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Martin Winterkorn, ehemaliger Volkswagen-CEO, ist bereits wegen schweren Betrugs angeklagt.
© Peter Steffen/dpa

Spät, aber besser als nie: Warum die Winterkorn-Anklage ein so wichtiges Signal ist

Die Aufklärung des Dieselskandals verläuft zäh und bürokratisch. Jetzt wird der Ex-VW-Chef wegen Betrugs angeklagt – endlich. Ein Kommentar.

Martin Winterkorn ist ohnehin schon gut beraten, keinen Urlaub mehr in den USA zu machen: „Wer versucht, den Staat zu betrügen, der muss dafür einen hohen Preis bezahlen.“ Dieser Satz stammt vom früheren US-Justizminister und bezog sich auf den ehemaligen VW-Chef. Im März 2018 wurde er in den USA angeklagt. Der Vorwurf lautete: schwerer Betrug. Ein gutes Jahr später ist jetzt auch die Staatsanwaltschaft Braunschweig so weit. Am Montag erhob sie Anklage gegen Winterkorn und vier weitere - so wörtlich - „Führungskräfte“.

Es bleibt rätselhaft, warum die Beweislage im Dieselskandal den US-Behörden schon vor einem Jahr für eine Anklage ausreichte, die deutschen Kollegen aber weitere zwölf Monate ermitteln mussten, um nun zum gleichen Ergebnis zu kommen. Über Schuld oder Unschuld von Winterkorn sagt dies nichts. Aber es sagt viel über die zähe, bürokratische Aufarbeitung des Skandals hierzulande – juristisch, politisch, unternehmerisch. Dazu passt, dass Dieselgate im Jahr 2015 in den USA aufgedeckt wurde.

Beweislast scheint erdrückend

So erdrückend die Beweislage ist und so wenig für die Unschuld Winterkorns und des VW-Führungskreises in seiner Amtszeit spricht, es muss nun ein faires Verfahren geben. Schon der Prozess an sich dürfte eine Genugtuung für Millionen betrogener VW-Kunden sein. Und der Öffentlichkeit, die seit dreieinhalb Jahren über den Diesel spricht, wird das Verfahren das Signal geben, dass die Verantwortlichen endlich zur Rechenschaft gezogen werden.

Auch für die amtierende VW-Führung wird es nun brisant. Wer zählt noch zu den Angeklagten? Zu hören ist, dass die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen Konzernchef Herbert Diess abschließen will. Und was ist mit Hans Dieter Pötsch, den früheren Finanzvorstand und heutigen Aufsichtsratschef, gegen den ebenfalls ermittelt wird? Plötzlich steht der Dieselskandal wieder auf der Tagesordnung – in Wolfsburg und in Stuttgart, wo sich Daimler gegen neue Manipulationsvorwürfe wehrt. Ins Kalkül der Autobosse passt das schlecht. Sie bereiten gerade eine gemeinsame Charme-Offensive für die Bundesregierung vor, die weitere Milliarden für die Förderung der Elektromobilität locker machen soll. Die Bereitschaft, dies ohne Bedingungen zu tun, dürfte in Berlin zuletzt nicht gewachsen sein.

Henrik Mortsiefer

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