Neuer VW Polo: Weltpremiere auf einer Havelinsel
VW stellt in Spandau den neuen Polo vor / Konzernabsatz stagniert in den ersten fünf Monaten / Neue Allianz in Russland.
Viel zu feiern hatte Herbert Diess nicht, seitdem er im Sommer 2015 von BMW zu VW gewechselt war. Zwei Monate später flog der Dieselbetrug auf, und anschließend brachte der Streit mit Betriebsratschef Bernd Osterloh über die Art und Weise des Sparens bei der Marke VW den neuen Markenchef Diess ins Straucheln. Offenkundig hat sich der Spitzenmanager davon erholt, denn am Freitagmorgen stellte er frohgemut und beschwingt den neuen Kleinwagen Polo in Berlin vor. Das Studio 3 des Event-Centers auf der Havelinsel Eiswerder in Spandau hatte der Konzern für die Weltpremiere aufgehübscht. „Hier ist er, unser großes, kleines Auto“, freute sich Diess.
Vor allen neue SUVs angekündigt
Autopremieren sind immer mit Tamtam und großen Worten verbunden, und so nutzte Diess die Show am Freitag zur Ankündigung der „größten Produktoffensive“ in der VW-Geschichte. Mehr oder weniger im Monatsrhythmus werde man neue Autos auf den Markt bringen, vor allem Geländewagen (SUV) wie den T-Rock auf Basis des Golf. Und dann, ab 2020, soll Volkswagen mit Elektroautos in eine „neue Ära“ fahren und sich als „attraktivster Volumenhersteller der Welt“ profilieren.
Der billigste Polo kostet 13 000 Euro
Aber das ist Zukunftsmusik. Den neuen Polo gibt es nicht mit Elektroantrieb, sondern mit vier Benzin- und zwei Dieselmotoren. Immerhin: Erstmals kann der Kleinwagen auch mit einem Erdgasantrieb gekauft werden. Irgendwann in den nächsten Monaten, denn die Markteinführung des neuen Polo beginnt im Herbst. 1975 brachte VW den ersten Kleinwagen heraus, der neue Polo ist inzwischen die Nummer 6. Und unterscheidet sich selbstverständlich erheblich von den Vorläufermodellen: Es gibt das Auto grundsätzlich nur noch als Viertürer, er ist größer geworden – allein das Kofferraumvolumen stieg von 280 auf 351 Liter – und das Cockpit hat inzwischen die Anmutung eines Computerbildschirms, mit dessen Hilfe alle möglichen Komfort- und Assistenzsysteme gesteuert werden können. Das hat indes seinen Preis: Die günstigste Basisvariante zum Preis von knapp 13 000 Euro gibt es ohne besondere Ausstattung. Immerhin 14 Millionen Autos vom Typ Polo hat Volkswagen seit 1975 verkauft und sich mit dem Wagen, der im spanischen Pamplona gebaut wird, die Marktführerschaft bei Kleinwagen in Westeuropa und China erobert. Bei Technologie und Design sieht Diess das neue Auto weltweit vorne.
Der Konzernabsatz stagniert
Einen Erfolg kann der Konzern und seine Kernmarke auch gut gebrauchen. Denn in den ersten fünf Jahresmonaten stagnierte der Absatz des Zwölf-Marken-Konzerns. Auffällig dabei: Die Oberklassentochter Audi setzte fast sechs Prozent weniger ab als im Vorjahreszeitraum. Aber auch die Marke VW fiel um 0,4 Prozent zurück, was vor allem am deutschen und dem chinesischen Markt liegt. Auf dem größten Markt der Welt verkaufte der Konzern von Januar bis Mai 1,5 Millionen Fahrzeuge, das waren 3,3 Prozent weniger als vor einem Jahr. In China waren Ende 2016 staatliche Anreize ausgelaufen. Im Mai gab es indes wieder ein Plus auf allen Märkten und bei allen Marken – mit Ausnahme Audis. Der Druck auf Audi-Chef Rupert Stadler, der im Umgang mit der Dieselkrise keine gute Figur gemacht hat, wird auch deshalb immer größer.
Allianz in Russland geplant
Gute Nachrichten gab es am Freitag nicht nur aus Berlin-Spandau, sondern auch aus Nischni Novgorod. Die VW-Sparte Truck & Bus, zu der auch MAN und Scania gehören, unterzeichnete eine Absichterklärung mit der russischen Gaz-Gruppe über eine strategische Partnerschaft. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Gaz bei VW 200 000 Dieselmotoren für leichte Nutzfahrzeuge im Zeitraum 2019 bis 2022 kauft, die im Motorenwerk Salzgitter produziert werden.
So langsam kommt der russischen Markt wieder in Tritt. Im ersten Quartal verkaufte die VW-Sparte 1390 Lkw in Russland, das waren doppelt so viele wie vor einem Jahr. MAN und Scania sind seit vielen Jahren als Motor- oder Buslieferant in Russland präsent, und zwar in der Regel als Partner der Gaz-Gruppe. Und VW produziert in einem eigenen Werk in Kaluga seit gut zehn Jahren Personenwagen der Marken VW und Skoda.