VW: Verdient Osterloh zu viel?
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Personalvorstände, die dem Betriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh zu viel Gehalt genehmigt haben sollen.
Im Laufe der Zeit verändert sich manches. Kurz nach seinem Amtsantritt verkündete Bernd Osterloh im Sommer 2005, bei ihm gelte das „Prinzip der gläsernen Kasse“. Sein Gehalt bezifferte der neue VW-Betriebsratschef damals auf 6500 Euro brutto. Das war nicht schlecht für einen Industriekaufmann, lag aber deutlich unter dem Einkommen seines Vorgängers Klaus Volkert, der weit mehr als 300 000 Euro pro Jahr bekommen haben soll. Volkert stürzte ebenso wie der Personalvorstand Peter Hartz über eine delikate Affäre, bei der es auch um die Bezahlung von Prostituierten und Luxusreisen auf Konzernkosten ging.
Vorwurf: Gekaufte Betriebsräte
Osterloh also übernahm damals den Job als mächtigster Betriebsrat Deutschlands mit guten Vorsätzen. Und nun wird sein Gehalt doch Gegenstand von Ermittlungen. Nach Informationen der „Braunschweiger Zeitung“ ist bei der Staatsanwaltschaft eine Anzeige eingegangen, die zu einer Untersuchung wegen des Anfangsverdachts der Untreue führt. Dem VW-Konzernvorstand für Personal, Karlheinz Blessing, seinem Vorgänger Horst Neumann sowie den jetzigen und ehemaligen Personalchefs der Marke VW, Martin Rosik und Jochen Schumm, wird vorgeworfen, Osterloh ein zu hohes Gehalt gewährt zu haben. Das erinnert an den Vorwurf an Hartz/Volkert, damals war von gekauften Betriebsräten die Rede.
VW: Wir handeln gesetzesgemäß
Unternehmen und Betriebsrat äußerten sich am Freitag überzeugt davon, dass die Bezahlung Osterlohs gesetzeskonform ist. „Wir sind fest davon überzeugt, dass die bei Volkswagen geltenden Regelungen dem Betriebsverfassungsgesetz entsprechen“, hieß es beim Betriebsrat. Im Gesetz heißt es, „das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf (...) nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.“
Das Grundgehalt liegt bei 200 000 Euro
Zurück zu Osterloh. 2008 äußerte er sich erneut über sein Gehalt, das damals 120 000 Euro betrug. Aktuell liege das Grundgehalt bei 200 000 Euro pro Jahr, teilte der Betriebsratschef am Freitag mit. Hinzu kämen Boni, wie sie auch Manager in Abhängigkeit vom Geschäftserfolg erhalten. „In der Spitze lag damit mein Jahresgehalt einmal bei rund 750 000 Euro. Aktuell ist es deutlich niedriger“, sagte Osterloh der „Braunschweiger Zeitung“. Seine Bezahlung orientiere sich an der eines Bereichsleiters.
Ein Betriebsratssprecher wies darauf hin, dass Osterloh vor anderthalb Jahren „das Angebot, Personalvorstand des Konzerns zu werden“, ausgeschlagen habe. Hätte er angenommen, „wäre sein Vergütung heute um ein Vielfaches höher“. Osterloh hatte das Angebot damals aber nicht ausgeschlagen. Es gab vielmehr Bedenken unter den Großaktionären, den Familien Piëch und Porsche, gegen Osterloh, der eng mit VW-Chef Martin Winterkorn zusammengearbeitet hatte und den man deshalb nach dem Diesel-Skandal nicht als Personalverantwortlichen im Vorstand haben wollte.
Osterloh trägt Verantwortung für 600 000 Mitarbeiter
Was ein Betriebsratschef in einem Konzern mit weltweit 600 000 Mitarbeitern wert ist, lässt sich nur schwer beantworten. Jedenfalls trägt Osterloh, der auch im Aufsichtsrat eine führende Rolle spielt, viel Verantwortung. Und die VW-Verantwortlichen sind sich sicher, mit dem Gehalt des obersten Arbeitnehmervertreters keine gesetzliche Grenze überschritten zu haben. Wegen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig „wurde die Entgeltfindung des Unternehmens für Bernd Osterloh auch durch einen externen juristischen Sachverständigen überprüft“, teilte der Konzern mit. Ergebnis: „Die vom Unternehmen vorgenommene Eingruppierung von Bernd Osterloh entspricht den Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes.“
Wegen des Osterloh-Gehalts rückte eine erfreuliche Nachricht für VW am Freitag in den Hintergrund: In den USA steht endlich der Vergleich mit den Behörden, der für die Besitzer der 80 000 manipulierten Fahrzeuge Rückkaufmaßnahmen, Umrüstungen und Entschädigungen über 1,2 Milliarden Dollar vorsieht. Alles in allem kosten die Dieselgate-Vergleiche in den USA rund 24 Milliarden Dollar.