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Noch genug da. Öl wird nicht nur in der Nordsee gefördert, sondern zunehmend aus Schieferböden in den USA.
© picture alliance / dpa

Was die Märkte bewegt: Teures Öl, billiger Sprit

Trotz kräftig gestiegener Rohstoffpreise müssen Autofahrer kaum mehr an der Tankstelle zahlen – das liegt auch an US-Präsident Donald Trump.

Rohöl ist so teuer wie seit drei Jahren nicht – die Verbraucher spüren es aber an der Tankstelle kaum. Zwar sind auch die Preise für Benzin und Diesel in den vergangenen Monaten etwas gestiegen. Seit Jahresanfang wurde der Sprit aber sogar billiger, obwohl die Hausse am Ölmarkt unvermindert weiterging.

„Wir haben eine inverse Situation – der Ölpreis ist seit Jahresbeginn gestiegen, der Benzinpreis ist gefallen“, bestätigte ein Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) am Freitag. Der Preis für ein Fass (159 Liter) der Öl-Sorte Brent hielt sich vor dem Wochenende über der Marke von 70 Dollar. Am Donnerstag war er bereits über 71 Dollar gestiegen, wo er zuletzt Ende 2014 gelegen hatte. Im Vergleich zu Mitte 2017 ist dies eine Verteuerung um gut 50 Prozent. Im gleichen Zeitraum blieb der Preis für einen Liter Super aber nahezu stabil. Seit dem Jahreswechsel geht es leicht bergab: „Der Tankstellenpreis für E10 ist um 0,6 Prozent gefallen, im Bundesdurchschnitt von knapp 1,36 auf 1,35 Euro je Liter“, teilte der MWV mit.

Trump wiederspricht seinem Finanzminister

Der wichtigste Grund für das ungewöhnliche Auseinanderfallen sind die Turbulenzen am Devisenmarkt und die anhaltende Verwirrung über die Dollar-Politik der US-Regierung. So hatte der US-Finanzminister auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos gesagt, ein schwacher Dollar sei gut für die US-Wirtschaft, was den Kurs prompt zum Absturz brachte. Dem widersprach wenige Stunden später US-Präsident Trump. Die Verwirrung war perfekt. Weil der Dollar bereits seit Monaten außerordentlich schwach ist, kommen die gestiegenen, in Dollar notierten Ölpreise bei deutschen und anderen europäischen Autofahrern, die in Euro zahlen, abgeschwächt an.

Experten halten den Ölpreis mit Blick auf die Rahmenbedingungen für zu teuer. Zwar gibt es gute Gründe für steigende Notierungen: fallende US-Rohölvorräte, Unruhen im Nahen Osten, die starke Konjunktur und eben auch der schwache Dollar. Aber: „Dank der massiv steigenden US-Ölproduktion ist der Markt reichlich versorgt. Öl ist deshalb zu teuer“, schreibt Commerzbank-Analystin Barbara Lambrecht. Trotz der Förderkürzung der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) und Russlands ströme insbesondere aus den USA immer mehr Öl auf den Markt. Die Commerzbank verweist auf Schätzungen des US-Amts für Energiestatistik (EIA), wonach die tägliche Schieferölproduktion in den USA in den vergangenen acht Monaten um 120 000 Barrel pro Monat gestiegen ist. „Dank der hohen Preise und der Unternehmenssteuerreform dürfte sich dieser Aufwärtstrend fortsetzen“, glaubt Analystin Lambrecht. Weil auch aus Kanada im laufenden Jahr sehr viel mehr Schieferöl auf den Markt kommen dürfte, sehen die Experten ein Überangebot, das die Nachfrage übertreffe. Die Folge könnte ein heftiger Preissturz sein. „Der Preis für ein Barrel der Ölsorte Brent dürfte wieder deutlich unter 60 US-Dollar rutschen.“

Die Konjunktur kurbelt die Öl-Nachfrage an

Solange der Dollar schwach bleibt, dürften Angebot und Nachfrage allerdings nicht die Hauptrolle spielen. Ein schwächerer Dollar gibt den Ölpreisen Auftrieb, indem Öl für Anleger außerhalb der USA erschwinglicher wird und dadurch die Nachfrage steigert. Da die Konjunktur vor allem in Europa brummt, ist die Nachfrage ohnehin stark.

Ökonomen warnen allerdings davor, dass die positive Entwicklung konjunkturell umschlägt, wenn die Inflation irgendwann anspringt. Das könnte die Europäische Zentralbank (EZB) dazu zwingen ihre lockere Geldpolitik zu beenden. Steigende Zinsen wiederum würden Investitionen der Unternehmen bremsen – die Nachfrage nach Rohstoffen würde tendenziell wieder sinken. Doch kurzfristig wird es dazu nicht kommen, wie EZB- Chef Mario Draghi erst am Donnerstag signalisierte.

Der Ölpreis war immer auch ein Spielball von Spekulanten und Finanzinvestoren – und geopolitischer Interessen. So werde zum Beispiel Saudi-Arabien die Ölpreise hoch halten wollen, um den Wert des bevorstehenden Börsengangs von Saudi Aramco zu steigern, argumentieren die Analysten von Merck Finck. Saudi-Arabien will bis zu fünf Prozent der Anteile an Aramco an die Börse bringen und damit schätzungsweise 100 Milliarden Dollar erlösen. Insidern zufolge ist die Platzierung für die zweite Jahreshälfte geplant.

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