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Technische Innovationen sind der Schrott von morgen.
© Frank Rumpenhorst

Technische Innovationen: Tschüs, Technik

Was heute hip ist, kann morgen schon Schrott sein. Nicht nur der MP3-Player kann davon ein Lied singen. Auch sein Nachfolger ist schon Geschichte.

Manchmal ist Wandel nicht greifbar. Musik beispielsweise landet immer häufiger in der Cloud, der virtuellen Wolke, als auf der CD. Mitte der 90er Jahre setzte die Musikindustrie hierzulande mit den glitzernden Scheiben mehr als zwei Milliarden Euro um. Im vergangenen Jahr war es nach Branchenangaben nicht mal mehr eine Milliarde Euro. Hingegen wachsen die Erlöse aus dem digitalen Vertrieb stetig, im vergangenen Jahr auf rund 380 Millionen Euro. Wenn es also immer weniger CDs gibt, brauchen die Menschen auch immer weniger CD-Spieler. Eine Produktkategorie stirbt langsam aus.

„Alles, was nicht vernetzbar ist, wird perspektivisch vom Markt verschwinden“

Ein schwacher Trost für die Hersteller der Geräte: Sie stehen damit nicht alleine. Im laufenden Jahr werden die Umsätze mit Unterhaltungselektronik – zum Beispiel Verstärkern, Radios, Fernsehern – um knapp vier Prozent zurückgehen, wie die Marktforscher der GfK glauben. Lagen sie im abgelaufenen Jahr noch über der Marke von zehn Milliarden Euro, werden sie im laufenden Jahr darunter liegen. Einer der Hauptgründe ist die hohe Dynamik, mit der sich der Technologiemarkt derzeit wandelt.

„Alles, was nicht vernetzbar ist, wird perspektivisch vom Markt verschwinden“, fasst Timm Lutter vom IT-Branchenverband Bitkom zusammen. Das heißt, der Fernseher sollte sich mit dem Smartphone steuern lassen, die Musikanlage die neuesten Titel vom Lieblingskünstler aus dem Netz streamen, der DVD-Player sich die angesagte neue US-Serie über den Streamingdienst … Moment, das kann er ja gar nicht. Im Klartext heißt das: Der DVD-Player und auch sein Nachfolger Blueray-Player stehen auf der Verliererseite der modernen Unterhaltungselektronik. Hingegen haben sich die Umsätze mit Video-on-demand über die letzten fünf Jahre hinweg hierzulande auf rund 540 Millionen Euro (2015) vervierfacht, wie die Marktexperten von IHS Technology schätzen.

Der iPod machte dem MP3-Player den Garaus – dann kam das Smartphone

Wie schnell Geräte, die noch vor wenigen Jahren alle haben wollten, in der Bedeutungslosigkeit versinken können, zeigt der MP3-Player. Im Jahr 2001 revolutionierte Apple den Musikmarkt, indem es mit dem Abspielgerät iPod und einer darauf abgestimmten Onlineplattform legale Downloads zu günstigen Preisen anbot. Inzwischen weist der kalifornische Konzern seinen einstigen Prestige- und Gewinnbringer gar nicht mehr gesondert in seinen Büchern aus – er spielt einfach keine Rolle mehr.

Diese hat das iPhone seit seinem Marktstart Ende 2007 Stück für Stück übernommen. Es kann alles, was der iPod kann, bietet dem Kunden jedoch noch deutlich mehr. Apple und seine Produkte stehen dabei nur als Beispiel. Insgesamt haben Produkte, die nichts deutlich besser können als ein Smartphone im heutigen Markt nur zeitlich begrenzte Erfolgschancen.

Die Fotoleistung von Smartphones etwa hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Die Hersteller haben festgestellt, wie gerne die Nutzer Ereignisse aus ihrem Alltag mit anderen teilen. Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter, Instagram oder Kurznachrichtendienste wie Whatsapp oder Snapchat dürften diese Entwicklung verstärkt und beschleunigt haben. Eine kleine Taschenkamera kann sich zwar heutzutage ebenfalls ins Internet einklinken und Bild direkt in Netzwerke senden. Doch warum sollte sich jemand eine solche Kamera kaufen, wenn er für das gleiche Geld oder einen geringen Aufschlag ein Smartphone als mobile Kommunikationszentrale kaufen kann? Wie viele Verbraucher sich diese Frage stellen, legt ein Blick auf die Verkaufsentwicklung nahe. Im Jahr 2008 setzten Hersteller in Deutschland mehr als neun Millionen Digitalkameras ab, im laufenden Jahr werden es nach Prognose der GfK nur noch gut drei Millionen sein. Zum Vergleich: Der Markt für Smartphones soll allein im laufenden Jahr um knapp fünf Prozent auf dann 25,6 Millionen verkaufte Geräte wachsen.

Wie in der Evolution hilft nur eins: Spezialisierung

Es gibt jedoch durchaus Faktoren, die Produktkategorien vor dem Aussterben bewahren können. Ein wichtiger: die Spezialisierung.

„Grundsätzlich haben Geräte, die spezielle Funktionen haben, die zum Beispiel ein Smartphone so nicht bietet, gute Aussichten langfristig zu bestehen“, sagt Bitkom-Experte Lutter. Teure Digitalkameras, Spiegelreflex- oder Systemmodelle, trotzten dem Negativtrend. Auch Navigationsgeräte für Autos seien den Smartphones mit Sonderfunktionen durchaus überlegen.

Eine Überlebensgarantie gibt es übrigens auch fürs Handy nicht. Schon bald soll mit der Neptune Duo eine Uhr die Smartphonewelt erschüttern. Statt eine reine Projektionsfläche für ein Handy zu sein, will sie dieses Prinzip umdrehen und selbst zum Kommunikationszentrum werden. Was uns bei so viel Veränderung erhalten bleibt? „Fernseher – egal in welcher Form – wird es immer geben“, ist sich Lutter sicher. Für Menschen sei es wichtig, ein gemeinsames Unterhaltungserlebnis zu haben. Wie einst vor dem Lagerfeuer.

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