Schmiergeldaffäre: Theo Waigel wäscht Siemens weiß
Die Affäre hätte Siemens fast zerrissen hätte. Nun ist sie abgehakt. Mit dem ehemaligen Finanzminister Waigel akzeptierten die US-Behörden erstmals einen nicht amerikanischen "Monitor".
Anfangs half der Münchner Weihnachtsmarkt, die Mission zu verbergen. Im bunten Treiben schlich der Mann mit den markanten Augenbrauen heimlich hinter die Bretterbuden auf dem Wittelsbacherplatz. Sein Ziel: Die Siemens-Zentrale. Hier boten Konzernchef Peter Löscher und der Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Comme ihrem Besucher einen heiklen Job an. Der ehemalige Finanzminister könne Siemens einen großen Dienst erweisen, eröffneten ihm die beiden Topmanager. Der Konzern stehe vor einer Abmachung mit US-Behörden, um die Schmiergeldaffäre aus der Welt zu schaffen. Jetzt brauche man nur noch einen vertrauenswürdigen „Monitor“, der die Vereinbarung überwacht. Theo Waigel sagt nach einigem Zögern zu.
Vier Jahre ist diese Geschichte her und heute erklärt Waigel seine Mission für beendet. Vergangene Woche übergab der Korruptionswächter seinen Abschlussbericht an die US-Behörden. „Es gab keine Beanstandungen“, sagt Waigel im sonoren Brustton. „Siemens hat enorme Anstrengungen unternommen, sein Compliance-System zu überarbeiten und zu stärken“, erklärt der ehemalige Staatsanwalt.
Waigel hat Siemens damit endgültig den Persilschein besorgt. Die Affäre, die das Unternehmen nach dubiosen Zahlungen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro fast zerrissen hätte, ist abgehakt. Und mit Waigel haben die Münchner einen ganz besonderen Coup gelandet. Erstmals akzeptierten die US-Behörden einen nicht amerikanischen „Monitor“. Soviel Wohlwollen erfuhr Daimler nicht. Die US-Behörden schickten dem Autobauer nach einer Korruptionsaffäre den ehemaligen FBI-Mann Louis Freeh. Der soll sich zunächst wenig an Befindlichkeiten im Haus noch an den Feinheiten des deutschen Datenschutzes gestört haben, heißt es in Stuttgart.
Mit dem exzellent verdrahteten Waigel lief das anders. Schon kurz nach seiner Berufung stimmten die US-Behörden zu, Siemens auch weiterhin zu öffentlichen Aufträgen in den USA zuzulassen – eine für das Unternehmen lebenswichtige Entscheidung. Waigel überwachte im Gegenzug den Aufbau einer Compliance-Abteilung, die für saubere Geschäftspraktiken sorgen soll und heute 600 Leute beschäftigt. Waigel tauchte immer wieder zu Hausbesuchen auf, machte Einzelinterviews, drängte auf Transparenz. Perfekt ist das System aber nicht. Erst im Mai dieses Jahres mussten sich zwei Mitarbeiter der Kraftwerkssparte vor Gericht verantworten, weil sie versuchten, den Energieminister von Kuwait zu bestechen. Die US-Behörden lobten die umfassende Berichterstattung von Siemens zu dem Fall.
So kann Waigel jetzt sein „schönes Büro“ am Wittelsbacherplatz rechtzeitig räumen. Es muss für einen Neuanfang weichen. Siemens beginnt mit dem Bau einer neuen, transparenten Konzernzentrale.
Markus Fasse
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