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Es ist angerichtet: Die Gespräche zwischen China und den USA beginnen am heutigen Donnerstag.
© AFP

Neue Gespräche im Handelsstreit: Warum China den Verhandlungen mit den USA entspannt entgegenblickt

Weitere Milliardenzölle sind schon in Sicht. Doch vor den weiteren Gesprächen mit den USA sieht es nicht so aus, als würde China von seiner Positionen abrücken.

Es wäre ein Wunder, wenn die Gespräche zwischen den Vertretern aus China und den USA eine Einigung brächten. Am heutigen Donnerstag treffen sich beide Seiten zum ersten Mal seit zwei Monaten. Es bleibt nicht viel Zeit. Am 15. Oktober sollen die US-Zölle auf chinesische Waren im Wert von 250 Milliarden Dollar von 25 auf 30 Prozent steigen. Und Donald Trump hat gerade 28 Institutionen aus China auf eine schwarze Liste gesetzt, darunter acht Technologieunternehmen.

Während Trump das Credo „America First“ als Grundlage des Handelskriegs hat und dabei an der Konfrontation festhält, meidet China öffentlichen Streit, kann aber aus anderen Gründen keinen Schritt zurückweichen. Der US-Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge hat Vizepremier Liu He gerade erst bekräftigt, dass China keine Reform der chinesischen Industriepolitik oder der staatlichen Subventionen in Erwägung zieht – beides sind Kernforderungen der USA.

Weitere Eskalationen sind also wahrscheinlich, China hat Gegenzölle angekündigt. Die Abgaben auf US-Agrarprodukte wie Sojabohnen, Weizen und Mais sind nicht zu unterschätzen. Lagen die US-Agrarexporte nach China vor zwei Jahren noch bei über 19 Milliarden Dollar, sind sie 2018 auf neun Milliarden Dollar gefallen. Und im ersten Halbjahr 2019 waren es nur noch 1,3 Milliarden Dollar.

China prahlt mit Waffen

Peking hat sich inzwischen auf eine Ebene begeben, auf der die Regierung nur noch mit Gegendruck auf Druck aus den USA reagieren kann. Das soll Stärke demonstrieren, besonders mit Blick auf das eigene Volk im Jahr des 70. Geburtstags der Volksrepublik. Die Militärparade dazu in Peking und die dort gezeigten Waffen unterstrichen mit Nachdruck, womit das Land seine Interessen verteidigen könnte. Doch mindestens so wichtig sind die Entwicklungen in Bereichen wie Daten, Technologie, Innovation und Wissenschaft. Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte das am 1. Oktober deutlich gesagt: „Keine Macht kann den Fortschritt des chinesischen Volkes und der Nation aufhalten.“ Also auch nicht die USA.

Der Westen hat lange zugesehen und das Modell der Globalisierung auf dem Rücken der chinesischen Arbeiter so lange genutzt, wie es profitabel war. Dabei sind die USA nicht das einzige Land, das die neue Stärke Chinas fühlt. Pekings Ziel ist eine neue Weltordnung – in der China eine führende Rolle spielen wird. Es sind zwei Großprojekte, die die Regierung 2013 und 2015 ins Leben gerufen hat und die als Vehikel zur Umsetzung dieses Ziels dienen.

Seidenstraße und eine neue Investmentbank

Erstens das Seidenstraßenprojekt, das 2013 von Xi Jinping persönlich initiiert wurde, um den Handel zwischen China und der Welt zu kontrollieren. 126 Länder und 56 internationale Organisationen in Asien, dem Nahen Osten, Europa, Afrika und Südamerika haben Kooperationsabkommen mit China unterzeichnet, um daran teilzunehmen. Das gesamte Handelsvolumen zwischen China und den teilnehmenden Ländern liegt bei sechs Billionen Dollar und soll bis 2030 auf mehr als 25 Billionen Dollar wachsen.

Zweitens die Einrichtung der „Asiatischen Infrastruktur Investmentbank (AIIB)“. Sie zählt mittlerweile 74 Mitgliedsstaaten und hat fast zehn Milliarden Dollar in 50 Projekte weltweit investiert. Bei beiden Maßnahmen ist es nicht nur das Bemühen um Dominanz im Welthandel, sondern auch ein geopolitischer Aspekt, der die Strategien aus Peking untermauert und den nicht nur die US-Amerikaner argwöhnisch registrieren.

Deutschland und die EU halten sich, so gut es geht, aus diesem Konflikt heraus, weil China ein zu wichtiger Handelspartner ist. Dennoch dürfte vielen Europäern die Konfrontation Trumps gefallen, denn nach Jahren der Versprechungen Pekings, die Märkte des Landes zu öffnen, ist zu wenig und dies wenige zu langsam passiert. Der Wettbewerb in China ist für ausländische Unternehmen nach wie vor unfair. Dass der Westen sich da nicht einig ist, trägt zur Stärke Chinas in der Handelsauseinandersetzung bei.

Nachdem Trump wegen der Ukraine-Affäre innenpolitisch angezählt scheint, werden Pekings Unterhändler abwarten, ob der amerikanische Präsident wieder auf die Beine kommt oder ob die US-amerikanische Innenpolitik das Problem für sie in den nächsten Monaten erledigt. Über eine Lösung zerbricht sich China daher so schnell nicht den Kopf.

Ning Wang

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