Abgasskandal: US-Aufseher fordert mehr Transparenz von VW
Ein Zwischenbericht zeigt: Nach der Dieselaffäre tut sich VW mit einem Wandel immer noch schwer. Statt voller Transparenz gibt es teils geschwärzte Dokumente.
Mehr Transparenz gefordert, Verstöße festgestellt: Der von der US-Justiz zur Aufarbeitung des Abgasskandals eingesetzte Aufpasser Larry Thompson hat Volkswagen aufgefordert, sämtliche Informationen zeitnah zur Verfügung zu stellen. Vereinzelt sei er mit der Zurückhaltung bei der Übermittlung bestimmter Informationen nicht einverstanden, hieß es im am Montag veröffentlichten ersten Zwischenbericht Thompsons nach „Dieselgate“. Dort wurden auch zwei Verstöße gegen die Auflagen festgestellt. Volkswagen-Rechtsvorstand Hiltrud Werner erklärte, es gebe große Fortschritte - aber auch immer noch Schwächen.
Thompson beklagte in seinem Bericht, das Unternehmen habe unter Berufung auf das Anwaltsgeheimnis und den Datenschutz Schwärzungen in Dokumenten vorgenommen. Volkswagen habe Nachbesserungen zugesagt. Werner betonte: „Wir haben noch ganz schön viel Arbeit vor uns.“
Aufgabe des früheren US-Staatssekretärs Thompson und seines rund 60-köpfigen Teams ist es, Volkswagen drei Jahre lang auf die Finger zu schauen, damit sich kriminelles Verhalten wie im Abgasskandal nicht wiederholt. Im Detail: Der Kontrolleur überwacht, ob der Autobauer den mit den US-Behörden geschlossenen Milliardenvergleich einhält. Volkswagen hatte im September 2015 zugegeben, in den USA die Abgasreinigung von Autos mit Dieselmotor manipuliert und so Kunden und Behörden betrogen zu haben.
Verstöße wurden von Volkswagen selbst gemeldet
Kürzlich hatte Thompson fehlende personelle Folgen nach dem millionenfachen Betrug mit manipulierter Abgasreinigung kritisiert. Allerdings kündigte VW inzwischen an, sich von Mitarbeitern trennen zu wollen, die in die Abgas-Affäre verwickelt waren. Der neue VW-Personalvorstand Gunnar Kilian sagte der „Braunschweiger Zeitung“, generell ahnde des Unternehmen Regelverstöße „konsequent und der jeweiligen Verantwortlichkeit oder Pflichtverletzung angemessen“.
Der Zwischenbericht von Larry Thompson legte zwei Verstöße bei Volkswagen offen - nach Werners Angaben wurde eine Liste von fünf Fragen im Zusammenhang mit der jährlichen Mitarbeiterbefragung „aus Versehen“ nicht in die Manager-Handbücher aufgenommen. Zudem sei übersehen worden, zehn Tage vor Beginn von Emissionstests für das Modelljahr 2017 die Umweltbehörde CARB schriftlich zu informieren. Thompson sagte aber, Volkswagen selbst habe diese Verstöße gemeldet.
VW-Aufseher empfiehlt unter anderem Dokumentationspflichten
Der VW-Aufseher erklärte, es sei verfrüht, zu sagen, wie weit das Unternehmen bei der Umsetzung seiner Verpflichtungen gekommen sei: „Wir sind eher am Anfang unserer Audit-Arbeit.“ Volkswagen solle ein „besseres Unternehmen“ werden. „Das ist unser gemeinsames Ziel“, betonte er.
Dazu legte er auch Handlungsempfehlungen vor - diese betreffen Analysen, ob die umgesetzten Maßnahmen wirklich greifen, aber auch Dokumentationspflichten. Auch schlug er vor, Ungenauigkeiten in Schulungsstatistiken abzustellen. Volkswagen habe zudem eine Reihe von Gremien und Prozessen eingerichtet, um Abgas- und CO2-Ziele für einzelne Fahrzeuge festzulegen, um damit die Einhaltung in der gesamten Flotte sicherzustellen. Thompson überprüft neben der Marke Volkswagen und den sogenannten Konzernfunktionen auch die Tochter Audi, Volkswagen Chattanooga und die Volkswagen Group of America.
Integritätsschulungen für Manager
Werner betonte, Volkswagen wolle auch in Sachen Integrität ein Vorbild sein - dies sei gleichrangig mit finanziellen Kennzahlen und Qualität der Fahrzeuge. Zu den Verstößen sagte sie: „Es ging um Dinge, die wir hätten umsetzen können, wenn wir achtsamer gewesen wären.“
Ziel sei, das im April beschlossene Integritäts-Programm „Together4Integrity“ bis 2020 auf die anderen Marken des VW-Konzerns auszurollen. Damit sollten 70 Prozent der Belegschaft erreicht werden: „Wir haben hier einen Marathon vor uns, dessen Umsetzung Jahre in Anspruch nehmen wird.“ Bis 2025 wolle Volkswagen alle Tochtergesellschaften weltweit und sämtliche rund 650.000 Mitarbeiter erreicht haben.
Werner machte auch klar, dass die vielbeschworene Verbesserung der Unternehmenskultur für den Konzernvorstand „oberste Priorität“ habe. „Für den weiteren Kulturwandel rechne ich mit einem Dekaden-Horizont“, sagte sie. Auch der Schulungsaufwand sei hoch: allein im vergangenen November seien rund 7300 Manager mit Themen rund um Integrität und Unternehmenskultur vertraut gemacht worden. Dies sei auch für andere Marken und Regionen vorgesehen. (dpa)