Reform der Erbschaftsteuer: Verbände der Unternehmen sind nicht eins
Bund und Länder müssen die Erbschaftsteuer reformieren. Es geht vor allem um die Familienunternehmen. Deren Vertreter machen unterschiedliche Vorschläge.
Es wird eifrig hin und her gerechnet in den Finanzministerien von Bund und Ländern. Die Reform der Erbschaftsteuer muss zwar erst, so will es das Bundesverfassungsgericht, bis Mitte 2016 im Gesetzblatt stehen. Doch Wolfgang Schäuble und seine Kollegen wollen zügig an die Sache herangehen, auch um den Unternehmern keine allzu lange Phase der Unsicherheit zuzumuten. Karlsruhe hatte das Erbschaftsteuerrecht mit Blick auf die Betriebsnachfolge als teilweise verfassungswidrig angesehen – allerdings fiel das Urteil moderat aus. Neben Änderungen bei kleinen Betrieben, die künftig nicht mehr pauschal freigestellt werden dürfen, gilt das Augenmerk vor allem den großen Familienunternehmen – den Superreichen im Unternehmerlager also. Markus Kerber, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI), nennt die Familienunternehmen den „Kern unserer Ökonomie“ – so gesehen geht es in der bald anbrechenden Debatte also darum, wie stark oder wie sachte der harte Kern besteuert werden soll.
Sachte Varianten bevorzugt
Die Interessenvertreter der Unternehmen plädieren naturgemäß für die sachte Variante. Schaut man genauer hin, gibt es aber auch sachte Differenzen im Verbandslager. Die Vorstellungen des BDI, der auch im Namen von sechs weiteren Verbänden auftritt, der Stiftung Familienunternehmen und den Familienunternehmern (früher auch als Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer oder ASU bekannt) sind nicht ganz kongruent. Der BDI vertritt praktisch alle Industrieunternehmen, die Stiftung ist eine Interessengruppierung der großen Eigentümerunternehmen (etwa 500), die Familienunternehmer vertreten auch die mittleren und kleinern - insgesamt einige tausend).
Die Unterschiede zeigen sich bei der Frage, von welcher Größe an ein Unternehmen der von Karlsruhe verlangten Bedürfnisprüfung unterzogen wird, ohne die eine Verschonung von der Erbschaft- oder Schenkungsteuer nicht mehr möglich ist, zusätzlich zu der weiterhin notwendigen Fortführung des Betriebs über mehrere Jahre unter Erhaltung der Arbeitsplätze. Der BDI ist munter vorgeprescht und fordert einen Freibetrag von 300 Millionen Euro pro Erbfall - was zu einem extrem hohen Firmenwert und damit letztlich zu einer sehr geringen Zahl von Unternehmen führen würde, bei denen die Verschonung von der Steuer von einer Bedürfnisprüfung abhängig ist. Die Stiftung Familienunternehmen dagegen sieht nur eine Obergrenze von 120 Millionen Euro je Erbfall vor, sie hält das auch nach den Vorgaben aus Karlsruhe für wirklickeitsnäher. Die ASU verzichtet auf eine Zahl (hält aber einen Wert für realistisch, der näher an dem der Stiftung ist). In den Finanzministerien des Bundes und der Länder denkt man dem Vernehmen nach freilich eher über Obergrenzen zwischen 30 und 100 Millionen Euro nach. Die Bedürfnisprüfung hat das Verfassungsgericht verlangt, um zu verhindern, dass große Familienunternehmen zu den gleichen Bedingungen von der Steuer befreit werden können wie die kleinen und mittleren.
Zweiter Knackpunkt
Ein zweiter Knackpunkt in dem Verfahren wird sein, wie man mit der Bedürfnisprüfung umgeht. BDI und ASU stellen dabei auf die für Familienunternehmen typische langfristige Kapitalbindung ab. Üblicherweise könnten Gesellschafter eines Familienunternehmens Kapital nicht so einfach abziehen, weil die Verträge mit Entnahmebegrenzungen und Ausschüttungsrestriktionen das meist verhinderten, erläutert Berthold Welling vom BDI. Wenn ein Unternehmen nicht kapitalmarktorientiert ist, sich also nicht über Börsen finanziert, dann gibt es nach den Vorstellungen von BDI und ASU keinen Grund für eine Bedürfnisprüfung. Bei Kapitalmarktorientierung sollen dagegen konkret geprüft werden, ob die den Gesellschafterverträgen ausreichende Veräußerungs- und Abfindungsbeschränkungen festgelegt sind und ob die Entnahme- und Ausschüttungsregeln strikt sind. Zudem soll als Kriterium gelten, dass eine persönliche Einflussnahme der Familie auf die Geschäftsführung besteht. Diese Position hat sich bereist der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) zu eigen gemacht.
Differenzen bei Bedürfnisprüfung
Die Stiftung Familienunternehmen geht allerdings einen etwas anderen Weg. Sie setzt beim Verwaltungsvermögen an (zu dem etwa vermietete Immobilien, Barmittel, Kunstgegenstände oder Aktiendepots gehören, die eher zu verwerten sind). Die Vorschläge von BDI und ASU sehen hier vor, dass dieses Vermögen nach Abzug von Verbindlichkeiten und Rückstellungen sowie einer Liquiditätspauschale von 20 Prozent besteuert wird. Die Stiftung teilt das zwar, macht aber im Gegensatz zu BDI und ASU das verbliebene verwertbare Verwaltungsvermögen zum Kriterium der Bedürftigkeit: Kann die Erbschaftsteuer daraus bezahlt werden, gibt es keine Bedürftigkeit. Die Stiftung sieht als zusätzliches Abzugskriterium noch ein Reinvestitionsmodell vor - also die Möglichkeit, die Steuer zu senken, indem Verwaltungs- in Produktivvermögen umgewandelt wird. BDI und ASU halten das für nicht machbar; dort geht man davon aus, dass dann kaum noch Unternehmen Erbschaftsteuer zahlen müssten.
Wie die Politik sich letztlich entscheidet, steht noch völlig in den Sternen. An diesem Donnerstag steht das Thema erstmals auf der Tagesordnung der Finanzministerkonferenz. In der kommenden Woche könnte das Bundesfinanzministerium seine Vorstellungen erstmals in den Koalitionsfraktionen im Bundestag vorstellen.
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