Oliver Samwer: „Unternehmer sind Rockstars“
Oliver Samwer, Mitbegründer der Klingeltonfirma Jamba, über erfolgreiche Ideen, Millionengewinne und Ikea-Tische
Herr Samwer, wie wird man Millionär?
Das kann ich nicht beantworten. Ich kann nur sagen, wie man Unternehmer wird und vielleicht, wie man erfolgreicher Unternehmer wird.
Wie haben Sie es gemacht?
Das erste war der Wunsch Unternehmer zu sein. Das wollten meine Brüder und ich schon mit 14 Jahren.
Andere Jungs wollen Lokführer oder Fußballprofi werden. Was hat Sie am Unternehmertum gereizt?
Na ja, ganz am Anfang wollten wir ja auch Rockstars werden. Als wir dann anfingen, uns mit den ersten Praktika Taschengeld nebenbei zu verdienen, haben wir entdeckt, dass für uns vor allem eins wichtig war: zusammenzubleiben und nicht am Ende in verschiedenen Unternehmen zu landen. Es macht mehr Spaß, gemeinsam etwas zu bewegen.
Egal was?
Wir hatten viele Ideen. Zum Beispiel eine Spedition, bei der auf allen Lastwagen groß der Name Samwer steht. Um erfolgreich zu sein, muss man aber auf Industrien setzen, von denen man etwas versteht. Die Affinität zum Internet ist während des Studiums gekommen. Uns ist klar geworden, dass wir zum Führen einer Spedition oder Fluggesellschaft erst viele Jahre das Geschäft würden lernen müssen. Wir wollten schnell Unternehmer werden. Deswegen haben wir uns eine Industrie gesucht, die für junge Leute gemacht war: Ende der 90er war das das Internet.
Mehr braucht man nicht, um erfolgreicher Unternehmer zu werden?
Doch. Man muss viel arbeiten, ein gutes Team um sich scharen und den Fokus auf die wichtigen Sachen richten.
Was ist wichtig?
Zum Beispiel die Kosten im Griff zu haben. Schauen Sie sich um: Wir arbeiten mit preiswerten Möbeln von Ikea, aber wir achten auf sehr gute Computer und sehr gute Stühle – damit man lange sitzen und gut sehen kann. Wichtig ist auch, nicht zu schnell zu sein. Wir haben nicht im Jahr 2000 angefangen, die großen Anwendungen für die neue Mobilfunktechnik UMTS zu entwickeln. Wir haben nur den Trend erkannt: Das mobile Internet kommt, und es werden zuerst die jungen Leute sein, die es nutzen.
Warum verkaufen Sie Ihr Unternehmen jetzt, wo der Markt anspringt?
Wir verkaufen aus einer Position der Stärke heraus. Im vergangenen September sind die ersten Firmen auf uns zugekommen, die uns kaufen oder Joint Ventures mit uns gründen wollten. Das waren Firmen aus Europa, Japan und Amerika. Erst haben wir es gar nicht beachtet. Dann wurde es so viel, dass wir die Deutsche Bank beauftragt haben, die interessanten Angebote herauszusuchen.
Was war interessant am Angebot der US-Telekommunikationsfirma Verisign?
Es ist ganz klar, wir sind die Nummer eins in Europa. Aber als wir versucht haben, Mobilfunkanbieter, Filmstudios oder Musikfirmen in den USA anzusprechen, haben die bei Berlin eher an Berlin in Minnesota gedacht, als an Berlin in Germany. Als europäisches Unternehmen ist es schwer, in der amerikanisch geprägten Entertainmentbranche ernst genommen zu werden.
273 Millionen Dollar zahlt Verisign für Jamba. Stimmt es, dass Sie und Ihre Brüder einen Anteil von 20 Prozent erhalten?
Darüber sprechen wir nicht. Aber der Anteil ist kleiner als 20 Prozent.
Was machen Sie mit dem Geld?
