Risikomanagement im Ministerium: Transparent – nicht kostengünstiger
Über die Grenzen der Unternehmensberatung im Ministerium bei der Kontrolle der Rüstungsbeschaffung.
Eigentlich wollte Ursula von der Leyen schon viel weiter sein. Ende Februar hat die neue Verteidigungsministerin in ihrer Rüstungsabteilung resolut Remedur gemacht. Dem gefeuerten Staatssekretär Stéphane Beemelmans und dem Ex-Rüstungsdirektor Detlef Selhausen sollte quasi auf dem Fuß der Beratertrupp einer Unternehmensberatung folgen, um das Bundeswehr-Beschaffungswesen zu durchleuchten. Doch aus dem Schnellverfahren wurde nichts. Das Ministerium musste den Berater-Auftrag ausschreiben; das Ergebnis steht nicht vor der Sommerpause fest.
Der Vorgang wäre kaum der Rede wert, zeigte er nicht im Kleinen eine der Tücken des Rüstungswesens: Das Vorschriftenwesen gehört zu den Risikofaktoren bei jedem Beschaffungsvorgang. Und spätestens seit dem Debakel der Drohne „Euro Hawk“ ist klar, wie teuer es werden kann, das papierne Risiko gering zu schätzen. Leyen will solche Gefahren schneller erkennen können – dafür gemeinsam mit den Abteilungen des Ministeriums Strukturen zu schaffen, wird einer der Aufträge für die externen Berater.
Die Idee dahinter lautet, dass auf den unteren Fachebenen solche Probleme oft ganz gut bekannt sind, sie sich aber auf dem Meldeweg nach oben gerne in wolkiges Wohlgefallen auflösen. Für Unternehmensberater ist dieser Teil des Jobs vertrautes Terrain. Controlling und Risk Management gehören zum Alltag auch in zivilen Großunternehmen. Die Kernprobleme der Wehrbeschaffung liegen allerdings an anderer Stelle. Rüstungsprojekte sind spätestens ab einer gewissen Größenordung extrem langfristig, mit großen technologischen Ungewissheiten behaftet – und fast immer politisch.
An politischer Überformung kann das beste Risikomanagement nichts ändern
Der einstige Planungsstabschef Hans Rühle hat neulich plastisch geschildert, wie der Verteidigungsminister Manfred Wörner aus rein außenpolitischen Gründen ein deutsch-französisches Hubschrauberprojekt aus dem Hut zaubern musste, das außer dem Kanzler Helmut Kohl keiner wollte. Das Fluggerät heißt mittlerweile „Tiger“. Seit kurzem fliegt es sogar – ein gutes Jahrzehnt später als geplant und in einer Konfiguration, die nur noch vage an das ursprüngliche Konzept eines Panzerabwehrhelikopters erinnert.
Politische Vorgaben schaffen einen eigenen Sachzwang, der hierarchisch fast immer oberhalb der sachlichen Zwänge steht. Politik wirkt dabei gleich mehrfach. National ist Rüstungs– immer auch Industriepolitik in einem technisch anspruchsvollen, also strategisch wichtigen Bereich. Das verschärft die ohnehin miese Marktposition des Nachfragers Bundeswehr: Flugzeuge, Schiffe, Panzer und Drohnen können weltweit nur wenige Hersteller bauen; kommt nationales oder – zunehmend – europäisches Interesse ins Spiel, kann von Wettbewerb keine Rede mehr sein.
An dieser politischen Überformung kann das beste Kosten– und Risikomanagement nichts ändern, zumal es meist nicht opportun ist, den politischen Sachzwang auch nur intern klar zu benennen. Leyens Vorhaben, durch Vertragsmanagement das eigene Haus besser zu stellen, dürfte hier ebenfalls an seine Grenze stoßen: Dass der Bund Mehrkosten stillschweigend übernimmt, auf Regress verzichtet und „Minderleistungen“ duldet – Facheuphemismus für den schlichten Umstand, dass ein Gerät nicht kann, was es können sollte –, das alles liegt in der Logik von Industrieförderung.
Aber nicht nur in dieser; es liegt auch in der Logik der Politik selbst. Der Armee im Einsatz ist es nicht mehr egal, wann sie ein Waffensystem bekommt. Kein Verteidigungsminister will sich dem Vorwurf aussetzen, hier am falschen Ende zu sparen. Wenn Leyens Plan aufgeht, können ihre externen Berater den Beschaffungsprozess transparenter machen. Kostengünstiger, schneller oder weniger skandalträchtig wird er dadurch vermutlich nicht.
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