"Flashcrash" an der Börse: Warum das britische Pfund plötzlich abstürzte
Scharfe politische Töne und automatisierter Handel an den Börsen - warum das britische Pfund so plötzlich in der Nacht abgestürzt ist. Eine Analyse.
Wie aus heiterem Himmel ist der Kurs des britischen Pfunds am Freitag abgestürzt. Es begann am frühen Morgen in Tokio, wo das Pfund um fast zehn Prozent auf den tiefsten Stand seit 31 Jahren fiel. Auch auf europäischen Handelsplattformen, auf denen Währungen auch in der Nacht gehandelt werden, fiel das Pfund wie ein Stein. Gegenüber dem Euro erreichte es ein Tief bei 1,08. Genauso schnell wie sie gefallen war, erholte sich die Währung wieder. Experten sprechen in solchen Fällen von einem „Flashcrash“.
Die japanische Wirtschaftszeitung „Nikkei“ zitierte einen Händler mit den Worten, da habe wohl jemand mit einem „dicken Finger“ auf seiner Computertastatur versehentlich eine größere Verkaufsanweisung eingetippt als beabsichtigt. Andere machten Computer-Algorithmen verantwortlich, die beim Unterschreiten einer Kursmarke Verkaufsorders schalten. Dieser automatisierte Systemhandel kann Rückgänge zu Crashs anschwellen lassen. Allerdings wird der Effekt dadurch abgeschwächt, dass es Algorithmen gibt, die genau das gegenteilige Konzept haben. Sie kaufen, wenn der Kurs unter eine bestimmte Schwelle sinkt. Letzteres Konzept hat kurzfristig die Nase vorn, weil es auf jede heftige Bewegung immer eine Gegenbewegung gibt.
Die Spannungen mit der EU nehmen zu
Anlass könnten auch scharfe politische Töne von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gewesen sein. Europa werde angesichts der „britischen Manöver“ zum Brexit „unnachgiebig“ bleiben. "Man kann nicht mit einem Fuß drinnen und mit einem Fuß draußen sein. Und mit dem Fuß, der draußen ist, alles zertrampeln, was aufgebaut wurde."
Großbritanniens Premierministerin Theresa May hatte zuvor deutlich gemacht, dass sie der Einschränkung der Immigration Vorrang vor einem Verbleib im EU-Binnenmarkt geben würde. Das dürfte ebenfalls zur schlechten Stimmung gegenüber dem Pfund beigetragen haben, das sich seit dem Brexit-Referendum in einem stabilen Abwärtstrend befindet.
Mays Worte beim Parteitag der Konservativen sind einerseits ein cleverer Schachzug. Wenn London bereit ist, die Konsequenzen des Brexit voll zu tragen, hat die EU keinen Hebel mehr. Andererseits könnte sich dadurch das Strafbedürfnis der EU verschärfen, was zusätzliche negative Konsequenzen hätte.
Auf ein solches Strafbedürfnis weisen auch die Worte von Francois Hollande hin, des französischen Staatspräsidenten. "Es muss eine Drohung geben, es muss ein Risiko geben, es muss einen Preis haben", sagte Hollande am Donnerstagabend in Paris mit Blick auf die Brexit-Verhandlungen. "Großbritannien hat sich für einen Brexit entschieden, ich glaube sogar, für einen harten Brexit." Nun müsse der Wille der Briten auch umgesetzt werden. (mit dpa)