Interview mit Lehman-Geschädigter: "Viele sagen: Ich kann nicht mehr"
Angelika Theiler hat nach der Pleite der Investmentbank in Berlin eine Gruppe gegründet, die für Entschädigung kämpft. Vor allem ältere Damen hätten nun entnervt aufgegeben, sagt sie.
Frau Theiler, wie sind Sie als normale Bankkundin mit der Lehman-Bank in Berührung gekommen?
Ich habe 2007 mit meinem Mann bei der Targobank in Berlin 20 000 Euro in Lehman-Zertifikate angelegt. Im Vertrauen darauf, dass zutrifft, was uns der Berater erklärt hat: Unser Geld sollte mit Gewinn nach zwölf Monaten zurückgezahlt werden. Stattdessen war Lehman ein Jahr später pleite – und meine Zertifikate wertlos.
So ging es vielen Kleinanlegern in Berlin, die Sie in der bundesweit ersten Interessengemeinschaft zusammengebracht haben. Wie viele sind noch dabei?
Anfangs waren wir ein Dutzend, dann mehr als 150 – und heute wieder ein gutes Dutzend. Vor allem ältere Damen, denen man die Papiere verkauft hat, sind inzwischen abgesprungen, weil sie resigniert oder den Druck nervlich nicht mehr ausgehalten haben. Einige sind auch in irgendeiner Form entschädigt worden. Viele, vor allem Ältere, sagen aber nach Jahren vergeblicher Bemühungen um eine Entschädigung: Ich kann nicht mehr.
Wie ist es bei Ihnen, haben Sie Ihr Geld wiederbekommen?
Nachdem ich Strafanzeige erstattet hatte, weil es konkrete Anhaltspunkte für eine Unterschriftenfälschung gab, passierte zunächst lange nichts. Erst nach einigen Interviews, die ich im Fernsehen und in einigen Zeitungen gegeben habe, hat sich die Bank bewegt und mir einen Vergleich angeboten. Das Verfahren läuft noch – zu den Details darf ich mich aus juristischen Gründen nicht äußern.
80 Prozent aller Gläubigerforderungen in Deutschland sollen erfüllt werden …
Das betrifft aber nicht uns, die Kleinanleger. Wir kommen ganz zum Schluss. Institutionen, Kirchen, Kommunen haben bei Lehman in Deutschland investiert – und haben offenbar bessere Chancen, an ihr Geld zu kommen. Zertifikate für Privatanleger wurden über die niederländische Lehman-Tochter verkauft. Kleinanleger mussten deshalb den Umweg über die Insolvenzverfahren in den USA oder in Holland nehmen.
Risiken, über die Sie Ihre Bank nicht aufgeklärt hat?
Natürlich nicht. Vor Gericht wurde das zwar nachher alles anders dargestellt. Aber im Beratungsgespräch kamen die Risiken nicht zur Sprache – zum Beispiel das Risiko, dass bei einer Pleite des Emittenten das Zertifikat wertlos wird. Heute, nach den Erfahrungen mit Lehman, wissen Anleger, was ein Emittentenrisiko ist oder ein Marktrisiko und ein Totalverlust. Ich habe das vor fünf Jahren nicht gewusst. Wenn der Berater diese Risiken alle aufgezählt hätte, hätte ich ihm gesagt: Behalten Sie Ihr Zertifikat.
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