowd) kommt am Ende für die Unternehmen die benötigte Summe zusammen. „Wir denken an Emissionsvolumen zwischen zwei und fünf Millionen Euro pro Unternehmen“, sagt Sandler. „Für 2013 haben wir uns fünf bis sieben Emissionen vorgenommen.“

Anders als bei anderen Crowdinvesting- Plattformen wie etwa Seedmatch, Innovestment oder BestBC erwirbt der Investor bei Bergfürst keine stille Beteiligung, sondern Aktien an den Unternehmen, die danach auf der Plattform handelbar sind. „Wir bieten privaten Anlegern Eigenkapitalbeteiligungen an“, sagt Sandler. Der Anleger befinde sich damit auf Augenhöhe mit dem Unternehmensgründer. „Die Chancen sind groß, die Risiken allerdings auch“, fügt Bemmann hinzu.

Sandler ist der Kapitalmarktexperte im Team. Der 49-Jährige war unter anderem Gründer und Vorstand der Berliner Effektenbank und der E-Trade Bank. Bemmann ist für die Technik verantwortlich, er konzipiert die Plattform und leitet die Entwicklung. Seine Erfahrungen sammelte der 34-Jährige mit der Gründung des Deutschen Jungforschernetzwerks, später gründete er das soziale Netzwerk Studi-VZ, seinerzeit Deutschlands meistgenutzte Webseite mit 17 Millionen aktiven Mitgliedern. Ab 2007 unterstützte Bemmann als Investor junge Technologiefirmen mit Eigenkapital und Erfahrung.

Kennengelernt haben sich Sandler und Bemmann über einen gemeinsamen Bekannten im Dezember 2011. Er habe zwar selbst wieder ein Unternehmen gründen wollen, sagt Bemmann, jedoch nicht gerade zum damaligen Zeitpunkt. „Aber mir gefiel die Idee, und die Chance war da, also habe ich nach ein paar Tagen gesagt: Da mach’ ich mit.“

Gemeinsam bauten sie die Handelsplattform auf. Dass es sich hier um eine hochriskante Anlageform handelt, daraus machen die beiden Gründer keinen Hehl. Anleger sollten auf keinen Fall ihre Altersvorsorge bei Bergfürst investieren, warnen sie. „Es geht um Investoren, die Spielgeld zur Verfügung haben und die es nicht aus der Bahn wirft, wenn dieses Geld weg ist“, sagt Sandler. Anlageberatung macht Bergfürst nicht. Doch nicht jedes Unternehmen kommt auf die Plattform. Im Blick haben sie kleine und mittelständische Firmen, die schon ein Produkt oder eine Dienstleistung am Markt haben, die also gezeigt haben, dass ihr Geschäftsmodell funktioniert und die nun Geld brauchen, um zu wachsen. Dabei müssen die Unternehmen zunächst in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden und dann mithilfe von Wirtschaftsprüfern einen Wertpapierverkaufsprospekt erstellen. In kleinen Videos stellen die Unternehmer dann ihr Team und ihr Geschäft vor. Auch nach der Emission sind die Firmen zur Transparenz verpflichtet. In verschiedenen Foren tauschen sich die Investoren untereinander und mit dem Unternehmen aus. Hinzu kommt die Unterstützung, die die Unternehmen über die eigenen Netzwerke der Investoren bekommen. „Wir spannen die Aktionäre auch als Botschafter für die Unternehmen ein, an denen sie beteiligt sind“, sagt Bemmann. So könnten im gemeinsamen Interesse Kosten gespart werden, etwa für Werbung.

Die Aktien werden ausschließlich bei Bergfürst gehandelt. 3500 registrierte Nutzer hat die Plattform inzwischen. Viel hängt davon ab, dass die erste Emission auch gelingt. Der Markt jedenfalls sei groß genug, meint Sandler. Für die meisten Start-ups sei es kein Problem, eine erste Anschubfinanzierung zu bekommen. Doch hierzulande Investoren für den Bereich zwischen fünf und 15 Millionen Euro zu finden, das sei schwer. „Erst ab 40 Millionen Euro aufwärts werden dann meist angelsächsische Investoren aufmerksam“, hat Sandler beobachtet. Diese Finanzierungslücke hat Bergfürst im Blick. Kapital sei genug vorhanden. „Die Deutschen sind so vermögend wie nie“, sagt der Bergfürst-Gründer. „Rund 50 Milliarden Euro haben die Deutschen in hoch riskante Derivate gesteckt. Ich finde, im deutschen Mittelstand wäre das Geld besser angelegt.“

Die Zulassung der Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin hat Bergfürst inzwischen. Die kam jedoch später als erwartet. Deshalb wird das erste Unternehmen erst Anfang 2013 seine Aktien bei Bergfürst platzieren. Damit die Plattform bis dahin nicht ungenutzt bleibt, werden zuerst Raul Krauthausen und die Sozialhelden für das gemeinnützige Projekt „Tausendundeine Rampe für Deutschland“ Geld einsammeln. So kann Bergfürst schon einmal zeigen, dass die Technik funktioniert.

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