Autobauer in Turbulenzen: Tesla sucht Entlastung für Elon Musk
Elon Musk erlebt das "schmerzhafteste Jahr" seiner Karriere. Die „New York Times“ berichtet, es werde intensiv nach Wegen gesucht, um den Tesla-Chef im Alltag zu entlasten.
Mit dem Namen Elon Musk verbindet sich allerhand: Elektroautos von Tesla, Weltraumraketen von Space X, Super-Züge von Hyperloop und vieles mehr. Eine Krankheit zählte bislang nicht zu den Attributen des kalifornischen Multi-Unternehmers. Das ändert sich möglicherweise nun. Sein Gesundheitszustand sei „nicht gerade toll“, sagte Musk in einem Interview mit der „New York Times“. Seine Freunde seien deswegen auch besorgt. Er könne manchmal nur mit dem Schlafmittel Ambien Ruhe finden. „Es ist oft die Alternative: kein Schlaf oder Ambien.“
Galt der 47-Jährige bislang als manisches Energiebündel mit tausend Ideen im Kopf, nähren Musks Äußerungen und eine Serie von Fehlschlägen und Irritationen Zweifel an seiner unternehmerischen Kondition. Die Tesla-Aktie brach am Freitag um mehr als sechs Prozent ein. Zuletzt hatte der Tesla-Chef angekündigt, er wolle den Elektroautohersteller von der Börse nehmen. Das hatte den Kapitalmarkt überrascht und die Aktie in schwere Turbulenzen gestürzt. Inzwischen hat sich die US-Börsenaufsicht eingeschaltet. Die Produktionsprobleme beim neuesten Elektroauto Model 3, das den Massenmarkt erobern soll, sind für manchen Beobachter ein Beleg dafür, dass sich Musk übernommen hat.
"Es war unerträglich"
Dazu passt, dass Führungskräfte des Elektroautobauers nach Informationen der „New York Times“ schon länger versuchen, einen Chief Operating Officer (COO) als Nummer zwei hinter Musk zu rekrutieren, um den Chef zu entlasten. Musk ist in dem von ihm gegründeten Unternehmen beides – Vorstandschef und Chairman, also Vorsitzender des Verwaltungsrats. Das US-Unternehmensrecht erlaubt diese Doppelrolle. Er wolle daran auch festhalten, sagte Musk, sei aber auch bereit, das operative Geschäft einem geeigneten COO zu überlassen.
„Dieses letzte Jahr war das schwierigste und schmerzhafteste Jahr meiner Karriere“, sagte Musk in dem Interview, bei dem er laut „New York Times“ den Tränen nahe war. „Es war unerträglich.“ Er habe deswegen fast die Hochzeit seines Bruders verpasst und den eigenen Geburtstag komplett in der Fabrik verbracht. Seit 2001, als er mit Malaria eine Zeit lang bettlägerig war, habe er nicht mehr als eine Woche frei genommen. Er arbeite 120 Stunden die Woche. „Es gab Zeiten, in denen ich die Fabrik für drei oder vier Tage nicht verlassen habe – Tage, an denen ich nicht nach draußen gegangen bin“, sagte er. „Das ging wirklich auf Kosten meiner Kinder.“ Er habe auch kaum Freunde sehen können. Den Verdacht, er konsumiere Rauschmittel, wies Musk indes zurück. Er habe „kein Gras geraucht“, das sei negativ für die Produktivität. Ein ehemaliger Sicherheitsmitarbeiter von Tesla hatte jüngst in einem Bericht an die US-Handelsaufsicht beschrieben, dass es in Teslas „Gigafactory“ einen „Betäubungsmittelschmuggelring“ gebe, der unter anderem im Auftrag eines mexikanischen Kartells „signifikante Mengen“ an Kokain und Crystal Meth verkaufe. Über den Wahrheitsgehalt dieser Schilderung streiten sich die Beobachter.
Investoren suchen nach Hinweisen zum Zustand von Tesla
Investoren und Wettbewerber dürften in jedem Fall die ungewöhnliche Offenheit des Tesla-Chefs im „New York Times“-Interview nach Hinweisen auf die Gesundheit des Unternehmens abklopfen. Er habe in den vergangenen Wochen gedacht, das Schlimmste wäre nun vorüber, sagte er. Aus Sicht des Unternehmens sei dies wohl auch so. „Aber von einem persönlichen Schmerzstand- Standpunkt aus wird das Schlimmste noch kommen.“ Wie so oft lässt der Manager damit Raum für Spekulationen. Nicht zum ersten Mal könnte Musk an der Legende des rastlosen Unternehmers stricken, der sich ganz und gar den Interessen des Unternehmens unterordnet. Mit anderen – scherzhaft gemeinten – Tweets hatte er die Börse in Panik versetzt, weil er verbreitete, der E-Autobauer sei pleite.
Von dem umstrittenen Tweet, er trage sich mit dem Gedanke, Tesla für 420 Dollar von der Börse zu nehmen und die Finanzierung sei gesichert, wollte sich Musk aber nicht distanzieren. „Warum sollte ich auch“, sagte er.
Vorbild für eine Entlastung des Tesla-Chefs könnten die Internetkonzerne Google und Facebook sein. Die Google-Gründer Larry Page und Sergej Brin holten sich 2001 den erfahrenen Topmanager Eric Schmidt ins Haus, um das enorme Wachstum von Google zu managen. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg holte sich 2007 Sheryl Sandberg als rechte Hand ins Haus, die zuvor bei Google den globalen Online-Verkauf geleitet hatte. Musk sagte nun, der Tesla-Vorstand habe versucht, Sandberg vor zwei Jahren bei Facebook abzuwerben. Doch daraus wurde dann nichts.
Seine Rolle als der neue Superstar im Silicon Valley – quasi als der wahre Nachfolger des verstorbenen Apple-Mitbegründers Steve Jobs – sollte Elon Musk allerdings nicht überstrapazieren. Denn Apple ist ein schlechtes Vorbild. Nachdem Konzernchef Steve Jobs Anfang 2009 Gerüchte nur vage bestätigt hatte, er sei krank, stürzte die Apple-Aktie ab. Analysten und Investoren forderten vergeblich mehr Informationen über Jobs’ Gesundheitszustand. Zweieinhalb Jahre später war Jobs tot. mit dpa