Gute Geschäfte trotz Dieselgate: Volkswagen überrascht mit starken Zahlen
Der VW-Konzern hebt die Umsatzprognose an und verdient mehr als erwartet – doch die Kernmarke VW macht kaum Profit.
Im Zwölf-Marken-Konzern Volkswagen hängt viel von der Perspektive ab. Schaut man aus der Vogelperspektive auf die Zahlen, die der Autohersteller am Donnerstag für seine weltumspannenden Geschäfte veröffentlichte, sehen sie überraschend gut aus. Weil es sogar besser läuft als gedacht, hob der Konzern die Umsatzprognose für dieses Jahr an. Schaut man sich jedoch die Details an, wird deutlich, wie tief die Spuren sind, die die Abgasaffäre hinterlässt – vor allem bei der Kernmarke VW. Dort ist der Gewinn im vergangenen Quartal massiv eingebrochen.
Der Konzern sprach insgesamt von einem „soliden Ergebnis“. Vorstandschef Matthias Müller sagte: „Unser Zukunftsprogramm und das aktuelle Quartalsergebnis belegen: Der Konzern ist voll handlungsfähig – trotz aller aktuellen Belastungen.“ Erst am Dienstag hatte ein US-Gericht einem Vergleich im Dieselskandal zugestimmt, der Volkswagen mehr als 15 Milliarden Euro kosten wird.
Doch die finanziellen Nachwirkungen der Manipulationen an weltweit mehr als elf Millionen Fahrzeugen bremsen Volkswagen insgesamt nicht aus. Nach dem stabilen dritten Quartal ist man in Wolfsburg zuversichtlicher für das Gesamtjahr. Die Erlöse sollen auf dem Vorjahresniveau von gut 200 Milliarden Euro liegen, statt um bis zu fünf Prozent zu schrumpfen. Nach neun Monaten hat der Konzern mit knapp 160 Milliarden Euro ebenso viel Umsatz eingefahren wie vor Jahresfrist.
Mehr Gewinn, als Analysten erwartet hatten
Bereinigt um die Lasten des Abgasskandals und anderer Sondereinflüsse verdiente der VW-Konzern im dritten Quartal mehr als Analysten erwartet hatten: Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern stieg von Juli bis September im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 17 Prozent auf 3,75 Milliarden Euro. Analysten hatten dagegen mit einem Rückgang um drei Prozent auf 3,1 Milliarden Euro gerechnet. Unter dem Strich schrieb der Wolfsburger Konzern einen Gewinn von 2,3 Milliarden Euro. Seit Jahresanfang hat Volkswagen 7,6 Millionen Fahrzeuge verkauft, 2,4 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. „Die Verkaufszahlen und die Ergebnisgrößen nach neun Monaten liegen über dem, was man zu Jahresbeginn erwarten durfte, aber auch über den Markterwartungen“, sagte Frank Schwope, Autoanalyst bei der NordLB. Allerdings dürfe man nicht außer Acht lassen, dass die Verkaufszahlen ohne den chinesischen Markt rückläufig gewesen wären. VW ist in China Marktführer. Wie andere Hersteller auch profitiert der Konzern dort von Steuererleichterungen für Autos. Diese sollen aber auslaufen. Schwope zufolge dürfte sich 2017 für Volkswagen „im Reich der Mitte eine neue Baustelle auftun“.
Nur 1,5 Prozent Rendite bei der Marke VW
Handlungsbedarf besteht schon länger bei der Marke VW. Sie blieb zuletzt noch unter den skeptischen Erwartungen. Der operative Gewinn brach im abgelaufenen Quartal um 55 Prozent ein auf 363 Millionen Euro – Analysten hatten im Schnitt mit 462 Millionen Euro gerechnet. Die Rendite lag damit nur bei 1,5 Prozent. Die Zahlen liefern im Streit um das Spar- und Investitionsprogramm für Volkswagen-Markenchef Herbert Diess Argumente. Er will die schwächelnde Kernmarke, die die Hauptlast bei der Bewältigung der Abgaskrise trägt und zugleich den Umschwung in die Elektromobilität schaffen soll, auf Effizienz trimmen. Bis 2020 peilt er Insidern zufolge eine Rendite von vier Prozent an. Der VW-Konzern insgesamt rechnet bei der bereinigten Rendite für 2016 mit einer Zahl am oberen Ende der bisher genannten Bandbreite von fünf bis sechs Prozent. mit rtr