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Der "Zoomer Dino" wurde mit dem "Toy Award" der Nürnberger Spielwarenmesse ausgezeichnet.
© dpa

Nürnberger Spielwarenmesse: Wackel-Dinos und der Krieg der Sterne

Komplexes Elektronikspielzeug und Lernspiele stehen auf der Spielwarenmesse in Nürnberg hoch im Kurs. Sogar Brettspiel-Produzenten setzen auf Digitaltechnik.

Die kleine Echse ist wütend. Wild fauchend und mit funkelnden Augen verfolgt der nur dackelgroße Dino einen Messebesucher durch den Raum. Zur Ruhe kommt er erst, wenn man eine Hand beschwichtigend über sein Köpfchen hält. Jetzt zeigt er sogar Kunststücke und gibt ein zufriedenes Schnurren von sich. Was man nicht sieht: In der Nase trägt der Spielzeug-Saurier einen Bewegungssensor - und unter den Plastikschuppen einen Elektromotor.

Der interaktive „Zoomer Dino“ ist einer der Stars der diesjährigen Nürnberger Spielwarenmesse. Bei dem von einer Expertenjury vergebenen Innovationspreis „Toy Award“ setzte er sich – zusammen mit drei weiteren Produkten – gegen 600 Mitbewerber durch. Zugleich steht er auch für einen der großen Branchentrends: Immer mehr Hersteller setzen auf komplexes Elektronikspielzeug – ob nun Flugdrohnen mit eingebauten Kameras, Tablet-gesteuerte Eisenbahnen oder Puppen, die per Internetanschluss Kinderfragen beantworten.

Als Gegenpol lässt sich in Nürnberg die Rückbesinnung aufs klassische Basteln und Gestalten ausmachen - auch da allerdings mit neuen Produkten wie wasserlöslichen Bastelperlen oder buntem Sand. Vielfältiger als in diesem Jahr war das Angebot auf der weltgrößten Spielwarenmesse noch nie: 2857 Aussteller bedeuten einen neuen Rekord, die Veranstalter rechnen mit 75 000 Fachbesuchern zwischen gestern und dem Messe-Ende am Montagabend.

Das Geschäft ist schnelllebig

Die Messe fällt in eine Zeit, in der die Branche Zuversicht schöpft. Deutsche Hersteller produzierten 2014 Spielwaren im Wert von 1,58 Milliarden Euro, so das Statistische Bundesamt – das ist fast Vorjahresniveau. Deutsche Fachhändler erzielten laut dem Branchenverband BVS gar ein Umsatzplus von rund vier Prozent: 2014 sei zwar schleppend angelaufen, das Weihnachtsgeschäft habe aber einen ordentlichen Schub gebracht. Gleichwohl sieht sich der stationäre Fachhandel durch Internet-Versandhändler massiv unter Druck. Experten empfehlen Ladenbesitzern deshalb ein zeitnahes Umsatteln auf Multichannel-Konzepte: etwa mit „Click & Collect“, bei dem die Kunden online Spielwaren bestellen, um sie anschließend im Laden abzuholen.

Die größte Herausforderung bleibt jedoch, Trends frühzeitig zu erkennen. Denn das Spielwarengeschäft ist schnellebig – und die Auswahl schier unüberschaubar. Die Nürnberger Messe vermittelt einen Eindruck davon: Rund eine Million Produkte werden in den Hallen präsentiert. Die Giganten der Branche – Firmen wie Mattel, Lego oder Hasbro – stellen ihre Neuheiten an großflächigen Messeständen zur Schau. Playmobil beispielsweise hat seinen Stand in Halle 12.2, gleich neben dem Messe-Haupteingang. Dort präsentiert die Firma ihre Spielwelten für das Jahr 2015: unter anderem ein neues Piratenschiff, einen Bauernhof samt Traktor und Förderband, aber auch, man lese und staune, einen gepanzerten Polizei-Mannschaftswagen und einen Plastik-Laufsteg für die Fernseh-Castingshow. Man geht hier ganz offensichtlich mit dem TV-geprägten Zeitgeist.

Spielwaren mit Lernanspruch stehen hoch im Kurs

Auch die Firma VTech zeigt ihre Neuheiten in Halle 12.2. Mit dem Storio 3S hat die Firma schon vor einiger Zeit erfolgreich ein Lern-Tablet herausgebracht, die Zielgruppe sind Kinder zwischen vier und neun Jahren. Im Herbst wird VTech mit dem Storio Max erstmals ein Android-Tablet veröffentlichen, das spielerisch Lerninhalte der Vor- und Grundschule präsentiert. Nachschub an Spielen, Hörbüchern, Videos, E-Books und Musik können Eltern über eine vorinstallierte App herunterladen.

Spielwaren mit Lernanspruch stehen auf der diesjährigen Messe besonders hoch im Kurs: Die Messeverantwortlichen haben sogar das Trendthema „Little Scientists“ ausgerufen, das Kinder „spielerisch auf das spätere Berufsleben vorbereiten soll“, so die Pressemeldung. Gemeint sind damit in erster Linie die Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Die Firma Clementoni etwa stellt eine Experimentierbox vor, mit der ein Roboter gebaut weden kann, der dann unterschiedliche Aufgaben ausführt.

Das Smartphone analysiert das Spiel

Auch ein traditionsreicher Brettspielverlag wie Ravensburger macht sich die digitale Technik zunutze. Laut einer Auftragsstudie des Verlags findet jeder vierte Brettspieler Spielregeln zu kompliziert oder hat keine Lust, sie zu lesen. Einen leichteren Einstieg will Ravensburger mit „smartplay“ bieten: Das Smartphone wird in einer Halterung über dem Spielfeld platziert und analysiert dann per Bilderkennung die Position von Spielfiguren, Würfelergebnisse und Spielkarten. Die App reagiert darauf mit Sprache, Geräuschen und Musik. Das Abenteuerspiel „King Arthur“ und das Familienspiel „Das magische Museum“ hat Ravensburger bereits herausgebracht, schon bald sollen weitere Titel folgen.

Einer der Höhepunkte des Kinojahres 2015 wirft auch in der Spielebranche seine Schatten voraus. Rund um das Saga-Sequel „Star Wars: The Force Awakens“ (Start: 18.12.) erscheinen zahlreiche Lizenzprodukte – unter anderem von der Firma Revell, die neue Raumschiffmodelle zum Zusammenstecken veröffentlichen wird. Die Macht, sie ist auch in Nürnberg stark.

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