Die Zukunft der Medikamentenentwicklung: Biopharmaka: Umsätze mit Biotech-Medikamenten nehmen zu
Biotech-Arzneien gewinnen an Bedeutung für die Umsätze der Pharmafirmen. Doch in Deutschland fehlen Investitionen für eine eigene Wertschöpfungskette.
Einst kamen neue Medikamente aus den Chemielabors, inzwischen sind es immer häufiger die Zellkultur-Suppen der Biotech-Firmen, in denen die innovativen Arzneien gegen Krankheiten wie Krebs, Rheuma oder Multiple Sklerose produziert werden. Von den 39 neu zugelassenen Medikamenten waren im vergangenen Jahr 14 biotechnologischer Herkunft – so viele wie seit 2001 nicht mehr. Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten Branchenreport „Medizinische Biotechnologie“ hervor. Längst gehören Biopharmazeutika zu den Verkaufsschlagern der Branche, seien es Hormone wie Insulin für Diabetiker oder Antikörper für die Krebstherapie.
Während Biopharmazeutika 2007 noch 15 Prozent aller verkauften Medikamente ausmachten, waren es im abgelaufenen Jahr 21 Prozent. Und da Biopharmazeutika in der Regel teurer sind als chemisch-synthetische Medikamente, haben sie auch Anteil am gut vierprozentigen Umsatzplus der gesamten Branche. Diese erlöste 30,6 Milliarden Euro, davon gut 6,5 Milliarden Euro mit Biotech-Medikamenten, wie die Boston-Consulting Group in der Studie für den Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (VfA) errechnete. Damit stieg der Umsatz mit Biopharmazeutika gegenüber dem Vorjahr um 8,5 Prozent.
Milliardenschwerer Verkaufsschlager ursprünglich in Deutschland entwickelt
Acht der weltweit zwanzig meistverkauften Arzneimittel werden mittlerweile biotechnologisch produziert, darunter der Spitzenreiter Humira mit 7,2 Milliarden Dollar Umsatz weltweit allein 2013. Ursprünglich wurde dieser Antikörper – unter anderem gegen rheumatische Arthritis – von BASF entwickelt, aber im Jahr 2000 an die US-Pharmafirma Abbott verkauft, als der Konzern sich seiner Pharmasparte entledigte – wohl nicht zuletzt weil Deutschland nicht das richtige Entwicklungsklima für neuartige Medikamente bietet. So stammen die Biopharma-Umsätze in Deutschland meist von Produkten, deren Patente US-amerikanische oder britische Pharmafirmen halten. Kaum eine deutsche Biotech-Firma hat es bislang geschafft, eine Idee aus der Grundlagenforschung bis zur zugelassenen Arznei im eigenen Land zu entwickeln.
Auf diesem oft zehn bis fünfzehn Jahre langen und hunderte Millionen Euro teuren Weg fehle hierzulande sowohl das Risikokapital als auch die Geduld und Risikobereitschaft von Investoren, meint Matthias Schroff, Vorstandvorsitzender der börsennotierten Berliner Biotech-Firma Mologen, die seit 1998 DNA-basierte Impfstoffe und Krebsmedikamente entwickelt. "Klinische Entwicklung verursacht hohe Kosten, und ohne Investoren bleibt nur das Auslizensieren, so dass die Wertschöpfungskette abreißt."
Anreize für risikoreiche Investitionen
Von Biopharmaka erhoffen sich die Unternehmen Umsätze, mit denen sich die stetig teurer werdenden Entwicklungskosten am Ende amortisieren lassen. Ob aber die Budgets der Gesundheitssysteme in Europa und den USA mit dem Trend zu mehr neuen und auch teureren Biopharmazeutika mitwachsen, ist fraglich. Schon 2011 gaben die Versorger 13 Prozent ihres Arzneimittelbudgets von rund 27 Milliarden Euro für Biotech-Medikamente aus. Ob sich mit Biopharmazeutika auch künftig gute Preise erzielen lassen, werde vom Nutzen des jeweiligen Medikaments abhängen, meint Schroff. Beim Hautkrebsmedikament Yervoy zeigen Studien, dass die Patienten nicht nur durchschnittlich 11 Monate überleben, sondern fünf Prozent der Patienten sogar über zehn Jahre krebsfrei bleiben. Ob das einen Preis (in den USA) von 120000 Dollar pro Behandlungsrunde rechtfertigt, ist auch für Schroff keine einfach zu beantwortende Frage. Doch die Gesellschaft dürfe Anreize für Investoren nicht vernachlässigen, trotz des hohen Risikos zu scheitern in die Entwicklung neuer Medikamentenentwicklungen statt zum Beispiel in Autos zu investieren.
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