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Wie schlimm kann es noch kommen mit der Deutschen Bank?
© imago/Hans-Günther Oed

Geldinstitut in der Krise: Was bei der Deutschen Bank passiert ist und was noch droht

Kein Experte erwartet, dass die Deutsche Bank wirklich kippt. Aber wie schlimm kann es noch werden? Und was heißt das für Kunden? Fragen und Antworten zum Thema.

Die Deutsche Bank, einstiger Leuchtturm der deutschen Wirtschaft, wird zum Spielball von Spekulanten. Immer neue Gerüchte und Indiskretionen lassen die Kurse einbrechen und wecken Zweifel, ob das Institut überleben kann.

Was ist am Freitag passiert?

In der Nacht veröffentlichte die Agentur Bloomberg eine Meldung, nach der zehn Hedgefonds, unter ihnen Millennium Partners, Capula Investment Management und Rokos Capital Management, ihre Aufträge an die Deutsche Bank kürzen. Der Handel mit und für die Hedgefonds ist ein wichtiger Geschäftszweig für das Institut. Die Nachricht führte im späten New Yorker Handel zu einem Kurssturz der Aktie, der sich am Morgen in Frankfurt fortsetzte. Die Aktie stürzte um neun Prozent ab und notierte erstmals seit 33 Jahren unter zehn Euro, bevor sie sich wieder erholte.

Was bedeutet der Rückzug der Hedgefonds für die Bank?

Sollte der Bloomberg-Bericht stimmen, wäre es ein weiterer Schlag für das Vertrauen in die Bank. Allerdings ist nicht klar, wie viele Fonds und welche Summen abgezogen haben. Es geht angeblich um die Abwicklung von Geschäften mit komplexen Finanzprodukten. Der Rückzug könnte weitere Kunden dazu verleiten, ihre Geschäfte auf andere Institute zu verlagern. Die „Financial Times“ zitiert einen nicht genannten Mitarbeiter der Deutschen Bank, demzufolge die Fonds ihr Risiko begrenzen wollten angesichts der Lage der Bank. So bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder handelten die Hedgefonds, weil sie etwas Wichtiges wissen über die Deutsche Bank, oder um gegen sie zu spekulieren. Konzernchef John Cryan verwies darauf, dass der Konzern mehr als 20 Millionen Kunden habe.

Wie schlimm steht es um das Institut?

Tatsache ist, dass der Deutschen Bank weitere hohe Strafen drohen. Das US-Justizministerium hat seine Strafforderung wegen windiger Hypothekenkredite zwar von 14 Milliarden auf 5,4 Milliarden Dollar reduziert. Die Bank hat aktuell aber nur 5,5 Milliarden Euro für alle drohenden Strafen zurückgestellt, die die Gesamtsumme noch deutlich erhöhen werden.

Ungeklärt sind auch die Folgen des Geldwäsche-Skandals mit Kunden der Bank in Russland. Dazu gesellen sich Vorwürfe im Blick auf Manipulationen am Devisenmarkt. Auch hier könnte der Bank eine hohe Strafe auferlegt werden. Tatsache ist auch, dass die Deutsche Bank im vergangenen Jahr einen Rekordverlust von fast sieben Milliarden Euro verbucht hat. Möglicherweise droht auch das Kapital knapp zu werden.

Aber eine weitere Kapitalerhöhung wäre vor dem Hintergrund des niedrigen Aktienkurses extrem schwierig. Experten schätzen, dass die Bank dadurch allenfalls rund sieben Milliarden Euro erlösen könnte. Das würde für die Begleichung der Strafen nicht reichen. Außerdem käme der Aktienkurs noch stärker unter Druck.

Was sagt John Cryan?

Die Sorgen sind zweifellos groß. Darauf deutet hin, dass sich Cryan am Freitag zu einer Nachricht an die Mitarbeiter veranlasst sah: Die Spekulationen über die Hedgefonds sorgten zu Unrecht für weitere Unruhe. Die Außenwahrnehmung der Bank sei verzerrt. „Vertrauen steht im Bankgeschäft am Anfang von allem. Am Markt sind gerade einige Kräfte unterwegs, die dieses Vertrauen in uns schwächen wollen.“

Wer das sein könnte, deutete Cryan nicht an. Auch Professor Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance sieht Spekulanten am Werk. Das sei ja gerade das Geschäft von Hedgefonds. Deswegen hätten sie die Nachricht über den Abzug von Geldern lanciert.

Was sagen Konkurrenten?

Credit Suisse und Goldman Sachs, zwei wichtige Konkurrenten, halten die Spekulationen und die Attacken auf die Bank für übertrieben. In am Freitag veröffentlichten Studien heißt es, die Bank verfüge über ausreichend und stabile Liquidität. Goldman Sachs beziffert sie auf 223 Milliarden Euro und nennt für die Bank weiterhin ein Kursziel von 14,20 Euro für die Aktie.

Kann die Bank aus eigener Kraft überleben?

