Energie: Strom aus der Wüste
Zwölf Konzerne starten das Desertec-Konsortium mit großem Anspruch: "Ein Scheitern können wir uns nicht leisten". Kritiker nennen das Wüstenstrom-Projekt eine "Fata Morgana".
München - Die kühne Vision vom umweltfreundlichen Wüstenstrom aus Afrika ist mit der Gründung einer Industrieinitiative zum machbaren Projekt geworden. „Ein Scheitern können wir uns nicht leisten“, sagte der Versicherungsmanager Torsten Jeworrek am Montag in München bei der Gründung der Desertec Industrial Initiative (DII). Jeworrek ist Vorstand der Münchener Rück, einer der Protagonisten des Projekts. Klappt alles, entstehen bis 2050 riesige Solarkraftwerke in der Sahara, die dann den westeuropäischen Strombedarf zu rund einem Siebtel decken könnten. Für weitere zwei Drittel sollen dann erneuerbare Energien aus heimischen Anlagen sorgen.
Im Erfolgsfall wäre es die bei weitem bedeutendste Einzelinitiative zur Bekämpfung des Klimawandels, meinte Jeworrek. Auf 400 Milliarden Euro schätzt eine Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) die binnen vier Jahrzehnten anfallenden Kosten. Die zwölf DII-Gründungskonzerne hätten sich der „Rettung der Welt“ verschrieben, betonte der Aufsichtsratsvorsitzende der Desertec-Stiftung, der Wissenschaftler Gerhard Knies. Das sei eine große ethische Aufgabe und „das größte Geschäft der Zukunft“.
Drei Viertel der D-II-Gründer sind heimische Konzerne wie Siemens, Eon oder Schott Solar. Dazu kommen die Schweizer ABB, Abengoa Solar aus Spanien und Algeriens größter Privatkonzern Cevital. Mit von der Partie ist auch die Deutsche Bank. Die Finanzierung von 400 Milliarden Euro sei eine „gewaltige Herausforderung“, stellte Caio Koch-Weser von der Deutschen Bank klar. Die Kosten des Klimawandels würden diese Summe aber weit in den Schatten stellen. Allein das erforderliche Stromnetz dürfte rund 50 Milliarden Euro kosten, sagte Jeworrek. „Die Investitionskosten werden hoch sein, dann aber doch weniger als 1000 Euro pro Einwohner Europas ausmachen“, rechnet er vor.
Kritik kam vom SPD-Bundestagsabgeordneten und Solarexperten Hermann Scheer, der das Projekt als „Fata Morgana“ bezeichnete. „Die Initiatoren selbst wissen: Daraus wird nie und nimmer etwas.“ An sich sei das Projekt zwar eine gute Idee, doch sollte sich die Nutzung von Wüstenstrom auf die Region beschränken. Die erwarteten Kosten würden „künstlich heruntergerechnet“, kritisierte Scheer. Greenpeace dagegen äußerte sich wohlwollend. Die Desertec-Partner Abengoa, MAN Solar Millennium und Schott Solar haben bereits funktionierende Sonnenkraftwerke gebaut. Siemens ist zuversichtlich, Afrika und Europa kostengünstig mit Stromautobahnen verbinden zu können.
Ohne Staatshilfe geht es aber nicht. „Am Anfang läuft es nicht von selbst“, räumte Knies mit Blick auf eine Anschubfinanzierung ein. Die DLR schätzt diese öffentliche Hilfe bis 2020 auf eine einstellige Milliardensumme. Von dem Zeitpunkt an könne Wüstenstrom ohne weitere Subventionen konkurrenzfähig gegen Strom aus fossilen Brennstoffen bestehen, hoffen die Desertec-Initiatoren.
Deutschland werde einen finanziellen Beitrag leisten, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Günter Gloser (SPD), ohne eine Summe zu nennen. Das Gros der Gelder müsse in jedem Fall aus der Privatwirtschaft kommen. Funktionieren könne Desertec nur als partnerschaftliches Projekt über viele Ländergrenzen hinweg.
Der Löwenanteil des einmal produzierten Wüstenstroms bleibe in den Erzeugerländern, verspricht die DII. Die Energie, die die Sonne in der Sahara abstrahlt sei in einer Dimension zu sehen, als „wenn es jährlich 200 Liter Erdöl pro Quadratmeter regnet“, sagte Außenpolitiker Gloser. Knies zufolge könnten im gesamten Projekt bis zu zwei Millionen Arbeitsplätze entstehen. Hunderttausende davon in deutschen Unternehmen, die in der Solartechnik global führend seien.
Erst mal drei Jahre hat sich die DII gegeben, um für Desertec konkrete Geschäfts- und Investitionspläne vorzulegen. Im Oktober soll dafür eine Planungsgesellschaft als deutsche GmbH gegründet und mit vorerst 5,4 Millionen Euro finanziert werden. Für weitere Mitglieder aus Afrika und Europa sei man offen, hieß es am Montag in München.
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