Vor Junckers Besuch in Washington: US-Konzerne wehren sich gegen Trump
US-Unternehmen wie Amazon wollen gegen die Handelspolitik Trumps vorgehen. Jetzt steht ein Besuch von EU-Kommissionspräsident Juncker an. Doch die Erwartungen sind niedrig.
Jeff Bezos und Donald Trump sind keine Freunde und werden es wohl auch nicht mehr. Der Amazon-Gründer und Besitzer der „Washington Post“, dessen Nettovermögen vergangene Woche erstmals die Marke von 150 Milliarden Dollar übersprungen hat, und der US-Präsident sind sich in herzlicher Abneigung verbunden. Erst am Montag erklärte Trump auf Twitter, die seiner Regierung gegenüber kritische „Washington Post“ sei „nichts anderes als ein sehr teurer (die Zeitung verliert ein Vermögen) Lobbyist für Amazon“, der Aktienkurs fiel prompt. Und Bezos erwägt Berichten zufolge, mit branchenweiten Werbekampagnen und einer verstärkten Lobbyarbeit gegen die Handelspolitik von Trump vorzugehen. Der reichste Mann der Welt gegen den mächtigsten – das klingt nach dem perfekten Duell.
Auch andere Unternehmen wehren sich gegen Trump
Doch der 54-jährige Bezos ist nicht der einzige Unternehmer, der derzeit gegen Trumps Politik aufbegehrt. Auch der Aluminium-Produzent Alcoa will in intensivierten Gesprächen mit der Regierung und Kongress-Mitgliedern erreichen, dass die seit Juni geltenden Zölle für die Branche abgeschafft oder zumindest Ausnahmen gewährt werden. Denn die Strafzölle belasten den Konzern: In der vergangenen Woche musste Alcoa wegen der Abgaben seine Jahresprognose nach unten korrigieren. Die Zölle auf Aluminiumimporte hätten im zweiten Quartal zu Mehrkosten von 15 Millionen Dollar geführt, hauptsächlich erhoben auf Einfuhren aus Kanada, dem größten Lieferanten Alcoas. Belastungen, die der traditionsreiche Konzern nicht hinnehmen will.
Toyota mobilisiert seine Mitarbeiter
Der japanische Autobauer Toyota wählt eine andere Strategie. Vor einer Anhörung im Handelsministerium in der vergangenen Woche demonstrierten Mitarbeiter in Washington gegen die von Trump angedrohten Zölle auf Importe von Autos und Zulieferer-Teilen – mit einem „Drive-In“ im Regierungsviertel. Der Protest war mitorganisiert von der Lobbygruppe Global Automakers Association. Für die betroffenen Unternehmen ist die Gegenwehr kein leichtes Unterfangen, eine direkte Konfrontation mit Trump will keines von ihnen, und schon gar nicht im Alleingang.
Gemeinsam wären die Unternehmen stärker, doch bisher gibt es nur vereinzelt konzertierte Aktionen, wie bei den Autobauern oder der amerikanischen Handelskammer vor wenigen Wochen. Die eigentlich eher den Republikanern zugeneigten Wirtschaftslobbyisten starteten eine Kampagne mit einer Studie, die zeigen soll, dass ein eskalierender Konflikt letztlich die amerikanischen Verbraucher treffen würde.
Die Wirtschaft ist zu spät aufgewacht
Aber noch sind das alles eher vereinzelte Aktionen. Das könnte ein Fehler sein. „Trump ist nicht dafür bekannt, dass er sich über einzelne Unternehmen Sorgen macht“, sagt Edward Alden, Handelsexperte beim Council on Foreign Relations in Washington. „So lange es keine größeren Marktreaktionen oder bedeutenden Maßnahmen von Unternehmen gibt, wird er sich nicht davon überzeugen lassen, dass seine Politik Schaden anrichtet.“ Die Wirtschaft sei spät aufgewacht, zu lange habe sie sich über die Steuersenkungen und die Deregulierung gefreut.
