Dieselfahrzeuge: VW-Konzern legt Prämienprogramm auf
Autohersteller zahlen in 14 Städten Prämien für Neu- und Gebrauchtwagen von bis zu 10.000 Euro. Fraglich ist, ob Kunden tatsächlich ein gutes Geschäft machen
Die deutschen Autohersteller starten das mit der Bundesregierung vereinbarte Austauschprogramm für ältere Diesel-Fahrzeuge. Volkswagen legte am Donnerstag die bereits seit 2017 gewährte bundesweit gültige Umweltprämie für Dieselfahrer neu auf, ergänzt um ein spezielles Angebot für die 14 besonders von Stickoxidemissionen belasteten Städte und Landkreise. Deutschlandweit eingetauschte Euro 1- bis Euro 4-Diesel will VW verschrotten. Auch BMW und Mercedes hatten Prämien für Kunden angekündigt, die ältere Diesel in Zahlung geben und dafür einen Neuwagen oder jungen Gebrauchtwagen kaufen.
Kritiker sehen in den Rabattaktionen ein Instrument zur Ankurbelung des Neuwagengeschäfts – mit umweltfreundlichen Nebeneffekten. Hardware-Nachrüstungen, die die Regierung ausdrücklich als zweite Option für Verbraucher vorschlägt, lehnen die Hersteller bislang ab oder sie wollen die Kosten nicht vollständig übernehmen. Die große Koalition streitet derzeit über mögliche Milliarden-Bußgelder für die Industrie.
Die Neuauflage der bis Juni 2018 angebotenen bundesweiten „Umweltprämie“ – die weiter nur beim Kauf eines Diesels gewährt wird – macht für Volkswagen Sinn. Konzernweit seien damit mehr als 210 000 alte Diesel von der Straße geholt und durch neuere Modell ersetzt worden, teilte das Unternehmen mit.
Nun kommt eine spezielle „Wechselprämie“ von bis zu 7000 Euro in den von der Regierung festgelegten 14 „Intensivstädten“ hinzu: München, Stuttgart, Köln, Reutlingen, Düren, Hamburg, Limburg, Düsseldorf, Kiel, Heilbronn, Backnang, Darmstadt, Bochum und Ludwigsburg. Auch Frankfurt am Main und Berlin, wo Gerichte Fahrverbote zugelassen haben, dürften in Kürze in die Liste aufgenommen werden. In diesen Städten können Euro4- und Euro5-Diesel aller Marken in Zahlung gegeben werden. Die Prämie zahlt VW beim Kauf von VW-Modellen mit allen Antriebsarten – also auch Elektroautos. In diesem Fall wird zusätzlich der halbstaatliche „Umweltbonus“ von 4000 Euro gezahlt. Entscheidet sich ein Käufer also etwa für einen E-Golf, verdoppelt sich die gezahlte Prämie auf 8000 Euro. Wie die anderen Hersteller auch bietet Volkswagen zudem eine günstige Finanzierung an, die es Kunden erlauben soll, ohne Kapitaleinsatz auf eine niedrige monatliche Finanzierungsrate für einen Neuwagen zu kommen.
Bald Post vom Kraftfahrt-Bundesamt
Die Konzerntochter Audi gewährt ebenfalls „Wechselprämien“ in den 14 Städten von bis zu 9000 Euro. Sowohl VW als auch Audi beziehen junge Gebraucht- oder Jahreswagen ein, für die sich die Prämie aber auf 50 bis 75 Prozent der Neuwagen-Prämie reduziert. Ähnliche Angebote der Konzernmarken Skoda und Seat werden in Kürze erwartet. Nach Angaben der Hersteller sollen Halter von Euro1- bis Euro5-Dieselfahrzeugen aller Marken in den „Intensivstädten“ bald schriftlich vom Kraftfahrt-Bundesamt über die Prämien-Programme informiert werden.
BMW hatte bereits Wechselprämien von bis zu 6000 Euro angekündigt, Mercedes will bis zu 10 000 Euro – beim Kauf einer S-Klasse – zahlen (siehe Grafik). Ausländische Hersteller haben ihre für die Schwerpunktregionen zugeschnittenen Programme noch nicht konkretisiert.
Fraglich ist, ob Autokäufer mit den neuen Prämien tatsächlich ein gutes Geschäft machen. Nach Einschätzung des Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer dürfte ein Teil der Nachlässe bei Verschrottung alter Diesel mit bisherigen Rabatten verrechnet werden. Im Handel sind Nachlässe von zehn bis 15 Prozent üblich. Ein VW-Sprecher erklärte, die Händler hätten Spielraum, die grundsätzlich vom Listenpreis abgezogenen Nachlässe mit anderen Rabatten zu kombinieren. Dudenhöffers Experten-Kollege Stefan Bratzel sagte: „Das hilft denen, die ohnehin einen Neuwagen kaufen wollten und es sich leisten können.“ Bernhard Mattes, Präsident des Autoverbandes VDA, bekräftigte, dass die Flottenerneuerung das beste Mittel zur Verbesserung der Stadtluft sei. Simulationen der Stickoxidemissionen zeigten, dass bis 2020 mit Ausnahme von fünf bis sechs „Hotspots“ an sämtlichen Messstellen die Grenzwerte eingehalten werden: „Auch deshalb sind flächendeckende Fahrverbote keine treffsichere Lösung.“ mit dpa