Datenhandel: Verkaufe dich selbst
Internetkonzerne sammeln Nutzerdaten – und leben von ihnen. Start-ups wollen die Kunden nun am Geschäft beteiligen.
Jeder Internetnutzer soll selbst bestimmen können, welche Daten er zu welchem Preis an welches Unternehmen verkaufen will. Das war Marcus Tonndorfs Geschäftsidee vor einem Jahr. "Das stellte sich allerdings als ziemlich schwierig heraus", sagt Tonndorf heute. Er fand keine Methode, mit der er falsche Angaben durch seine Nutzer ausschließen konnte.
In anderen Teilen der Welt scheint es da weniger Berührungsängste zu geben. In den USA testet derzeit beispielsweise Datacoup die Idee: Acht Dollar im Monat verspricht das Start-up seinen Kunden für die Freigabe ihrer Facebook-, Twitter- oder anderen Social-Media-Daten. Rund 1500 Menschen haben sich bisher bei Datacoup angemeldet. "Diese Daten haben für sich genommen einen sehr geringen Wert", erklärt Marcus Tonndorf, der selbst als Gründer, Investor und Berater verschiedener Start-ups tätig ist. "Erst das Gesamtbild ist richtig wertvoll." Er schätzt, dass der durchschnittliche Internetnutzer einem Unternehmen wie Google zwischen 500 und 1000 Euro im Jahr wert sein könnte. Abhängig sei dieser Wert natürlich von der Qualität der vorliegenden Daten.
Feilschen um den besten Preis
Interessant für potenzielle Kunden wird Datacoup also erst durch die Kombination verschiedener Daten – auch denen von Kreditkarten. Hinzu kommen künftig selbst erhobene Daten, etwa wenn Menschen Armbänder nutzen, die Herzfrequenz, Blutdruck und andere Vitaldaten aufzeichnen.
Ebenfalls auf dem Verkauf von Daten basiert die Geschäftsidee von Handshake. Das britische Unternehmen arbeitet an einer Plattform, auf der Nutzer ihre Daten anbieten und direkt in Kontakt mit potenziellen Käufern treten können – Feilschen um den besten Preis inklusive. Die offene Testphase soll zwar abgeschlossen sein, Ergebnisse oder gar ein Start lassen jedoch noch auf sich warten. Fraglich ist, ob solche Modelle mit den als besonders kritisch geltenden europäischen Verbrauchern überhaupt funktionieren. Datacoup will in Europa keine Kunden rekrutieren, solange man nicht hiesigen Datenschutz-Regelungen genügt.
Modell auch in Deutschland zulässig
Aus dem Unternehmen heißt es, gesammelte Daten würden anonymisiert und nur mit Einwilligung der Nutzer weiterverkauft. Bei der Übermittlung werde zudem dieselbe Verschlüsselung wie bei Banken benutzt. Fachleute sind einerseits skeptisch. Aber: "Grundsätzlich ist so etwas auch in Deutschland zulässig", heißt es am Institut für Rechtsinformatik der Universität Saarbrücken, wo sich die Juristen intensiv mit dem Datacoup-Modell beschäftigt haben. Die Rechtsgrundlage für Erhebung und Verkauf sei in diesem Fall die Einwilligung der Nutzer. Scheitern könne ein Unternehmen wie Datacoup also nur, wenn es Fehler bei der Ausgestaltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen mache.
Bislang, heißt es aus Insiderkreisen, könne Datacoup jedoch auch in den USA nicht die versprochenen acht Dollar zahlen. Der Grund: Niemand will die Daten kaufen, weil es schlicht zu wenige sind. Kunden kaufen die Daten erst, wenn Firmen wie Datacoup eine genügend große Masse anbieten. Dass Menschen grundsätzlich zu einem solchen Handel bereit sind, demonstriert ein kürzlich in Hamburg durchgeführtes Experiment. Im "Datenmarkt" konnten Kunden ihre Einkäufe mit Facebook-Daten bezahlen – Posts, Likes, Nachrichten und Fotos. Besonders Jugendliche hätten gesagt: "Cool, die schenken uns einen Einkauf für ein paar Bilder", sagt Manuel Urbanke, einer der Initiatoren des Projekts.
Lukas Wohner
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