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Die Geldpolitik der EZB wird von Banken vorgeschoben, um von ihren Kunden Geld zu berappen (Archivfoto).
© Arne Dedert/dpa

Wie Banken den Sparern ihr Geld abknöpfen: Warum das Argument von den „Strafzinsen“ so nicht stimmt

Viele Banken kassieren inzwischen eine Extragebühr auf Einlagen und begründen das mit der Zinspolitik der EZB. Das sollten sie besser nicht tun. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Harald Schumann

Wenn es um die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank EZB geht, dann gehen Populisten und Banklobbyisten zuweilen Hand in Hand. So läuft es nun auch bei der verbreiteten Praxis der Banken, Negativzinsen einzutreiben.

Schon 165 deutsche Geldhäuser kassieren von Privatkunden eine solche Extragebühr auf ihre Einlagen, manche bereits ab einer Summe von 5000 Euro. Um das zu rechtfertigen, verweisen die Banker gerne auf die „Strafzinsen“ der EZB, die sie selbst für ihre Einlagen dort bezahlen müssen.

Und genauso spiegeln es viele Medien wie jüngst etwa die ARD in ihrer Sendung „Börse vor Acht“. Die Banken, so hieß es da zur Primetime kurz vor der Tagesschau, „reichen die Strafzinsen, die sie selbst berappen müssen, wenn sie bei der EZB Geld hinterlegen, an die Sparer weiter“. Doch das stimmt so nicht.

Tatsächlich beträgt die Summe an gesetzlich vorgeschriebenen Einlagen der Geschäftsbanken bei der EZB nur einen Bruchteil der Gesamtsumme aller Gelder auf Giro- und Sparkonten. Denn das Zentralbankgeld dient ausschließlich der Verrechnung der Geschäfte zwischen den Banken und mit der EZB, und es zirkuliert nur zwischen den Zentralbankkonten, gänzlich getrennt vom Geldkreislauf für alle übrigen Unternehmen und Bürger.

Wenn also ein Kunde der einen Bank eine Überweisung an einen Kunden einer anderen Bank veranlasst, wird parallel dazu die entsprechende Summe vom Zentralbankkonto der ersten Bank abgebucht und dem Konto der zweiten Bank gut geschrieben.

Weil aber stets nur ein kleiner Teil der vorhandenen Einlagen tatsächlich zwischen den Banken übertragen wird, müssen sie auch nur einen kleinen Teil ihrer Kundeneinlagen in Form von Zentralbankgeld bei der EZB vorhalten. Entsprechend gering fällt die Summe aus, die sie dafür derzeit als Negativzins in Höhe von 0,5 Prozent aufs Jahr bezogen entrichten müssen.

Zwar sind diese Zentralbankeinlagen der Geschäftsbanken in den vergangenen Jahren stark gestiegen, weil die EZB im großen Stil mit frisch geschöpftem Zentralbankgeld Staatsanleihen gekauft hat und die Erlöse der Verkäufer sich auch auf den EZB-Konten der Geschäftsbanken niederschlagen. In der Folge verfügen viele Banken nun über mehr „Überschussliquidität“ bei der EZB, als ihnen lieb ist.

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Aber eben deshalb haben die Frankfurter Währungshüter vor einem Jahr hohe Freibeträge in Höhe von rund 35 Prozent dieser Zentralbankguthaben eingeführt, für die gar keine Negativzinsen fällig werden. In der Folge sanken die fälligen Zahlungen erheblich.

Gleichzeitig bringt die Niedrigzinspolitik auch massive Vorteile für die Banken. Früher mussten sie ihren Kunden Einlagezinsen zahlen, jetzt bekommen sie deren Geld kostenlos. Vor der Coronakrise war der Saldo aus Aufwand und Ertrag bei Spareinlagen sogar positiv, hatte die Bundesbank damals berichtet. Zudem bewahrt der geringe Zinssatz jetzt in der Krise viele ihrer Kreditkunden vor der Insolvenz. Auch das entlastet die Banken.

Darum gilt es, der anhaltenden Klage der Bankenlobby gegen die EZB-Politik mit Skepsis zu begegnen. Anstatt ihre Kunden pauschal mit neuen Gebühren für Kosten zu belegen, die diese nicht überprüfen können, sollten sie zunächst offenlegen, wie viel sie tatsächlich zusätzlich an die EZB zahlen müssen und auf die Sparer und Einleger abwälzen wollen. Solange sie das verweigern, bleibt der Verdacht, dass die Kunden unter falschem Vorwand abgezockt werden.

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