Stilberatung: Was Männer wollen
Das Berliner Start-up Outfittery nimmt Einkaufsmuffeln die Suche nach Hosen, Schuhen und Hemden ab. Sie gehen aber nicht mit den Männern einkaufen, sondern übernehmen die Stilberatung im Internet.
Es ist der Albtraum vieler Männer: Die Suche nach dem passenden Hemd, einer gutsitzenden Hose oder den richtigen Schuhen. Während der Einkaufsbummel für die meisten Frauen gar nicht ausgiebig genug sein kann, sind viele Männer wahre Shopping-Muffel. Julia Bösch weiß das aus Erfahrung. Auch ihr Freund ist so ein Fall. Als sie gemeinsam in New York waren, leistete er sich deshalb einen „Personal Shopper“ – also einen persönlichen Stilberater, der mit ihm einkaufen ging – und war begeistert. „Da dachten Anna und ich uns, das muss doch auch im Internet funktionieren“, erzählt Bösch.
Zusammen mit ihrer Freundin und Geschäftspartnerin Anna Alex sitzt sie auf weißen Plastikstühlen im Aufenthaltsraum ihrer kleinen Firma. Statt Tisch haben sie mehrere weiße Pappkisten übereinander gestapelt. „Outfittery“ steht in schwarzen Lettern auf den Kartons. So heißt das Berliner Start-up, das die beiden im April gegründet haben. Auf ihrer „Personal Shopping“-Plattform im Internet geben die männlichen Kunden an, was sie gerade an Kleidung brauchen. Wenig später wird eine der weißen Boxen nach Hause geschickt. Meist stecken da gleich zwei bis drei komplette Outfits darin samt Schuhen, Socken, Hosen, Gürtel, Hemd und Pullover. Outfittery folgt damit einem neuen Trend. Die Firma ist bereits das dritte Startup in Berlin, das sich im vergangenen Jahr gegründet hat und sich dem Personal Shopping im Netz widmet. Die beiden Konkurrenten heißen Modomoto und Modemeister.
„Wir wollen das sonst anonyme Onlineshopping mit persönlicher Beratung verbinden“, sagt Bösch. Wer sich als Mann bei Outfittery registriert, muss erst einmal etwas von sich Preis geben: Zum Beispiel muss er anklicken, ob er lieber Segelschuhe oder Sneaker trägt – und ob er mit dem Audi zur Arbeit fährt oder mit dem Fahrrad. „Dadurch wollen wir uns ein erstes Bild vom Kunden machen“, erklärt Co-Chefin Alex.
Diese Infos landen dann zusammen mit weiteren Angaben wie Kleidergröße und Alter auf dem Bildschirm einer der acht Stylistinnen von Outfittery. Sie sitzen sich an einer langen Reihe von Schreibtischen gegenüber. An der Wand hängen selbstgebastelte Poster, darauf kleben Fotos – zum Beispiel von Hosen, die gut bei breiten Oberschenkeln passen, und Hemden, die auch Männer mit besonders langen Armen tragen können. Die Stylistinnen rufen die Männer nach ihrer Bestellung an, um zu klären, ob sie etwas Bestimmtes suchen und mehr über ihren Stil zu erfahren. „Die meisten sind dann erstmal überrascht, dass das Internet bei ihnen anruft“, sagt Alex. Eine der Stylistinnen, die dann zum Telefon greifen, ist Tatjana Nebel. Die 24-Jährige ist Kauffrau im Einzelhandel und hat, bevor sie zu Outfittery kam, in den Galeries Lafayette gearbeitet. „Ich versuche, mit den Kunden ins Gespräch zu kommen, um herauszufinden, was ihnen gefallen könnte“, sagt sie. Auch hilft sie, die Größe richtig zu bestimmen, denn damit hätten viele Männer Probleme, „vor allem die, die lange nicht mehr einkaufen waren“. Dann sucht Nebel in der internen Datenbank die Kleidungsstücke heraus, die passen könnten.
Wie viele Männer sich mittlerweile auf der Internetplattform registriert haben, wollen Bösch und Alex nicht genau beziffern, die Zahl liege im vierstelligen Bereich. Vier Monate nach der Gründung hat Outfittery mittlerweile gut 2000 Kartons mit Herren-Outfits verschickt. Gefällt den Männern die Auswahl nicht, können sie einzelne Stücke oder auch alles kostenlos wieder zurückschicken. Das Unternehmen verdient an der Differenz zum Großhandelspreis, zu dem sie die Kleidung einkaufen. „Einen Großteil kaufen wir erst, wenn wir es auch verschicken wollen“, sagt Bösch. Derzeit bietet Outfittery den Einkaufsservice nur in Deutschland an. Sie planen aber, weitere Länder zu erschließen, als erstes Österreich und die Schweiz.