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Tesla Model 3.
© Stephen Lam/REUTERS
Update

„Giga-Fabrik“ in Rheinland-Pfalz oder Saarland?: Tesla führt Gespräche über Werk in Deutschland

Der US-Elektroautobauer sucht einen Standort in Europa, Deutschland sei "die beste Wahl". Im Südwesten der Republik wirbt man nun um die Gunst von Elon Musk.

Tweets aus den USA wirken wie Stromschläge – nicht nur, wenn der US-Präsident sie absetzt. Auch Tesla-Chef Elon Musk schafft das. Deutschland sei „die beste Wahl“ für eine Fabrik des kalifornischen Elektroautoherstellers, twitterte Musk vor gut einem Monat. Und fügte hinzu: „Wahrscheinlich ergibt die deutsch-französische Grenze Sinn.“ Tesla hat viele Kunden in Frankreich und in den Niederlanden.

Die wenigen Sätze des größten Herausforderers der deutschen Autoindustrie lösten im Südwesten der Republik hektische Betriebsamkeit aus. Ministerpräsidenten, Wirtschaftsminister und Standort-Werber des Saarlands und von Rheinland-Pfalz schrieben Briefe und telefonierten mit der Tesla-Zentrale in Palo Alto, Kalifornien. Offenbar mit Erfolg.

„Sie schauen sich an, ob wir zu dem passen, was sie suchen“, berichtete Anke Rehlinger (SPD), saarländische Wirtschaftsministerin, jetzt dem „The Wall Street Journal“. Anfang Juli gab es demnach ein erstes Treffen mit Tesla. „Unsere Standortagentur hält den Kontakt“, bestätigte eine Ministeriumssprecherin am Dienstag auf Anfrage. Auch die Kollegen in Rheinland-Pfalz stehen „selbstverständlich mit dem Unternehmen in einem guten Austausch“, wie das Mainzer Wirtschaftsministerium mitteilte.

Tesla-Gründer Elon Musk.
Tesla-Gründer Elon Musk.
© Robyn Beck/AFP

Mehr ist bislang freilich nicht passiert. Die Gespräche stünden erst am Anfang, wird betont, und sie seien vertraulich. Möglich sei auch, dass Teslas Standortwahl auf die Niederlande falle, wo der Autobauer seine Europa-Zentrale hat.

All das reicht jedoch schon aus, um die deutsche Politik und Autoindustrie mit einem Szenario in Aufregung zu versetzen: Tesla könnte bald in Deutschland eine seiner „Giga-Fabriken“ bauen, in der Elektoautos und Batterien unter einem Dach produziert werden.

In die Strategie von Elon Musk würde eine solche Investition passen. Bisher produziert der Konzern – mit einigen Anlaufschwieirgkeiten – seine E-Autos, Batterien und Zellen überwiegend im kalifornischen Fremont und in der Wüste von Nevada.

Tesla will auf den Massenmarkt

Doch Musk denkt groß, manche sagen: größenwahnsinnig. Kürzlich kündigte der 47-Jährige den Bau seiner ersten Übersee-Fabrik in China an – dem größten Automarkt der Welt und Treiber der Elektromobilität. Tesla will überall dort produzieren, wo der Massenmarkt für E-Autos entsteht, denn mit seinen neuen Modellen – dem Model 3 und Model Y – will Musk raus aus der Luxusecke und rein in den „Volumen-Markt“.

Dahin wollen auch die deutschen Autobauer. Waren Elektroautos bislang rar und teuer, sollen sie in den kommenden Jahren das breite Kompakt- und Mittelklassesegment erobern. „Es sind Fabrik- Investitionen in erheblicher Größenordnung nötig“, sagt Felix Kuhnert vom Beratungsunternehmen PwC. Auf dem deutschen Markt sei ein „Schub für die Elektromobilität“ zu erwarten.

Das haben auch internationale Produzenten von E-Autos, Batterien und Batteriezellen erkannt – und sie drängen mit Geld und Know-how auf den deutschen und den benachbarten europäischen Markt. Als Wettbewerber, Zulieferer oder Einkäufer und Eigentümer.

Prominenteste Beispiele aus der jüngsten Zeit: der Einstieg des chinesischen Investors Li Shufu, Gründer des E-Autobauers Geely, mit knapp zehn Prozent bei Daimler oder der Bau einer Batteriezellenfabrik durch CATL in Thüringen für 240 Millionen Euro. „Daraus lässt sich ableiten, dass insbesondere internationale Investoren Vertrauen in die europäische E-Auto-Produktion haben“, sagt Felix Kuhnert. Und Tesla „Made in Germany“? Das könne E-Autos noch attraktiver machen, glaubt der PwC-Berater.

Die Kalifornier sind in Deutschland nicht nur im Vertrieb präsent. Ende 2016 kaufte das US-Unternehmen den rheinland-pfälzischen Maschinenbauer Grohmann aus Prüm. Grohmann baut automatisierte Anlagen für die Fahrzeugproduktion. Auch wegen dieser Übernahme macht man sich in Mainz Hoffnungen, dass Tesla seine Giga-Fabrik in dem Bundesland bauen könnte.

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Chinesen als Investoren sehr aktiv

Sehr aktiv sind bereits Investoren aus Asien, vor allem China. Schon vor Jahren sorgte der Haushaltsgeräte-Konzern Midea aus China für Aufsehen, als er den deutschen Roboterhersteller Kuka übernahm, dessen Anlagen in jeder Autofabrik stehen. 2017 übernahm ein chinesisches Konsortium für eine halbe Milliarde Euro das traditionsreiche Geschäft mit Startern und Generatoren von Bosch, mit 7000 Mitarbeitern und einem Umsatz von mehr als 1,4 Milliarden Euro. Auf der Suche nach einem deutschen Standort für Forschung und Entwicklung ist der chinesische Hersteller BYD („Build Your Dreams“), mit dem Daimler in China zusammen Elektroautos baut.

Was manchen mittelständischen Autozulieferer ängstigt, begrüßen Marktexperten . „Das internationale Interesse zeichnet den Innovationsstandort Deutschland aus“, sagte Ferdinand Dudenhöffer vom Duisburger CAR-Institut dem Tagesspiegel. Er sieht darin „eine Chance, keine Bedrohung“. Es erhöhe aber zugleich den Druck auf die heimischen Autofirmen, offen und innovativ zu bleiben. „Wir können viel lernen“, glaubt der Experte.

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