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Vor allem gegen zuckerhaltige Getränke will Klöckner vorgehen.
© Monika Skolimowska/dpa

Vereinbarung mit der Lebensmittelindustrie: Was ist schon gesund?

Ernährungsministerin Klöckner hat mit der Lebensmittelbranche eine Reduktion von Zucker, Salz und Fett vereinbart. Aber wie ungesund sind die Stoffe eigentlich?

Jeder möchte sich eigentlich gesund ernähren. Die Schwierigkeit sehen viele im vielbeschworenen inneren Schweinehund. Andere haben fehlende Informationen zu Inhaltsstoffen als Ursache ausgemacht und sehen etwa in besserer Kennzeichnung eine Lösung. Bundesernährungsministerin Julia Klöckner geht noch einen Schritt weiter und arbeitet darauf hin, von Nahrungsmittelherstellern jene Inhaltsstoffe, die als ungesund gelten, von vornherein reduzieren zu lassen.

Doch das wichtigste Problem ist ein anderes: Niemand weiß genau, was gesunde Ernährung ist. Denn dafür bräuchte man eindeutige Studienergebnisse. Die meisten Studien, auf denen heutige Ernährungsempfehlungen basieren, beruhen darauf, dass Menschen gefragt werden, was sie essen oder gegessen haben. Epidemiologie heißt die Methodik. Ein Problem mit diesen Studien ist, so sagte es kürzlich die prominente britische Ernährungsforscherin Susan Jebb dem Tagesspiegel, dass man „dadurch, dass man Leute fragt, was und wie viel sie gegessen haben, nicht unbedingt die Wahrheit erfährt.“

Im jetzt auslaufenden Jahr erlebt die Ernährungswissenschaft an sich die vielleicht größte Krise, seit es sie gibt. Einer der in populären Medien meistzitierten Ernährungsforscher, Brian Wansick von der Cornell University, musste kürzlich seinen Job aufgeben. Zahlreiche seiner Studien wurden zurückgezogen, weil sie offensichtlich manipuliert waren. Auch eine Studie namens „Predimed“, die als qualitativ hochwertig galt und die Vorteile der Mittelmeer-Diät belegen sollte, wurde vom renommierten „New England Journal of Medicine“ zurückgezogen.

Bei Zucker besteht Einigkeit

In Klöckers Initiative geht es vor allem um Fett, Salz und Zucker. Konkret ist hier aber in Fachkreisen vieles umstritten, etwa, dass gesättigte Fette überhaupt gesundheitsschädlich sind. Und zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren aus Pflanzen, die populär als gesund gelten, ist die Datenlage zumindest komplex. Denn wenn es sich um Omega-6-Fettsäuren handelt, wie sie etwa in Distel- oder Maiskeimöl vorkommen, ist bekannt, dass sie entzündungsfördernd sind. Selbst entzündungshemmende Omega-3-

Säuren sind möglicherweise nicht so universell gesund, wie allgemein propagiert wird. Denn ihre chemische Struktur macht sie zu reaktionsfreudigen Molekülen. Durch sie könnten sogar zell- und erbgutschädigende freie Radikale entstehen. Doch auch hier fehlen die Studien.

Auch bei Salz sind, abgesehen von Megadosen, Gefahren für die Allgemeinbevölkerung unwahrscheinlich. Dokumentiert dagegen sind Gesundheitsrisiken für Personen, die ihren Salzkonsum sehr stark reduzieren.

Allein bei Zucker in großen Mengen besteht ziemliche Einigkeit, dass er ungesund ist. Manche Forscher bezeichnen ihn gar als Gift. Eins ist allerdings klar: Irgendetwas muss man essen. Was das sein soll, dazu gibt es nach derzeitigem Stand eine recht knappe Anleitung: Frisch, also möglichst nicht industriell hochverarbeitet. Nicht zu viel, egal wovon, aber abwechslungsreich mit eher hohem Gemüseanteil. Und, tatsächlich: wenig Zucker.

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