BGH verhandelt über illegale Downloads im Netz: Wann haften Eltern für ihre Kinder?
Laden die Kids illegal Musik im Netz herunter, haften die Eltern nur für den Schaden, wenn sie den Nachwuchs nicht richtig aufgeklärt haben. Doch wie kann man das beweisen? Das soll heute der Bundesgerichtshof klären.
Eltern haften für ihre Kinder. Das gilt im öffentlichen Raum – aber ist das auch im Internet so? Ab Donnerstag will das Bundesgerichtshof (BGH) in mehreren Revisionsverfahren klären, ob Eltern für die Urheberrechtsverletzungen belangt werden können, wenn ihre minderjährigen Kinder illegal Daten herunterladen oder diese zum Herunterladen verfügbar machen. Die entscheidende Frage: Wurde das Kind über die Unrechtmäßigkeit seines Handelns belehrt? Und wenn ja, wie lässt sich dies vor Gericht beweisen?
In einem konkreten Fall geht es um eine Frau, deren damals 14-jährige Tochter 2007 mutmaßlich hunderte Musiktitel zum Herunterladen verfügbar gemacht hatte. Ermittelt wurde dies durch ein Software-Unternehmen, das von vier großen Plattenfirmen angeheuert worden war. Universal, Warner Music, Emi und Sony forderten von der Mutter Schadensersatz in Höhe von insgesamt 3000 Euro sowie Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von rund 2380 Euro.
Eltern müssen ihre Kinder aufklären
Dabei hatte der BGH bereits im Jahr 2012 eine Grundsatzentscheidung gefällt, als es in einem Urteil festgestellt hatte, dass Eltern nur dann zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie ihre minderjährigen Kinder nicht hinreichend über das Verbot illegaler Downloads aufgeklärt haben. Zuvor galt die sogenannte Störerhaftung, nach der derjenige belangt wird, über dessen Internetanschluss Rechtsbruch begangen wird. Das Problem ist nun allerdings: Wie weist man eine Belehrung vor Gericht nach? „Das ist schwierig“, bestätigt Mathias Straub, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Straub ist Teil der Kanzlei Riegger, die die Beklagte vor Gericht vertreten wird. „Die Frage ist, ob es als Elternteil reicht, einfach zu behaupten, man habe sein Kind belehrt“, sagt er.
Der Prozess am Donnerstag ist bereits das zweite Filesharing-Verfahren, das die Kanzlei bis zum BGH gebracht hat. Auch das sogenannte BearShare-Urteil ist von den Medienanwälten erstritten worden. Es war ausgerechnet ein Polizist, der den Stein ins Rollen brachte, ein Fahnder, zu dessen Aufgabengebieten das Verfolgen von Internetpiraterie gehört. Der damals 20-jährige Sohn des Beamten hatte im Jahr 2006 3749 Musikdateien auf einer Online-Tauschbörse zum Herunterladen angeboten. Die Abmahnung war dann allerdings an seinen Vater adressiert worden, den Inhaber des Internetanschlusses. Weil der Sohn zum Tatzeitpunkt allerdings schon volljährig war, konnte der Vater nicht belangt werden.
Verbraucherschützer halten die derzeitige Praxis für problematisch
Für das minderjährige Mädchen und ihre Mutter aus dem aktuellen Fall greift diese Regelung nicht. Dennoch: „Seit Erlass des BearShare-Urteils hat sich die Rechtsprechung in Filesharing-Verfahren bundesweit sehr zum Vorteil für betroffene Abgemahnte gewandelt“, heißt es aus der Kanzlei Riegger.
Auch Julian Graf von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hält den Nachweis einer Belehrung der Kinder durch die Eltern für schwierig. „Wie soll das im Alltag aussehen?“, fragt er. Die meisten Minderjährigen seien heutzutage ohnehin besser über Netzthemen informiert als ihre Eltern. Graf erwartet, dass der Bundesgerichtshof (BGH) keine besonders großen Hürden einbauen wird, um diesen Nachweis zu erbringen. Doch der Verbraucherschützer warnt auch vor Verharmlosung: „Es ist vollkommen richtig, dass ich abgemahnt werde, wenn ich fremde Rechte verletze.“ Es müsse ein entsprechendes Unrechtsbewusstsein geschaffen werden. Auch im Internet sollten sich Verbraucher von ihrer „Umsonst-Mentalität“ lösen.
Doch nicht nur die Belehrungspflicht wird Gegenstand des Verfahrens sein. Es geht auch um Themen wie die Berechnung der Abmahnkosten, Vergütungsabsprachen und Erfolgshonorarvereinbarungen zwischen Plattenfirmen und den abmahnenden Anwälten. Denn die Kläger verlangen gerne Zahlungen im Übermaß, es war richtiggehend eine „Abmahnindustrie“ entstanden. Dem wurde 2013 ein Riegel vorgeschoben – zumindest zum Teil. „Es gab eine Gesetzesänderung, die den Streitwert bei Unterlassungsklagen bei 1000 Euro deckelt“, erzählt Graf. Denn der werde vor allem von größeren Kanzleien gern zu hoch angesetzt. Die Anwaltsgebühren wurden damals auf maximal rund 150 Euro gesenkt, was vielen Verbraucher zugute kam.
Vertreten werden die Plattenfirmen übrigens von der Kanzlei Rasch. Sie gilt als besonders klagefreudig und hat außerdem eine hohe Erfolgsquote.
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