Ja. Nach Meinung von John Cryan verfügt die Deutsche Bank über ein „starkes Fundament“: Sie erfülle die Eigenkapitalanforderungen und habe mit dem Verkauf des britischen Versicherers Abbey Life ihr Eigenkapital gestärkt. Sie habe im ersten Halbjahr einen Gewinn vor Steuern von einer Milliarde Euro erzielt. Sie habe Liquiditätsreserven von mehr als 215 Milliarden Euro, damit verfüge sie über einen „überaus komfortablen Puffer“.

Ist Staatshilfe rechtlich noch möglich?

Steuerzahlergeld für die Rettung maroder Banken – diese Zeiten sollten eigentlich vorbei sein. Das ist nun auch gesetzlich so geregelt. Seit Anfang dieses Jahres legt die EU-Abwicklungsrichtlinie BRRD (Bank Recovery and Resolution Directive) fest, dass bei einer Schieflage zunächst die Aktionäre und die Gläubiger der Bank zur Kasse gebeten werden, Großaktionäre der Deutschen Bank sind beispielsweise die Scheichs aus Katar und der US-Finanzinvestor Blackrock – also keine Armen. Die Richtlinie sieht jedoch Ausnahmen vor, so ist eine staatliche Finanzhilfe zulässig, wenn dadurch eine schwere volkswirtschaftliche Störung abgewendet werden kann.

Berichte, nach denen die Regierung längst über einen Notfallplan berät, dementiert das Bundesfinanzministerium. Dennoch glaubt auch der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick, dass die Bank im Zweifelsfall gerettet werden würde. Zwar ließen die europäischen Regeln Staatshilfe nur in bestimmten Situationen und unter engen Voraussetzungen zu, aber auch heute gelte noch: „Deutsche Bank ist too big to fail“, sagte Schick dem Tagesspiegel. Allerdings hätte niemand Verständnis dafür, „eine Bank zu retten, die wegen der Strafen für sehr viele kriminelle Aktivitäten in Schwierigkeiten ist“.

Wann endlich stellt die EZB, stellt die Politik sicher, dass der Steuerzahler in keinem Fall belastet wird, sondern dass Banken, die durch schuldhaftes Handeln ihre Existenz gefährdet haben, vom Markt verschwinden?

schreibt NutzerIn Heinz321

Was ist die Bank noch wert?

Der Börsenwert der Bank – der Wert aller Aktien laut Kurs – betrug zeitweise weniger als 14Milliarden Euro. Auf 14 Milliarden Dollar lautet die Strafforderung der US-Justiz. Der Kursverfall zeigt nach Ansicht von Börsianern, dass Spekulanten die Deutsche Bank attackieren. Vor einem Jahr stand die Aktie noch bei 24 Euro, zu Zeiten von Josef Ackermann waren es zeitweilig mehr als 100 Euro. Gemessen am Börsenwert rangiert die Deutsche Bank nicht einmal mehr unter den 100 weltweit größten Instituten.

Kann die Deutsche Bank andere Aktien anstecken?

Ja. Auch andere Banken mussten am Freitag große Kursverluste verkraften. Auch der deutsche Leitindex Dax wurde von den Schlagzeilen in Mitleidenschaft gezogen und notierte zwischenzeitlich bei 19196 Punkten. Analyst Jochen Stanzl von CMC Markets sprach von einem rabenschwarzen letzten Handelstag des Quartals, bevor sich die Lage beruhigte: „Das Gespenst einer neuen Bankenkrise geht an den Finanzmärkten um.“ Sollte sich der Dax nicht über der Unterstützungszone bei rund 10250 Punkten behaupten können, drohe ein Rutsch unter die Marke von 10000 Punkten.

Wie geht es weiter mit der Deutschen Bank?

Kein Experte erwartet wirklich, dass die Deutsche Bank kippt und eine Pleite droht. Nach Ansicht vom Sabine Lautenschläger, Direktor der Europäischen Zentralbank (EZB) sind die europäischen Banken im Durchschnitt stabil. Das hat auch der jüngste Stresstest der europäischen Bankenaufsicht EBA gezeigt, auch im Blick auf die Deutsche Bank. Es gibt keine Bankenkrise, sagt auch Professor Schalast. Für die Deutsche Bank freilich bleiben die Rechtsstreitigkeiten und drohende Milliardenstrafen weiter eine große Last. Genauso wie anhaltende Spekulation über die Lage der Bank und der niedrige Aktienkurs. Ein Riesenproblem ist der durch die Skandale der Vergangenheit schwer angeschlagene Ruf der Bank und ein möglicher weiterer Vertrauensverlust. Kunden und Aktionäre könnten sich verstärkt abwenden.

Für den Fall der Fälle: Was droht den Kunden?

Wenn eine Bank Pleite geht, oder gerettet werden muss, gilt für Kunden: Ihre Einlagen sind bis zu einer Höhe von 100000 Euro auf jeden Fall gesichert. Durch den Einlagensicherungsfonds der privaten Banken ist bei der Deutschen Bank zusätzlich eine Million Euro geschützt. Die Wertpapiere, die Kunden im Depot haben, sind ebenfalls sicher, weil sie nicht zum Bankvermögen gehören. mit Reuters

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