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Keine Wahl: Volkswagen muss 2,4 Millionen Autos zurückrufen.
© AFP
Update

Abgasskandal bei Volkswagen: VW ruft 8,5 Millionen Fahrzeuge in Europa zurück

Eine freiwillige Reparatur ist nicht genug, urteilt das Kraftfahrtbundesamt - und weist VW an, 2,4 Millionen Fahrzeuge in Deutschland zurückzurufen. Europaweit soll der Rückruf Anfang 2016 beginnen.

Volkswagen muss dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) bis spätestens Ende November technische Lösungen zur Reparatur aller 2,4 Millionen manipulierter Fahrzeuge in Deutschland präsentieren. Das KBA ordnete am Donnerstag den Rückruf der hierzulande zugelassenen Fahrzeuge an, obwohl VW entsprechende freiwillige Reparaturen angeboten hatte. „Die Dimension des Rückrufs benötigt ein erhebliches Maß an rechtsverbindlicher Kontrolle“, begründete Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) den Schritt der Behörde. Er unterstütze die Maßnahme politisch.

Volkswagen begrüßte die „schnelle KBA-Entscheidung“. Der Konzern werde in Europa insgesamt rund 8,5 Millionen Fahrzeuge mit dem manipulierten Motor der Serie EA 189 zurückrufen. Außerhalb der 28 EU-Staaten werde „individuell in jedem Land im Detail geklärt, welche Abgasklassen des EA 189 tatsächlich betroffen sind“. Das Unternehmen hatte bereits vor drei Wochen von weltweit elf Millionen manipulierter Fahrzeuge gesprochen. Derzeit würden „mit Hochdruck die im Maßnahmenplan festgelegten technischen Lösungen erarbeitet“, teilte VW mit. Neue Details zum Ablauf der Rückrufaktion gab es nicht.

Dobrindt: Maßnahme beginnt 2016

Auch Verkehrsminister Dobrindt konnte wenig Neues präsentieren. Er bestätigte Angaben von Volkswagen, dass der Rückruf Anfang 2016 beginnen und das ganze kommende Jahr in Anspruch nehmen werde. VW müsse die Manipulationssoftware in den Autos zunächst entfernen, dann neue aufspielen und bei einigen Modellen auch Bauteile auswechseln. Letzteres könne bei den betroffenen 1,6-Liter-Motoren erst im September 2016 stattfinden, weil die entsprechenden Teile vorher nicht verfügbar seien. Bei den 1,2- und 2.0-Liter-Motoren dürfte die Reparatur einfacher sein.

Volkswagen-Chef Matthias Müller hatte in einem Interview vor einer Woche gesagt, der Rückruf werde sich voraussichtlich bis Ende 2016 hinziehen. Ein Grund seien verschiedene Kombinationen des betroffenen Motors . „Wir brauchen also nicht drei Lösungen, sondern tausende.“ Die Software war eingebaut worden, damit die Fahrzeuge erkennen konnten, wann sie auf einem Abgas-Prüfstand stehen. Entsprechend reduzierte der Motor dann den Stickoxid-Ausstoß. Dies war zunächst in den USA aufgefallen. Nach dem US-Justizministerium und der Umweltbehörde EPA nehmen nun auch die amerikanischen Wettbewerbshüter Ermittlungen gegen Volkswagen auf. Ihr Vorwurf: irreführende Werbung für „Clean Diesel“-Modelle. Auch italienische Behörden nahmen Ermittlungen gegen Manager von Volkswagen und der Sportwagen- Tochter Lamborghini auf. Es wird wegen mutmaßlichen Betrugs ermittelt, Firmenräume wurden durchsucht.

Verkehrsminister Dobrindt betonte in Berlin, die manipulierten Fahrzeuge seien auch vor der Reparatur verkehrssicher. Es seien vorher keine weiteren Maßnahmen nötig. „Für die Kunden soll kein Nachteil entstehen“, sagte der Minister. Die Zusammenarbeit mit Volkswagen sei im Übrigen „sehr konstruktiv“, das Unternehmen „erweckt den Eindruck, dass man ein großes Interesse an der Aufklärung hat“, sagte Dobrindt. Er hatte früher von 2,8 Millionen betroffenen Fahrzeugen gesprochen. Die Differenz zu den jetzt zurückgerufenen 2,4 Millionen erklärte Dobrindt damit, dass 400 000 manipulierte Autos nicht mehr auf den Straßen seien.

Umweltverbände begrüßen "ersten Schritt" des KBA

Der neue Volkswagen-Chef Matthias Müller wollte das Top-Management des Konzerns am Donnerstag bei einem Krisentreffen in Leipzig auf den neuen Kurs und das gerade beschlossene Sparprogramm einschwören.

Umweltverbände begrüßten den vom KBA angeordneten und überwachten Rückruf. „Dieser Schritt des Kraftfahrtbundesamtes war längst überfällig“, hieß es beim Verkehrsclub Deutschland (VCD). Die Arbeit des KBA sei aber noch nicht beendet. Es müssten künftig Messungen auf der Straße – nicht nur im Labor – erfolgen, „damit gesichert ist, dass die Luftschadstoffgrenzwerte tatsächlich eingehalten werden“. Die EU-Kommission kündigte am Donnerstag an, man werde schon Ende des Monats neue, realistische Testverfahren auf den Weg bringen. Am 28. Oktober sollen Experten eine Vorentscheidung treffen.

Experten sind sich einig darüber, dass der Diesel-Anteil bei den Neuzulassungen sinken wird – mit erheblichen finanziellen Folgen für die Hersteller. So erwarten Roland-Berger-Fachleute, dass weniger als ein Drittel aller Kleinwagen bis 2030 mit Dieselmotor ausgestattet sein werden. „Bei Kleinstwagen werden Dieselmodelle sogar komplett wegfallen“, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie. Sinkende Marktanteile sowie höhere Investitionen in Technik, mit der strengere Testauflagen erfüllt werden, könnten zu Mehrbelastungen „im einstelligen Milliarden-Euro-Bereich“ führen, meinte der Duisburger Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Die Steuervorteile für Dieselautos sollten Schritt für Schritt reduziert und die Weichen mehr in Richtung Elektromobilität gestellt werden, forderte Dudenhöffer. Eine Veränderung der Dieselsteuer steht aber „nicht auf der Agenda“, wie Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) klarstellte. Ihre Aussage im ZDF, „man könnte darüber nachdenken“, sei „missverständlich“ interpretiert worden. mit rtr/AFP

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