Mallorca: Weniger Urlauber auf Deutschlands liebster Ferieninsel
Auf Mallorca protestieren Bürger gegen den Massentourismus – und jetzt gehen auch die Buchungen zurück.
Pünktlich zu Beginn der sommerlichen Hochsaison flammen auf der spanischen Ferieninsel Mallorca neue Proteste gegen den Massentourismus auf. An den Fassaden mehrerer Gästeherbergen in der Inselhauptstadt Palma tauchten urlauberfeindliche Parolen auf. „Hotels, raus aus dem Viertel“, sprühten Unbekannte an die Wände. Oder: „Es reicht jetzt mit den Hotels.“ Ähnliche Graffiti war bereits in den vergangenen Jahren im Sommer gesichtet worden und hatte für Unruhe gesorgt.
Doch die Hoteliers sind noch aus einem anderen Grund besorgt: Erstmals seit Jahren gehen die Buchungen auf Europas bekanntester Ferieninsel zurück. Eine Trendwende, welche die deutschsprachige Mallorca Zeitung zu der Frage veranlasste: „Sind die fetten Jahre vorbei?“ Im gesamten Jahr 2017 waren auf der Insel 10,3 Millionen ausländische Feriengäste gezählt worden – das war ein Plus von sechs Prozent. Doch nach dem ersten Halbjahr 2018 ist die Branche pessimistisch. Das Geschäft wächst nicht mehr, die Zahl der internationalen Gäste verringerte sich sogar leicht: Von Januar bis Ende Mai 2018 (neuere Zahlen liegen noch nicht vor) kamen laut amtlicher Statistik 0,35 Prozent weniger ausländische Urlauber als im Vorjahr. Im Juli und August liegen die Hotelbuchungen nach inoffiziellen Angaben der Branche sogar bis zu zehn Prozent im Minus.
Andere Länder locken mit Rabatten
Es gibt eine klare Tendenz nach unten, das bestätigt Mallorcas Hotelverband. Als Grund wird vor allem die wachsende Konkurrenz aus anderen Mittelmeerländern angeführt. Die Türkei, Griechenland, Tunesien und Ägypten locken mit günstigen Rabatten, während auf Mallorca die Hotelpreise in den letzten Boomjahren gestiegen sind.
Hinzu kommen die Proteste gegen den Tourismus, die bei manchen Urlaubern das Gefühl auslösen könnten, nicht mehr willkommen zu sein. Jüngst empfing ein kleiner Trupp von Demonstranten die Passagiere auf dem Airport Palmas mit Plakaten, auf denen Sprüchen standen wie: „Der Tourismus tötet Mallorca.“ Und: „Wer Mallorca liebt, zerstört es nicht.“
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Paradies der prekären Arbeit
Auf Flugblättern, die den Reisenden in die Hand gedrückt wurden, hieß es: „Mallorca erlebt derzeit eine schwerwiegende Umweltkrise. Die Strände sind überfüllt, die Straßen wegen der vielen Mietwagen verstopft, die Müllmengen erreichen jeden Sommer Höchststände.“ Auch soziale Probleme wurden darin angesprochen: „Mallorca ist das Paradies der prekären Arbeit und der niedrigen Löhne.“ In der Tat weiß man, dass viele Kellner und Zimmermädchen mit unsicheren Fristverträgen und miserablen Bruttogehältern von deutlich unter 1000 Euro leben müssen. „Wir Bewohner werden aus unseren Städten und Dörfern vertrieben, wo alles ausschließlich dem Tourismus unterworfen ist“, klagten die Demonstranten. Deswegen werde die Zahl der Bürger, die eine Begrenzung des Massentourismus forderten, jeden Tag größer.
Die Inselregierung steht links
Der Protest auf dem Flughafen war von der Bürgerplattform „Eine Stadt für die Bewohner“ (Ciutat per a qui l’habita) und von der linken Jugendgruppe Arran organisiert worden. Auch wenn es sich um eher kleine Bewegungen handelt, sprechen sie doch Probleme an, die viele Menschen auf Mallorca umtreiben. Probleme, die inzwischen sogar die Mitte-Links-Regierung der Balearischen Inseln, zu denen Mallorca gehört, zum Handeln zwangen.
Die Inselregierung, die aus Sozialisten und der linken Regionalpartei Més besteht, beschloss bereits vor Monaten, die Zahl der Urlauber zu deckeln. Dies soll durch eine Begrenzung der Gästebetten in Hotels und privaten Unterkünften erreicht werden, die zunächst nicht weiter wachsen und mittelfristig sogar von bisher 440 000 auf 320 000 gestutzt werden soll. Zudem wurde die Privatvermietung von Gästebetten, die in den letzten Jahren stark boomte, eingeschränkt.
Wohnen in Palma hat sich extrem verteuert
In der Inselhauptstadt Palma hatte die Ausbreitung von Ferienwohnungen zu einem Anstieg der Mietpreise von 40 Prozent in den letzten vier Jahren geführt, berichtete Palmas Bauderzernent José Hila jüngst. Mit dem Ergebnis, dass die einheimische Bevölkerung kaum noch bezahlbaren Wohnraum finde.
Auch die Umweltprobleme will die Inselregierung in Angriff nehmen. Sie denkt über ein Mietwagenlimit auf der Insel nach, wo im Sommer bis zu 100 000 Leihfahrzeuge unterwegs sind. Zudem sollen die Leihflotten bald nur noch aus Elektrofahrzeugen bestehen. Zugleich wurde dem Plastikmüll der Kampf angesagt: Von 2020 müssen viele Verpackungen und Plastikartikel aus kompostierbarem Biomaterial bestehen.
Palmas Bürgermeister Antoni Noguera warnte jedoch davor, den Urlaubern die Schuld an den bisherigen Fehlentwicklungen auf der Insel zu geben. Der Tourist sei nicht das Problem, sagte Noguera, sondern die bisherige Politik des zügellosen Wachstums.
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