Bilanz-Check mit Tiefgang: Stress für die 128 größten Banken der Euro-Zone
Die Europäische Zentralbank will die Bücher der Banken beim Stresstest genauer prüfen. EZB-Direktorin Lautenschläger warnt die Geldhäuser: Es sei die "letzte Chance zum Aufräumen".
Die Europäische Zentralbank (EZB) wird die Bücher der Geldhäuser – darunter 24 deutsche – im laufenden Bilanz-Check noch intensiver unter die Lupe nehmen. Am Dienstag veröffentlichte die Notenbank ein annähernd 300 Seiten dickes Handbuch für die zweite Phase der seit Ende 2013 laufenden Prüfung. Risikopapiere im Volumen von 3,72 Billionen Euro werden die Zentralbanker bis August genauer untersuchen. Das sind fast 60 Prozent aller mit Risiken belegten Aktiva, die die 128 Institute halten.
Dabei geht es unter anderem um Immobilien- und Schiffskredite. Im Schnitt sollen in jeder Bank 1250 Kreditakten geprüft und geschaut werden, ob dafür ausreichende Sicherheiten vorhanden sind.
Der bisherigen Analyse der Hauptrisiken folgt jetzt die Prüfung der Aktiva – vor allem der ausgereichten Kredite – und anschließend der Stresstest, bei dem eine Wirtschaftskrise, ein Verfall der Immobilienpreise und auch der Aktienkurse angenommen wird. All das soll zeigen, ob die Banken solide aufgestellt, finanziert und mit genügend Eigenkapital ausgestattet sind oder ob weitere Kapitalmaßnahmen notwendig sind, damit ausreichend Schutz gegen neue Krisen besteht. Im Oktober sollen die Ergebnisse vorliegen, bevor die neue Europäische Bankenaufsicht Anfang November unter dem Dach der EZB ihre Arbeit aufnimmt. Sie wird aber nur gesunde Banken unter ihre Fittiche nehmen.
Schäuble: Sind nicht zu Kompromissen bereit
EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger, zugleich künftige Vize-Chefin der neuen Aufsicht, hat mehrfach auf die große Bedeutung der derzeit laufenden Analyse hingewiesen. „Das ist die letzte Chance zum Aufräumen. Ich denke schon, dass einige Banken ihre Kapitalausstattung verbessern müssen.“ Eine Zahl wolle sie aber nicht nennen, sie sei ihr auch gar nicht bekannt. Schätzungen von Experten zufolge könnten sich die Lücken bei den 128 Banken auf bis zu 700 Milliarden Euro belaufen. Sie müssten von Anteilseignern und Aktionären, möglicherweise aber auch von den jeweiligen Staaten geschlossen werden. Vor allem bei Instituten in den Euro-Krisenstaaten werden Probleme vermutet.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble warnte am Dienstag vor einer Aufweichung der geplanten Regeln zur Beteiligung von Gläubigern an den Kosten von Bankenrettungen. „Wir sind in der Frage der Bail-In-Regeln nicht zu Kompromissen bereit“, betonte der CDU-Politiker vor Beratungen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel. Die Bail-In-Regeln sehen vor, dass bei der Schieflage eines Geldhauses Eigentümer, Gläubiger und große Sparer zur Kasse gebeten werden, wenn das Institut selbst nicht in der Lage ist, die Finanzlöcher zu stopfen. Damit soll der Steuerzahler geschont werden, der in der Finanzkrise Milliarden zur Rettung von Krisenbanken aufbringen musste. Streit gibt es vor allem darüber, was in der Übergangszeit bis 2016 passieren soll, wenn sich beim Stresstest große Kapitallücken offenbaren und der geplante Abwicklungsfonds noch nicht ausreichend gefüllt ist.
Auch die geplanten Bonus-Beschränkungen für Banker in Europa stoßen auf Widerstand. Die von der EU-Bankenaufsicht EBA im Detail ausgearbeiteten Regeln böten zu viele Schlupflöcher, kritisierten am Dienstag Abgeordnete des EU-Parlaments in einer Sitzung. mit rtr