Facebook und Google als Vorbild?: Was deutsche Firmen von einer Impfpflicht für Arbeitnehmer halten
Einige US-Tech-Konzerne verhängen für die Rückkehr ins Büro eine Impfpflicht. Ist das auch für Firmen in Deutschland denkbar?
Die US-Internetkonzerne Google, Facebook und Netflix haben für Mitarbeiter, die nicht im Homeoffice arbeiten wollen, eine Impfpflicht verhängt. Stehen Arbeitnehmern in deutschen Firmen ähnliche Vorgaben ins Haus? Einer Tagesspiegel-Umfrage unter einigen der größten Arbeitgebern in Deutschland zufolge sieht es nicht so aus.
„Eine solche Pflicht gibt es bei uns nicht, auch nicht in der Planung“, heißt es etwa vom Softwarekonzern SAP. Auch Volkswagen will davon nichts wissen und verweist wie fast alle anderen angefragten Firmen auch auf die Werksärzte, die allen Mitarbeitern und deren Angehörigen Impfungen anbieten. Bei der Bahn heißt es dazu, man habe zehn eigene Impfzentren aufgebaut, in denen Mitarbeitende durch Betriebsärzte geimpft werden können. Aktuell sei geplant, dass die Impfstraßen noch bis Ende August geöffnet sind.
Der Autozulieferer Bosch teilt mit, dass durch die eigenen Impfungen inzwischen über 40.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie an einigen Standorten auch Angehörige und Beschäftigte von kleineren Partner- und Zuliefererbetrieben geimpft werden konnten. Das Berliner Medienunternehmen Axel Springer hat die Impfstraße vor seinem Hauptgebäude in Kreuzberg mittlerweile sogar für alle geöffnet. Nicht nur Mitarbeiter, sondern alle Bürger und Bürgerinnen können sich hier impfen lassen; von 14 bis 17 Uhr sogar ohne Voranmeldung.
"Die Impfung gegen das Coronavirus ist eine private und persönliche Entscheidung jedes Einzelnen", teilte Daimler auf Nachfrage mit. "Wir halten uns an die gesetzlichen Regelungen und an die nationale Impfstrategie."
Verdi ebenfalls gegen Impfpflicht
Die Gewerkschaft Verdi hält von einer Impfpflicht am Arbeitsplatz nicht viel und setzt stattdessen auf eine verbesserte Impfkampagne. „Wir lehnen eine Impfpflicht ab, auch für bestimmte Berufsgruppen“, sagte Grit Genster, Leiterin des Bereichs Gesundheitspolitik bei Verdi, am Donnerstag. „Stattdessen setzen wir sehr darauf, dass gut informiert wird und niederschwellige Angebote gemacht werden.“
Die Frage könnte in Zukunft noch drängender werden, da die Zahl der Beschäftigten im Homeoffice deutlich zurückgeht. Im Juli arbeitete nach einer neuen Schätzung des Münchner Ifo-Instituts nur noch ein Viertel der Beschäftigten (25,5 Prozent) zumindest zeitweise zuhause, eine Fortsetzung des rückläufigen Trends der vergangenen Monate. Im Juni waren es noch 28,4 Prozent gewesen. Die Münchner Ökonomen führten das am Donnerstag nicht nur auf das Ende der Homeoffice-Pflicht für Unternehmen zurück: „Die Menschen suchen wieder häufiger den persönlichen Kontakt im Büro“, sagte Ifo-Wissenschaftler Jean-Victor Alipour am Donnerstag.
Weniger Homeoffice macht die Impffrage drängender
Überdurchschnittlich häufig in den eigenen vier Wänden arbeiten nach wie vor Beschäftigte in Dienstleistungsberufen. Besonders deutlich sichtbar war die Entwicklung laut Ifo-Einschätzung in Fernsehen und Rundfunk: Der Anteil der Heimwerker fiel demnach von 60,9 Prozent in Juni auf 36,9 Prozent im Juli.
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Laut einer Umfrage des Reisezahlungs-Dienstleisters AirPlus rechnen die Firmen aber künftig mit einem bleibenden Homeoffice-Anteil. Besonders geeignet sei dies für Mitarbeiter der IT, Finanzen und Management sowie bei Marketing, Kommunikation und allgemeiner Verwaltung.
Weil sich bei der Fernarbeit aber auch Schwächen wegen fehlender menschlicher Interaktion zeigten, rechneten die meisten Firmen für die Zukunft mit Mischformen zwischen mobilem und stationärem Arbeiten. Mit Homeoffice-Angeboten könne man auch bei Fachkräften punkten
Googles und Facebooks Vorgaben
Bei den US-Tech-Konzernen ist Homeoffice schon vor Corona häufig möglich gewesen. Jetzt verknüpfen große Firmen eine Rückkehr aus dem Homeoffice mit einer Impfpflicht. „Jeder, der zum Arbeiten auf unser Campus kommt, muss geimpft sein“, erklärte Google-Firmenchef Sundar Pichai in einem Blog-Eintrag am Mittwoch. Die Homeoffice-Regelung wird in beiden Unternehmen wegen der erneut steigenden Corona-Zahlen bis Oktober verlängert.
„Wir werden diese Regelung in den kommenden Wochen in den Vereinigten Staaten einführen und in den kommenden Monaten auf andere Regionen ausweiten“, erklärte Pichai. Die Bestimmungen sollen demnach aber an die jeweiligen Corona-Regelungen der einzelnen Länder und die Verfügbarkeit von Impfstoff angepasst werden.
Auch Facebook werde „verlangen, dass jeder geimpft wird, der einen unserer Standorte in den USA besucht“, sagte Vizepräsidentin Lori Goler der Nachrichtenagentur AFP. Das Unternehmen plant, seine Büros im September mit einer Kapazität von 50 Prozent wiederzueröffnen. Ab Oktober soll wieder offiziell aus dem Büro gearbeitet werden. (mit AFP)