Erstmals seit Dezember 2008: US-Notenbank Fed senkt Leitzins um einen Viertelprozentpunkt
Dieser Schritt kam erwartet: Die US-Notenbank kappt den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte. Warum diese Senkung große Bedeutung hat.
Zum ersten Mal seit über zehn Jahren hat die US-Notenbank (Fed) den Leitzins gesenkt. Die Notenbank Fed kappte ihn am Mittwoch um einen Viertelprozentpunkt auf die neue Spanne von 2,0 bis 2,25 Prozent. Der Schritt war in dieser Form erwartet worden. Zudem werde die Bank die Drosselung ihres Anleihenprogramms im August beenden, zwei Monate früher als geplant, hieß es.
Die Währungshüter reagieren damit auf den von US-Präsident Donald Trump angezettelten Handelskonflikt, der zusehends auf die globale Konjunktur und damit auch die heimische Wirtschaft durchschlägt. Trump setzt die politisch unabhängige Fed seit langem unter Druck, die Zügel zu lockern - zuletzt noch kurz vor der Fed-Sitzung mit der Forderung nach einer massiven Senkung.
Die Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell, der sich bei der Geldpolitik nicht von der Politik hineinreden lassen will, blieben mit dem eher kleinen Schritt nun hinter dieser Forderung zurück. Sie halten jedoch die Tür für eine weitere Lockerung offen.
Denn die Währungshüter erklärten, "angemessen handeln zu wollen", um das Wachstum zu stützen. Die Zinsentscheidung fiel jedoch nicht einstimmig, wie Reuters berichtet. Der Präsident des Fed-Bezirks Boston, Eric Rosengren, und seine Kollegin aus Kansas City, Esther George, plädierten dafür, das Zinsniveau beizubehalten.
Anleger waren offenbar enttäuscht, der Dow Jones Index verlor 1,2 Prozent.
Warum ist der Schritt so bedeutsam?
Es ist das erste Mal in der Geschichte, dass die Fed das Ende eines Kreditzyklus' einleitet, ohne dass die Zinsen vorher zur Normalität zurückgekehrt sind. Im Jahr 2000 lag der US-Leitzins bei 6,5 Prozent, bevor gesenkt wurde, 2007 bei immerhin 5 Prozent. Jetzt im Jahr 2019 lag der US-Leitzins bei 2,5 Prozent, bevor die Fed die neueste Zinssenkungsphase begann. Das ist die Hälfte vom letzten Mal. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ebenfalls angekündigt, zu einer lockereren Geldpolitik zurückzukehren.
Die USA – und die Welt – befinden sich in einer fundamentalen Tiefzinsentwicklung, deren Ende nicht abzusehen ist. Tiefzinsphasen gehen historisch einher mit niedrigem Wachstum. Daran muss sich die Welt möglicherweise gewöhnen.
Die Notenbanken haben ihr Instrumentarium erschöpft, ohne ihre Inflationsziele erreicht zu haben. Ihre Macht ist gebrochen, es sei denn, sie gehen neue experimentelle Wege: negative Leitzinsen beispielsweise oder sogenanntes „Helicopter Money“.
Letzteres würde bedeuten, dass die Notenbanken gedrucktes Geld direkt an Regierungen und Bürger verteilen, ohne dass es zurückgezahlt werden muss. Die Befürworter, unter ihnen Adair Turner, ehemaliger Chef der britischen Finanzmarktaufsicht, Lawrence Summers, Harvard-Ökonom und ehemaliger US-Finanzminister unter Bill Clinton sowie andere Ökonomen und Banker sehen in „Helikoptergeld“ eine Möglichkeit, Geld direkt in die Realwirtschaft zu lenken, um sie anzukurbeln und die nun schon viele Jahre andauernde tendenziell deflationäre Phase seit der Finanzkrise zu überwinden.
Dass es dazu kommt, ist eher unwahrscheinlich, zumindest in Europa. Direkte Staatsfinanzierung durch die Notenpresse hat in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Deutschland zu einer Hyperinflation geführt, die sich tief ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat.
Die Eurozone geht ohne Puffer in die nächste Rezession
Während die USA wenigstens ein bisschen Puffer haben, um die Leitzinsen zu senken, liegen sie in der Eurozone bei 0 Prozent. Damit startet die Eurozone aus einer sehr ungünstigen Position heraus in das nächste Konjunkturtief.
Langfristig niedrige Zinsen begünstigen riesige Schuldenberge bei Staaten, Unternehmen und Privathaushalten.
Langfristig niedrige Zinsen schaden nicht unbedingt sofort, aber auf Dauer Sparern und allen, die in Altersvorsorgesysteme einzahlen, wie Betriebsrenten, Pensionspläne und Lebensversicherungen. Die Menschen müssen sich auf eine schlechtere Altersversorgung einstellen, wenn hochverzinsliche Anleihen aus der Vergangenheit auslaufen und durch Niedrigzinspapiere ersetzt werden müssen.
Vielleicht muss sich die Welt darauf einstellen, dass der Trend noch lange Zeit anhält.
Notenbanken in schwieriger Lage
Zur Ehrenrettung der Notenbanken sind zwei Aspekte wichtig. Sparer sind nicht nur Sparer, sondern auch Steuerzahler, die langfristig davon profitieren, wenn die Bundesregierung niedrige Zinsen zum zügigen Schuldenabbau nutzt und weniger Zinsen zahlen muss.
Notenbanken agieren in einem komplexen Geflecht aus verschiedensten Erwartungen und Konflikten. Letztlich aber sind sie nur Mittler in einem langfristigen Zinsmechanismus, den sie selber nur begrenzt beeinflussen können.