Verisign bezahlt zu einem Großteil mit eigenen Aktien. Unser Leben wird sich nicht groß verändern. Das hat es auch nach dem Verkauf von Alando an Ebay nicht. Wir haben zu dritt nur ein Auto und fahren mit dem Fahrrad zur Arbeit. Ich wohne immer noch in Mitte. Wenn Geld da ist, dann bringen wir es auf die Bank für später. Wenn wir in fünf oder zehn Jahren wieder ein neues Unternehmen starten, wird das Geld dafür verwendet. Das Geld, das wir für Alando bekommen haben, haben wir auch in Jamba gesteckt. Wir sind nicht die Leute, die sich einen Porsche kaufen.
Viele sagen, es sei schwer, in Deutschland ein Unternehmen zu gründen.
Es ist hier nicht schwieriger als in England oder anderswo. Deutsche Gründer sind auch nicht weniger erfolgreich als andere. Aber es gibt einfach zu wenige, weil die Vorbilder fehlen. Die werden weder in der Schule noch in der Uni vermittelt. In England wird jemand wie Richard Branson, der Gründer von Virgin, gefeiert wie ein Rockstar. So wie die Gründer von Wal-Mart, Microsoft oder Amazon in den USA. Wir haben auch in Deutschland tolle Gründer wie Hasso Plattner vom Softwarehaus SAP oder Heiner Kamps mit seiner Bäckereikette. Aber hier zu Lande ist das einfach nicht in den Köpfen der Leute drin: Unternehmer sind Rockstars.
Jetzt sind sie selbst keine Unternehmer mehr, sondern angestellter Manager.
Für mich ist es nicht ausschlaggebend, ob mir zehn oder zwei Prozent an einer Firma gehören. Ausschlaggebend ist, dass wir vertraglich enorm viele Freiheiten bekommen haben. Wir machen das weltweite Geschäft aus Berlin. Der Standort wird weiter ausgebaut, stärker als wir es bisher angekündigt haben. Aber wir haben jetzt auch die Perspektive, einen Teil unserer Zeit in den USA zu verbringen. Für uns wird es jetzt spannender.
Hat Ihnen der Berliner Senat geholfen?
Mittlerweile hat der Senat erkannt, dass auch wir Arbeitsplätze schaffen – jetzt sind es schon mehr als 300. Und es kommen jeden Monat 20 neue Mitarbeiter hinzu. In ein oder zwei Jahren werden wir vielleicht 500, 600 oder 700 Arbeitsplätze haben. Aber wir bekommen nicht die Aufmerksamkeit und Zuwendungen, die Firmen wie Universal, MTV oder Coca Cola bekommen haben, die von außen gekommen sind. Der Senat müsste mehr darauf schauen, was er für junge Unternehmen aus Berlin machen kann.
Funktioniert es anderswo besser?
Die Bayern machen es besonders gut. In München bringt die Politik ganz bewusst junge Leute mit Ideen mit Industrie, Banken und Risikokapitalgebern zusammen. Übrigens läuft das auch im Silicon Valley so. Es geht gar nicht um Subventionen. Es ist wichtig, die richtigen Leute zusammenzubringen. Berliner Politiker stehen auf dem Standpunkt: Wir haben die jungen Leute, das reicht.
Vielleicht finden Sie zu wenig Beachtung, weil es vielen Leuten schwer fällt zu glauben, dass man mit Klingeltönen und Spielchen für Handys Geld verdienen kann. Wie erklären Sie den Zweiflern Ihre Geschäftsidee?
Die Geschäftsidee für Jamba ist erstens: Die Leute werden mit ihrem Handy mehr machen als zu telefonieren. Und zweitens: Unterhaltung wird mehr wert sein als Information. Wir haben nicht gewusst, dass das Größte Klingeltöne und Spiele sein werden. So etwas kann man nicht voraussehen. Daher ist es wichtig, dem Markt nicht allzu weit voraus zu sein, sonst läuft man Gefahr, dass einem das Geld ausgeht. Man muss kein Revolutionär sein, um Unternehmer zu sein. Es reicht, es besser zu machen.
Die Amerikaner nutzen nicht einmal SMS. Wie wollen sie da Geschäfte machen?
In den USA sind die Leute ganz verrückt nach Klingeltönen und Spielen. Bisher lagen sie hinter Europa zurück. Aber sie überspringen gerade den Schritt mit SMS. Sie fangen gleich damit an, Klingeltöne aus dem Netz herunterzuladen.
Das Gespräch führten Maurice Shahd und Corinna Visser.
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