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Ambitionen. Bahnchef Rüdiger Grube (l.) würde gerne nach 2017 an der Spitze des Schienenkonzerns weitermachen. Interesse an seinem Job soll auch Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla haben.
© dpa

Deutsche Bahn im Konfliktmodus: Unruhe auf dem Abstellgleis

Mehdorn, Grube, Pofalla – braucht die Deutsche Bahn einen neuen Lokomotivführer? Ein Kommentar.

Wenn ein ICE mit Verspätung den Berliner Hauptbahnhof verlässt, kann dies den gesamten Bahnverkehr in Deutschland durcheinanderbringen. Die Bahn spricht vom „Dominoeffekt“, der Störungen auf das „engmaschige, vertaktete System“ überträgt. So erklärt die Bahn unter anderem, warum jeder fünfte ICE oder IC unpünktlich ist.

Verspätungen sind nur ein Stein des Anstoßes im komplexen System Bahn. Aktuell häufen sich die „Dominoeffekte“ im Staatskonzern: Stuttgart 21 läuft aus dem Ruder, die Güterbahn braucht dringend einen Neustart, Service und Pünktlichkeit verbessern sich im Schneckentempo, das Schienennetz gleicht einer Baustelle – und dann wirft auch noch Volker Kefer hin, der für all das zuständige Super-Vorstand, mächtigster Mann nach Bahn-Chef Rüdiger Grube. Engmaschiger könnten die Probleme des DB-Konzerns nicht sein.

Zugutehalten muss man dem Mann an der Spitze, dass er seinen Optimismus nicht verliert, zumindest öffentlich. Die Bahn, so glaubt Grube noch, werde in vier Jahren „weltweit führender Mobilitäts- und Logistikanbieter“ sein, profitabel natürlich. Hier ist der frühere Daimler-Stratege mehr Politiker als Manager. Das sollte er auch sein, denn über sein Schicksal – die Verlängerung seines Vertrages nach 2017 – denkt man in der Regierung derzeit angestrengt nach.

Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla – seit 2015 im Vorstand – soll nicht ganz unschuldig am Sturz Kefers sein

Auf den ersten Blick ist es paradox: Die Kapitulation Kefers hat Grubes Position gestärkt. Denn der freundliche Super-Vorstand hätte im Erfolgsfall die Machtfrage gestellt. Bundes-Verkehrspolitiker ventilieren nun die Theorie, dass Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla – seit 2015 im Vorstand – nicht ganz unschuldig am Sturz Kefers war. Sein denkbares Kalkül: Grubes Vertrag wird nach 2017 befristet verlängert und der dann nicht mehr ganz so neue Neu-Bahner Pofalla wird in zwei, drei Jahren Bahn-Chef. Kein Mensch, heißt es in Berlin, kann sich das derzeit zwar vorstellen. Doch Pofallas kurzer Draht ins Kanzleramt und sein fester Wille, mehr Manager als Politiker zu sein, könnten noch für Überraschungen sorgen.

So weit die Theorie. In der Praxis braucht die Deutsche Bahn ein freies Gleis, um einen Weg aus den Problemen zu finden, die mit ihrer Komplexität zu tun haben. Eine Komplexität, die Grubes Vorgänger Hartmut Mehdorn hinterlassen und die deutschen Verkehrspolitikern immer gut gefallen hat.

„Ein weltweit führender Mobilitätsanbieter ...“ Jetzt erzielt der Staatskonzern knapp die Hälfte seines Umsatzes überall auf der Welt – nur die Eisenbahn in Deutschland läuft nicht, das „Brot-und-Butter-Geschäft“ (Grube). Gründe dafür gibt es so viele wie Weichen im Schienennetz. Es finden sich im Bahn- Konglomerat und in der Politik immer kluge Leute, die einem erklären können, warum das Verkehrsmittel so anspruchsvoll und anfällig ist. Dabei verlieren sie sich in Details und „Dominoeffekten“. Doch weder das Management noch der Bundesverkehrsminister vermitteln den Eindruck, als ob sie wüssten, wohin die Deutsche Bahn langfristig unterwegs ist.

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