Streit um Nord-Stream-Pipeline: Trumps Drohungen lassen Russland kalt
Sanktionen schrecken nicht ab: Der russische Gas-Monopolist will noch immer Sommer mit der Verlegung der Rohre beginnen.
Während US-Präsident Donald Trump gegen Nord Stream 2 wettert und droht, ist Gazprom fast am Ziel. Für rund 90 Prozent der russisch-deutschen Trasse durch die Ostsee hat der Konzern von den Anrainerländern bereits die Erlaubnis zum Bau. Allein Dänemark sperrt sich noch. Regierungschef Lars Lokke Rasmussen will die Angelegenheit noch einmal auf europäischer Ebene besprechen.
Derweil kündigte Nord-Stream-Finanzvorstand Paul Corcoran an, der Ausgang solcher Konsultationen sei gleichgültig. Man werde die Pipeline gegebenenfalls nördlich der dänischen Territorialgewässer vor Bornholm durch internationales Gebiet führen. Noch im Sommer beginne die Verlegung der Rohre. Die Finanzierung sei gesichert, auch wenn die USA tatsächlich Sanktionen gegen die am Bau beteiligten westeuropäischen Partner verhängen würden. Das US-Außenministerium hatte entsprechende Drohungen am Donnerstag erneuert. Bereits begonnen haben vorbereitende Arbeiten im Greifswalder Bodden. Dagegen hat der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) geklagt, konnte aber einen vorläufigen Baustopp nicht erzwingen.
Plan für eine dritte Trasse durch die Ostsee
Die Bundesregierung tat sich lange schwer, die politische Dimension von Nord Stream 2 anzuerkennen. Es handele sich um ein unternehmerisches Vorhaben, hieß es immer wieder. Dagegen mochten die Ukraine, Polen und die baltischen Staaten noch so sehr Sturm laufen. Zudem attestierte die EU, europarechtlich gebe es keine Handhabe. Offensichtlich unterschätzt wurde aber der Druck, den Trump immer weiter steigert – mit politischen Begründungen, aber vorrangig, um amerikanisches Flüssiggas auf den europäischen Markt zu drücken. Noch ist dieses viel zu teuer.
Erst im Frühjahr hatte sich Angela Merkel bei einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zu der Erklärung durchgerungen, die Ostseetrasse sei nicht möglich ohne Klarheit über den ukrainischen Transit. Was das genau bedeutet, ließ sie offen. Alexander Medwedew, der zweitwichtigste Mann bei Gazprom, konterte. Mit politischen Aspekten solle ihm niemand kommen, sagte er während eines Kongresses der „Russischen Gasgesellschaft“ im April in Berlin. Niemand könne Gazprom zwingen, sein Produkt auf einem nicht mehr effektiven Weg zu transportieren. Das sei der über die Ukraine: durch alte Röhren und Verdichterstationen, auf einem bedeutend längeren Weg durch ein instabiles Land. Unerwähnt ließ Medwedew, dass Russland die Hauptverantwortung trägt für die Instabilität im Osten seines Nachbarlandes. Nord Stream 2, so Medwedew, senke die Transportkosten um rund ein Drittel.
Während dieser Streit ausgefochten wird, hat Gazprom längst Pläne für eine dritte Trasse durch die Ostsee. Alles, damit die Ukraine in die Röhre schaut. Gazprom-Manager Medwedew hielt den Europäern auf der Berliner Konferenz vor, wie die Erdgasförderung in der Nordsee zurückgeht und weiter zurückgehen wird. Seine These: Europas Abhängigkeit von russischem Gas werde nicht sinken, sondern wachsen.