Trump ist fest davon überzeugt, dass er dem Land Gutes tut, wenn er nur hart genug verhandelt. Die Wirtschaftsdaten sind aktuell gut, vor allem dank der Steuerreform, und seine Basis steht unverändert zu ihm, auch wenn so manche Farmer über sinkende Einnahmen klagen. Seine Anhänger wollen Trump offenbar Zeit geben, einen guten, einen besseren Deal rauszuholen. Da schnelle Einsicht von ihm selbst zu erwarten, wäre naiv. Am Dienstag bat er seine Basis um Geduld. „Wir müssen durchhalten“, sagte er in Kansas City mit Blick auf die Handelskonflikte mit der EU, China und anderen wichtigen Partnern. „Diese Länder haben uns über Jahrzehnte abgezockt.“ Und damit seine Anhänger auf dem Land nicht unruhig werden, verkündete Agrarminister Sonny Perdue am Nachmittag, betroffene Landwirte mit Milliardenzuschüssen unterstützen zu wollen. Die Subventionen sollen sich auf insgesamt bis zu zwölf Milliarden Dollar (10,3 Milliarden Euro) belaufen und unter anderem an Sojafarmer gehen, die von erhöhten chinesischen Einfuhrzöllen betroffen sind.
Juncker verhandelt mit Trump
Am Mittwoch kommt nun der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu Trump ins Weiße Haus. Doch die Erwartungen an seinen Besuch wurden schon im Vorfeld auf ein Minimum heruntergeschraubt, nicht nur in Washington, sondern auch von ihm selbst. Am Montag ließ Juncker mitteilen, dass er ohne ein konkretes Angebot zu Trump reisen werde. Es gehe lediglich darum, mögliche Spannungen zu „entdramatisieren“, sagte sein Sprecher. Das Treffen sei eine Gelegenheit, zu reden und den Dialog aufrechtzuerhalten. Mehr nicht. Einem Bericht der „Wirtschaftswoche“ zufolge, will er mit Trump immerhin aber über eine Reform der Welthandelsorganisation (WTO) sprechen. Die sollte demnach mit mehr Schiedsrichtern ausgestattet werden und schneller entscheiden.
Nur: Ob Trump sich darauf einlässt?
Trump wartet auf ein Angebot
Ohne ein konkretes Angebot wird sich Trump kaum bewegen. Seine Argumentation bei allen Gesprächen dieser Art ist, dass die Vereinigten Staaten übervorteilt werden – und dass er dies nun ändern werde. Die Logik bisheriger Handelsgespräche, dass von einer Lösung beide Seiten profitieren müssen, lehnt er ab. „Ihm geht es nur darum, dass die USA einseitig profitieren“, sagt Handelsexperte Alden. Und offenbar meint Trump, Zeit zu haben bei diesem Pokerspiel. Vor den im November anstehenden Midterm-Wahlen werde wohl nicht viel passieren, sagt Alden.
Dieses Vorgehen von Trump frustriert die Europäer. Die Unternehmen stellen sich derweil bereits auf das Schlimmste ein, viele reagieren dabei ganz pragmatisch. Wie der US-Motorrad-Hersteller Harley-Davidson, der angekündigt hat, Teile der Produktion ins Ausland zu verlegen, gehen wohl bald auch andere vor. Unternehmen, die bisher den chinesischen Markt von Amerika aus beliefern, denken darüber nach, mehr direkt in China zu investieren.
Betroffen von Trumps Politik sind vor allem multinationale Konzerne mit internationalen Lieferketten: Ihre Produkte werden im Ausland durch Gegenzölle teurer und damit weniger attraktiv, das gilt zum Beispiel für Whiskey und Jeans. In China trifft es amerikanische Güter wie Sojabohnen, Mais und Autos ganz besonders. Aber auch die Produktionskosten für heimische Unternehmen, die Rohstoffe wie Stahl oder Aluminium bislang aus dem Ausland importiert haben, steigen. So werden zum Beispiel für Coca Cola die Getränkedosen deutlich teurer. Die wahrscheinliche Konsequenz: Die Produkte werden für die Verbraucher teurer, denn die Unternehmen geben gestiegene Kosten in der Regel an ihre Konsumenten weiter.