zum Hauptinhalt
Die Bildkombo zeigt eine Boeing von Tuifly in Hannover und eine Maschine der Etihad Airways, aufgenommen auf dem Flughafen von Doha (Katar).
© dpa

Fluggesellschaft: Tuifly künftig im Tandemflug mit Etihad

Welche Airline steigt bei Tuifly ein? Tagelang sorgten Spekulationen für Unruhe unter der Belegschaft. Nun zeichnet sich ihr Los ab: Sie sucht den Schulterschluss mit dem Air-Berlin-Großaktionär Etihad.

Der weltgrößte Touristikkonzern Tui macht einen Haken hinter seine deutsche Fluggesellschaft Tuifly. Der Ferienflieger aus Hannover soll künftig in einer neuen Dachholding aufgehen. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen handelt es sich dabei um die arabische Airline Etihad. Der Poker um die hoch verschuldete Fluggesellschaft Air Berlin, bei der Etihad Großaktionär ist, eröffnete dem Reisekonzern die Tür für die Neuordnung. Für die Mitte 2007 aus dem Billigflieger HLX und Hapagfly entstandene Tuifly bedeutet die Lösung allerdings das Ende der Selbstständigkeit.

Die Tuifly als klassische Saison-Airline mit gewachsenen Strukturen und Direktflügen ohne jegliche Drehkreuze hat dem Konzern nicht nur Freude bereitet. Denn das klassische Chartergeschäft im Sommer will auch im Winter kompensiert sein. Der Reiseriese aus Hannover hat das Problem, in der Hauptsaison zu wenige und der Nebensaison zu viele Flugzeuge zu haben. Einige der Jets - Durchschnittsalter knapp sechs Jahre - flogen daher zu dieser Jahreszeit in Kanada. Der Konzern wertet die sich nun abzeichnende Lösung mit einem neuen Verbund von gut 60 Flugzeugen daher als Chance. Immerhin löst er nach seiner Komplettfusion mit der einstigen britischen Tochter Tui Travel damit nun ein weiteres Problem beim Umbau zu einer voll integrierten Unternehmensgruppe.

„Das geht zu Lasten der Wirtschaftlichkeit des Quellmarktes Deutschland“

Denn während bei der britischen Tui-Tochter die Airline Bestandteil der Gesellschaft ist, war die Tuifly bei der Tui Deutschland historisch gewachsen ein eigenes Unternehmen. Das war glänzenden Bilanzzahlen nicht immer förderlich. So formulierte es auch Tuifly-Aufsichtsratschef Henrik Homann in einem Brief an die Belegschaft, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt: „Die erheblichen Überkapazitäten im Flug-Markt und die über dem Markt liegende Kostenstruktur bei der Tuifly haben (...) seit Jahren unmittelbare Auswirkungen auf den Erfolg und das Ergebnis der Tui Deutschland.“ Das bedeute, in Deutschland könnten Flugleistungen für die touristischen Angebote bei Konkurrenten oft deutlich günstiger eingekauft werden, als sie Tuifly der Tui Deutschland bieten kann. Homann: „Das geht zu Lasten der Wirtschaftlichkeit und des Ergebnisses des Quellmarktes Deutschland.“ Für die Belegschaft hat das Management bei der geplanten Lösung nach bisherigem Verhandlungsstand immerhin eine Art Bestandsschutz durchgesetzt: Das bisherige Tarifgefüge soll auch nach der geplanten Integration für Tuifly-Mitarbeiter gelten.

Aus Sicht des Touristikkonzerns spricht noch ein anderer Punkt für die favorisierte Option: Sollte Air Berlin trotz Umbaus unkontrolliert zu Boden gehen, wäre auch die Tuifly der Leidtragende. Einer der Gründe: Die Tuifly hat Air Berlin einst 14 Boeing 737 zur Verfügung gestellt. Dieser im Fachjargon Wet-Lease genannte Leasing-Vertrag umfasst nicht nur die Flugzeuge, sondern auch Wartung, Versicherung und Besatzung. Die Besatzungen fliegen bisher die Tuifly-Maschinen mit dem Air Berlin-Logo am Leitwerk in Air Berlin-Uniformen, obwohl sie ihr Salär von der Tuifly erhalten. Für das Unternehmen mit seinen insgesamt 41 Jets war dieser Vertrag lukrativ - die Hannoveraner ließen Air Berlin daher auch nicht mehr aussteigen. Die 14 an Air Berlin geleasten Boeing-Jets waren eine Folge des gescheiterten Experiments der Niedersachsen mit dem Billigflug-Segment. Tuifly konzentrierte sich fortan auf Urlaubsziele, Air Berlin auf die Städteverbindungen.

Die Unruhe, die die Spekulationen unter der Belegschaft auslöst, kommen zu einer Zeit, in der der Tui-Mutterkonzern wieder positive Schlagzeilen liefert. Das zeigt sich auch in Pflichtmitteilungen der Börse. Sie weisen auf die scheibchenweise Aufstockung der Anteile des größten Einzelaktionärs, des russischen Investors Alexej Mordaschow, hin. Seine Anteile dürften mittlerweile bereits bei 19 Prozent liegen. Beobachter gehen davon aus, dass er seine einstige Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Aktie wieder aufbauen will, die nach der Komplettfusion mit der Tui Travel reduziert worden war. Mit weltweit rund 76 000 Mitarbeitern, davon gut 10 000 in Deutschland und davon wiederum fast die Hälfte (46 Prozent) in Niedersachsen, liegt Tui heute weitgehend in der Hand institutioneller Investoren wie Banken, Fonds und Versicherungen. (dpa)

Zur Startseite