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© ddp

Schlichtung: Tarifkonflikt: Westfälischer Frieden

Die Ex-Politiker Georg Milbradt und Herbert Schmalstieg lösen den Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst.

Berlin - Auf den letzten Metern kamen die müden Tarifstrategen noch ins Straucheln. Für 10 Uhr am Donnerstagmorgen hatten die Schlichter zur Pressekonferenz ins Hotel Sportschloss im westfälischen Velen eingeladen. Bei dem Termin war viel Wunschdenken im Spiel, es wurde schließlich 16 Uhr, bis die Schlichter ihren Spruch nach mehr als 30-stündigen Verhandlungen präsentieren konnten. Dabei hatte es an Georg Milbradt (CDU) und Herbert Schmalstieg (SPD) nicht gelegen, dass der Zieleinlauf so schwerfällig wurde. Vielmehr ist das Tarifwerk für den öffentlichen Dienst inzwischen so komplex und ausdifferenziert, dass am Ende stundenlang „über jedes Komma“ gestritten wurde, wie ein erschöpfter Teilnehmer berichtete.

Die Anstrengung hat sich gelohnt. Der ehemalige sächsischen Ministerpräsident Milbradt und sein Kollege, Hannovers Ex-Oberbürgermeister Schmalstieg, wollten unbedingt einen einvernehmlichen Schlichterspruch erreichen. Und das ist gelungen, „und das gibt es nicht sehr oft“, wie Schmalstieg sagte. Was am Freitag und Sonnabend noch folgt, sind Gremiensitzung und Pro-forma-Verhandlungen, die den Schlichterspruch von Velen bestätigen werden. Eine Woche nach der Metallindustrie ist damit der zweite große Tarifabschluss in diesem Jahr geschafft. Milbradt sprach von einem „Gesamtkunstwerk“ und einer „schwierigen Geburt“.

Wie es sich für einen Kompromiss gehört, können sich alle Seiten zufrieden zeigen. Die Gewerkschaften sichern in der Krise die Kaufkraft ihrer Leute und haben als „soziale Komponente“ einmalig 240 Euro durchgesetzt; diese Summe ist für alle gleich. Ferner haben Verdi, Beamtenbund und die Gewerkschaften der Polizisten und Lehrer Regelungen zur Altersteilzeit und zur Übernahme von Azubis erreicht. Auch gibt es nun eine Verpflichtung für die Arbeitgeber, eine neue Entgeltordnung zu vereinbaren. Das ist in den vergangenen Jahren, seitdem der TVÖD den BAT ersetzt hat, nicht passiert; in der Folge waren zum Beispiel bei Lehrern monatliche Einbußen von einigen hundert Euro möglich.

Die Arbeitgeber wiederum wollten unbedingt mehr Geld für Leistungsprämien. Das hierfür vorgesehene Volumen der gesamten Lohn- und Gehaltssumme wird nun von einem Prozent bis 2013 auf zwei Prozent verdoppelt. Der Preis des Abschlusses bleibt für Bund und Kommunen verkraftbar und relativiert sich durch die lange Laufzeit (26 Monate) des Tarifvertrags. Die nächsten Verhandlungen für die Beschäftigten des Bundes und der Kommunen stehen erst in gut zwei Jahren an.

Ohne die Hilfe der Schlichter wären die Tarifparteien kaum übereingekommen. Verdi samt Bündnispartner war mit einer Forderung im Gesamtvolumen von fünf Prozent an den Start gegangen, hatte aber offengelassen, wie viel davon für eine Tariferhöhung und wie viel für anderer Elemente (Azubiübernahme, Altersteilzeit und Eingruppierung) zu veranschlagen sei. Die Arbeitgeber wiederum hatten erst in der dritten Verhandlungsrunde ein Angebot vorgelegt, das Verdi-Chef Frank Bsirske als „schlechten Scherz“ bewertete: Die Arbeitgeber wollten in diesem Jahr die Tarife um einen Prozentpunkt und im kommenden Jahr um weitere 0,5 Prozent erhöhen. „Der Hammer“, so die Gewerkschaften, war die Absicht der Arbeitgeber, von dem insgesamt 1,5 Prozent den Hauptanteil, nämlich einen Prozentpunkt, für leistungsorientierte Bezahlung zu reservieren. Am Ende kommt es nun zu einer Verdopplung – aber in Stufen bis 2013, und das dafür erforderliche Geld wird – jedenfalls nach Angaben von Verdi – nicht von den vereinbarten Entgelterhöhungen abgezweigt.

So gibt es also in diesem Jahr eine Entgelterhöhung um 1,2 Prozent, im Januar die einmalige Sonderzahlung (240 Euro) und eine weitere Erhöhung um 0,6 Prozent und schließlich im August 2011 nochmals 0,5 Prozent. Gültig ist der Vertrag bis Februar 2012. In der Metallindustrie hatte es folgenden Abschluss gegeben: in diesem Jahr eine Einmalzahlung von 320 Euro und dann eine dauerhafte Erhöhung der Tarife ab April 2011 um 2,7 Prozent.

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