Prozesse wegen Glyphosat: US-Richter fordert Bayer zu Vergleichen auf
Gegen den Agrarchemie- und Pharmariesen liegen in den USA bereits 11.200 Klagen vor. Ein Gericht drängt den Dax-Konzern nun zur gütlichen Einigung.
Zwei Mal hat Bayer bereits in Prozessen um angebliche Krebsrisiken von Produkten der Tochter Monsanto Schlappen einstecken müssen - nun soll der Agrarchemie- und Pharmakonzern nach dem Willen eines US-Richters nach einer gütlichen Einigung mit Klägern suchen.
Der zuständige US-Richter Vince Chhabria, bei dem mehrere Hundert Klagen von Landwirten, Gärtnern und Verbrauchern gebündelt sind, forderte Bayer und die Anwälte der Gegenseite in einer Anweisung vom Donnerstag auf, einen Mediator einzuschalten. In diesem Zusammengang strich der Richter einen für Mitte Mai angesetzten Prozess vorerst. Sollten sich die beiden Seiten nicht einigen können, werde ein Vermittler gerichtlich bestellt. Bereits in der vergangenen Woche hatte es Spekulationen über eine Aufforderung zur Mediation gegeben.
„Wir werden selbstverständlich dem Beschluss des Gerichts hinsichtlich des Eintritts in eine Mediation Folge leisten“, sagte Bayer-Sprecher Rolf Ackermann. Allerdings befinde sich der Verfahrenskomplex nach erst zwei Jury-Urteilen noch in einer frühen Phase, zumal in noch keinem Fall die Berufung durchlaufen worden sei. Bayer konzentriere sich daher weiterhin darauf, die eigenen glyphosatbasierten Herbizide und deren Sicherheit vor Gericht zu verteidigen.
Bayer hatte Ende März einen richtungweisenden Fall am Bundesbezirksgericht in San Francisco unter Vorsitz von Chhabria verloren. Die Geschworenen-Jury urteilte, dass Monsanto für Krebsrisiken des Unkrautvernichters Roundup haftbar ist und dem 70-jährigen Kläger Edwin Hardeman Schadenersatz in Gesamthöhe von 80,3 Millionen Dollar (71,4 Mio Euro) zahlen muss. Bereits im vergangenen Jahr hatte eine Jury an einem anderen Gericht Monsanto in einem weiteren Fall zu einer Millionenzahlung verdonnert.
Der Dax-Konzern geht gegen die Urteile vor
Bayer betont weiterhin die Sicherheit glyphosatbasierter Herbizide und beruft sich auf zahlreiche wissenschaftliche Studien. Der Dax-Konzern geht gegen die Urteile vor. Aktuell läuft ein weiteres Verfahren - allerdings bei einem Landgericht - im kalifornischen Oakland. Bei den Klägern handelt es sich um ein krebskrankes Rentnerehepaar, das jahrelang mit Roundup hantierte und den Unkrautvernichter für sein Leiden verantwortlich macht.
Per Ende Januar lagen Bayer bereits Klagen von 11.200 Klägern vor. Analyst Richard Vosser von der US-Bank JPMorgan geht davon aus, dass die Zahl auf mindestens 15.000 steigen wird. Er rechnet mit Belastungen für Bayer von 5 Milliarden Euro.
Analyst Daniel Wendorff von der Commerzbank bezweifelt angesichts der vielen Klagen, dass Bayer sich schon jetzt auf einen Vergleich einlassen werde, da sonst ein Präzedenzfall geschaffen werden könnte. Daher werde eine Mediation vermutlich nicht zu einem für alle Beteiligten akzeptablen Ergebnis führen.
Bayer-Aktien stehen schon seit Monaten unter Druck: Seit der Niederlage im Johnson-Prozess im vergangenen August ist der Börsenwert des Konzerns um fast 31 Milliarden Euro geschmolzen. Aktuell bringt es Bayer noch auf etwa 56,5 Milliarden Euro Marktkapitalisierung. Ende des Monats muss sich Konzernchef Werner Baumann auch deshalb bei der Hauptversammlung auf harsche Kritik einstellen. (dpa)